Model
Kate verpasst nach einer Party in London den letzten Zug und findet
sich gefangen im düsteren Labyrinth des U-Bahn-Systems. Alle
Ausgänge sind vergittert, die Rolltreppen außer Betrieb.
Doch sie ist nicht alleine. Etwas Mörderisches hat es auf sie
abgesehen. Für Kate beginnt ein Albtraum – und eine wilde
und blutige Flucht durch die Geisterbahnhöfe der Londoner Tube.
Anlässlich
seines 20. Jubiläums erfährt der deutsch-britische Spielfilm
„Creep“ eine längst überfällige Würdigung:
Der Filmklassiker wird als DVD, digital und erstmals offiziell auf
Blu-ray veröffentlicht, womit er seine lang ersehnte Home Entertainment-Premiere
in HD feiert. Ergänzt wird dies durch ein limitiertes Mediabook
mit zwei Cover-Varianten, exklusiven Illustrationen, über einer
Stunde unveröffentlichtem Bonusmaterial auf einer extra Blu-ray
und einem 16-seitigen Booklet mit dem filmhistorischen Essay „Creepy
Underground“ über das Sub-Genre des U-Bahn-Horrors. Diese
umfassende Veröffentlichung bietet eine exzellente Gelegenheit,
einen Film neu zu bewerten, der sich als bemerkenswertes Beispiel
für intensiven und atmosphärischen Terror etabliert hat
und dessen Bedeutung für das Horrorkino tiefer reicht, als seine
anfängliche Nische vielleicht vermuten ließ. „Creep“
entfaltet seinen Schrecken in den labyrinthartigen, feuchten Tiefen
der Londoner U-Bahn. Die Handlung ist beängstigend einfach: Kate
(Franka Potente), eine junge Frau, die eine Party besuchen will, wird
in der London Underground eingeschlossen und findet sich bald in einem
Albtraum gefangen, als sie von einem verstörenden, mutierten
Wesen gejagt wird, das die Tunnel unter der Stadt bewohnt. Regisseur
Christopher Smith gelingt es meisterhaft, die klaustrophobische Atmosphäre
der U-Bahn als eigenständigen Antagonisten zu nutzen. Die engen
Gänge, die dunklen Schächte, das Echo der eigenen Schritte
und das plötzliche Schweigen der Züge schaffen eine klaustrophobische
und beklemmende Stimmung, die den Zuschauer sofort in ihren Bann zieht.
Franka Potente liefert eine überzeugende Leistung als Kate, deren
anfängliche Frustration schnell in blanke Panik und schließlich
in einen verzweifelten Überlebenskampf umschlägt. Ihre Verletzlichkeit
und ihr Entschlossenheit sind glaubwürdig, was die Identifikation
mit der Figur erleichtert und die Spannung ins Unermessliche steigert.
Der
„Creep“ selbst, dargestellt von Sean Harris, ist weniger
ein übernatürliches Monster als vielmehr eine verstörende
Manifestation urbaner Ängste: eine verkommene, animalische Kreatur,
die in den Schatten lebt und von der Gesellschaft vergessen wurde.
Sein Aussehen und seine grausamen Methoden sind zutiefst verstörend
und verzichten auf unnötigen Gore zugunsten eines psychologischen
Schreckens. Die
Stärke von „Creep“ liegt in seiner Reduktion auf
das Wesentliche. Der Film verzichtet auf übermäßige
Exposition und setzt stattdessen auf eine visuelle Erzählweise,
die die Isolation und die wachsende Verzweiflung der Protagonistin
spürbar macht. Die Soundkulisse ist meisterhaft eingesetzt: Das
plötzliche Verstummen der Stadtgeräusche, das Tropfen von
Wasser, das Quietschen von Metall und die unheimlichen Geräusche
des Jägers tragen maßgeblich zur beklemmenden Atmosphäre
bei. Die Beleuchtung, oft nur spärlich und unnatürlich,
verstärkt das Gefühl der Orientierungslosigkeit und der
Bedrohung aus dem Dunkeln. Der Film spielt geschickt mit den Erwartungen
des Publikums. Er beginnt wie ein klassischer Slasher, entwickelt
sich aber schnell zu einem packenden Überlebensthriller, der
die psychologische Komponente des Horrors betont. Es geht nicht nur
darum, wer stirbt und wie, sondern um die nackte Angst des Gejagtwerdens
in einer ausweglosen Situation. Die Kameraführung ist oft subjektiv,
was den Zuschauer noch tiefer in Kates Perspektive zieht und die Beklemmung
verstärkt. „Creep“ ist ein bemerkenswertes Beispiel
für das Sub-Genre des U-Bahn-Horrors. Er nutzt die spezifische
Architektur und die psychologischen Implikationen von unterirdischen
Transportsystemen – die Enge, die Isolation, die Abhängigkeit
von Technik, die Dunkelheit und die Vorstellung von vergessenen Kreaturen
in den Schatten – um eine einzigartige Form des Schreckens zu
erzeugen. Das beigelegte Booklet mit dem Essay „Creepy Underground“
verspricht hier eine vertiefende Analyse dieses faszinierenden Aspekts.
CREEP
ET:
22.05.25: DVD, Blu-ray, digitel & Blu-ray-Mediabook (limitiert)
| FSK 16
R: Christopher Smith | D: Franka Potente, Vas Blackwood, Elizabeth
McKechnie
Großbritannien, Deutschland 2004 | Busch Media Group
Bonusmaterial:
Making-of; Dokus über Ausstattung und Make-Up-Effekte; Festival-Präsentation
auf dem Fright Fest;
Storyboards zu alternativem Anfang und Ende des Films; entfernte
Szene; Wendecover