Immer
mehr animierte Disney-Klassiker bekommen eine Live-Action-Adaption
und nun flimmert auch eine Neuauflage des beliebten Märchens
„Schneewittchen“ über die große Leinwand. Regisseur
Marc Webb hat versucht, das bekannte Märchen für ein modernes
Publikum neu zu interpretieren, bleibt jedoch hinter den Erwartungen
zurück und liefert ein insgesamt mittelmäßiges Kinoerlebnis.
Immer
mehr animierte Disney-Klassiker bekommen eine Live-Action-Adaption
und während sich das „Rapunzel“-Remake noch in der
Vorproduktion befindet, ist die Realverfilmung von „Schneewittchen“
jetzt im Heimkino zu sehen. Regisseur Marc Webb hat versucht, das
bekannte Märchen für ein modernes Publikum neu zu interpretieren,
bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück und liefert ein insgesamt
mittelmäßiges Filmerlebnis. Schon im Vorfeld gab es viele
Kontroversen, was die Besetzung des Films oder wohl eher die Nicht-Besetzung,
betrifft. Denn anstatt kleinwüchsigen Darstellern eine Bühne
zu geben, hat Disney für die Darstellung der Zwerge auf CGI gesetzt.
Das Sahnehäubchen oben drauf ist dann aber noch, dass provisorisch
eine kleinwüchsige Person in einer Nebenrolle besetzt wurde,
damit auch nochmal ganz deutlich wird, dass Zwerge Zauberwesen sind
und keine Kleinwüchsigen. Disney begründet diese Entscheidung
mit Bedenken hinsichtlich stereotyper Darstellung. Meiner Meinung
nach hat man es sich jedoch an dieser Stelle aus Angst vor eventuellen
Fehltritten einfach nur leicht gemacht, anstatt sich um eine politisch
korrekte und stärkende Darstellung kleinwüchsiger Menschen
zu bemühen. Auch über Neuinterpretationen in der Handlung
lässt sich streiten. Eine der auffälligsten Abweichungen
vom Original ist die Abwesenheit des klassischen Prinzen. Stattdessen
begegnet Schneewittchen einem mysteriösen Banditen aus dem Wald,
der als neue zentrale männliche Figur und Love-Interest dient.
Diese Entscheidung spiegelt den aktuellen Trend wider, weibliche Hauptfiguren
unabhängiger und eigenständiger zu gestalten, um nicht mehr
von der Rettung durch einen Prinzen abhängig zu sein. Während
diese Modernisierung in der Theorie sinnvoll erscheint, bleibt die
Umsetzung fragwürdig. Der Bandit erhält keine überzeugende
Charakterentwicklung und dient letztendlich als eher blasser Ersatz
für die klassische Romanze.
Auch
Schneewittchens Charakter wurde stark überarbeitet. In der neuen
Version ist sie nicht mehr die sanftmütige, verträumte Heldin,
sondern eine selbstbewusste und zielstrebige Anführerin, die
entschlossen ist, ihr Königreich selbst zu regieren. Diese Modernisierung
ist sicherlich gut gemeint, wirkt jedoch stellenweise erzwungen. Anstatt
eine vielschichtige, starke Protagonistin zu erschaffen, überbetont
der Film ihre Unabhängigkeit so sehr, dass er ihre emotionale
Tiefe und Glaubhaftigkeit vernachlässigt. Insgesamt wirken diese
Änderungen auf mich weniger wie eine organische Weiterentwicklung
der Geschichte, als vielmehr wie ein kalkulierter Versuch, sich aktuellen
gesellschaftlichen Erwartungen anzupassen, ohne eine tiefere inhaltliche
Bereicherung zu bieten. Die musikalische Untermalung des Films bietet
einige bemerkenswerte Momente, wie beispielsweise das Lied der Zwerge,
doch insgesamt fehlt es den Songs an Einprägsamkeit und emotionaler
Tiefe, um nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Gesanglich sticht
Rachel Zegler mit einer großartigen Singstimme heraus, aber
auch der Rest der Besetzung überzeugt mit soliden gesanglichen
Leistungen. Die zunehmende Häufigkeit von Live-Action-Remakes
wirft die Frage auf, ob denn wirklich jeder animierte Klassiker eine
Neuverfilmung benötigt, denn oftmals scheinen diese Filme mehr
auf Nostalgie und finanzielle Gewinne abzuzielen, anstatt neue, innovative
Geschichten zu erzählen. Insgesamt bietet „Schneewittchen“
mit aufwendigen und detailverliebten Sets einige visuell beeindruckende
Momente, doch das Fehlen einer überzeugenden Erzählung und
die schwache charakterliche Entwicklung der Hauptfiguren führen
zu einem mittelmäßigen Gesamtergebnis. Für mich bleibt
das Live-Action-Remake letztlich ein Film, der sich zwischen Tradition
und Moderne verliert, dabei aber weder dem einen noch dem anderen
wirklich gerecht werden kann. Es bleibt abzuwarten, ob Disney in Zukunft
einen neuen Ansatz für seine Klassiker finden wird, der sowohl
dem Erbe der Originale gerecht wird als auch die Erwartungen des modernen
Publikums erfüllt. In dieser Hinsicht ist das „Cinderella“-Remake
aus 2015 für mich bisher die überzeugendste Neuauflage eines
Disney-Klassikers.
SCHNEEWITTCHEN
ET:
27.06.25: DVD, Blu-ray und als 4K UHD Blu-ray | FSK 0
R: Marc Webb | D: Rachel Zegler, Gal Gadot, Andrew Burnap
USA 2025 | Walt Disney / LEONINE