Ein
38-Jähriger Bildhauer lässt sich auf eine verbotene, sexuelle
Beziehung mit einer 18-jährigen Schülerin ein. Diese ist
nach südkoreanischem Gesetz noch minderjährig. Doch ihr
Sex ist für beide eine Offenbarung: Voller Wollust, Experimentierfreude
und absoluter Hingabe. Immer fordernder und tabuloser wird ihr Liebesspiel,
das schnell sadomasochistische Formen annimmt.
Am
8. Mai 2025 erlebte der Film „Lies – Lust und Lügen“
eine hochverdiente Wiedergeburt: Der Klassiker wurde erstmals aufwendig
restauriert auf DVD, Blu-ray und als limitiertes Blu-ray-Mediabook
veröffentlicht, letzteres ergänzt durch ein exklusives Artwork
von Adrian Keindorf und ein sechzehnseitiges Booklet. Diese neue Edition
ermöglicht es, ein Werk neu zu entdecken, das bei seiner ursprünglichen
Veröffentlichung nicht in vollem Umfang als das erkannt wurde,
was es bei genauerer Betrachtung ist: ein Film von bemerkenswerter
filmhistorischer Relevanz und einer subtilen, doch ungemein wirkmächtigen
feministischen Filmanalyse. „Lies – Lust und Lügen“
dekonstruiert die männliche Perspektive auf weibliche Sexualität
und Macht in einer Weise, die ihrer Zeit voraus war. Der Film taucht
tief in die komplexen psychologischen und sexuellen Dynamiken seiner
Charaktere ein. Statt einer simplen Darstellung von Verführung
und Betrug bietet er eine vielschichtige Erkundung von Lust, Lügen
und den oft verschwommenen Grenzen zwischen Realität und Fantasie.
Der Film weigert sich, weibliche Sexualität zu objektivieren
oder auf die männliche Erwartung zu reduzieren. Stattdessen wird
die weibliche Hauptfigur als Subjekt mit eigenen, oft widersprüchlichen
Begierden und Motivationen porträtiert. Ihre Lügen sind
nicht bloße Mittel zur Manipulation, sondern Ausdruck einer
komplexen inneren Welt, die von gesellschaftlichen Erwartungen, Machtstrukturen
und der Suche nach Selbstbestimmung geprägt ist. Der Film beleuchtet
die patriarchalen Strukturen, die Frauen oft in Rollen der Verführbarkeit
oder der passiven Verfügbarkeit drängen, und zeigt, wie
weibliche Figuren diese Erwartungen unterlaufen oder für ihre
eigenen Zwecke nutzen. Die Erzählung verweigert sich einer eindeutigen
moralischen Wertung und zwingt das Publikum, die Ambivalenz der menschlichen
Natur zu akzeptieren. Dies ist ein Bruch mit traditionellen Darstellungsweisen,
in denen Frauenfiguren oft entweder als Heilige oder Huren stilisiert
werden. „Lies – Lust und Lügen“ zeichnet Frauen
als komplexe Individuen, die in einem Netz aus Erwartungen und heimlichen
Wünschen agieren.
Ein
zentraler Aspekt des Films ist die Art und Weise, wie er female Agency
– also die Handlungsfähigkeit und Selbstbestimmung von
Frauen – verhandelt. Auch wenn die Figuren in Konventionen gefangen
scheinen mögen, offenbaren sich in ihren Handlungen und Reaktionen
Momente der subtilen oder direkten Ermächtigung. Ihre „Lügen“
sind eine Form des Überlebens in einer Welt, die ihnen oft nur
begrenzte Ausdrucksmöglichkeiten bietet. Sie navigieren durch
ein Minenfeld von Erwartungen und nutzen ihre Intelligenz und ihr
Verständnis menschlicher Psychologie, um ihre eigenen Ziele zu
verfolgen oder sich aus misslichen Lagen zu befreien. Der Film vermeidet
es, einen moralischen Zeigefinger zu erheben, und gestattet seiner
weiblichen Protagonistin eine moralische Ambiguität, die im Kino
oft männlichen Charakteren vorbehalten war. Dies ist ein mutiger
Schritt, der die vielschichtige Natur von weiblicher Lust, Macht und
Widerstand anerkennt. Die Kameraführung und die Inszenierung
unterstützen diese Perspektive, indem sie den weiblichen Blick
und die innere Welt der Frauen in den Vordergrund rücken, anstatt
sie ausschließlich als Objekte des männlichen Blicks zu
präsentieren. „Lies – Lust und Lügen“
ist filmhistorisch bedeutsam, weil er die Grenzen der Darstellung
von Erotik und Psychologie im Kino seiner Zeit verschob. Er scheute
sich nicht, unkonventionelle Themen anzusprechen und die oft verdrängten
Facetten menschlicher Beziehungen und sexueller Dynamiken zu erkunden.
Der Film trug dazu bei, das Spektrum dessen zu erweitern, was im Mainstream-Kino
gezeigt und diskutiert werden konnte, insbesondere in Bezug auf die
weibliche Rolle in komplexen Beziehungsgeflechten. Er
öffnete den Dialog über weibliche Begierden jenseits patriarchaler
Normen und konventioneller Rollenbilder. Die aufwendige Restaurierung
und die Veröffentlichung der limitierten Edition mit exklusivem
Artwork von Adrian Keindorf und einem umfangreichen Booklet sind ein
klares Zeichen für die anhaltende Wertschätzung dieses Films.
Sie ermöglichen es einem neuen Publikum, das Werk in seiner vollen
künstlerischen Pracht zu erleben und seine progressive Botschaft
neu zu bewerten. „Lies – Lust und Lügen“ ist
ein Beispiel dafür, wie ein Film, der auf den ersten Blick vielleicht
als reines Genrestück erscheint, bei genauerer Betrachtung tiefe
feministische Einsichten und eine bleibende Relevanz für die
Filmgeschichte birgt. Er bleibt ein fesselndes und nachdenklich stimmendes
Werk, das die Art und Weise, wie wir über Lust, Wahrheit und
die Macht des weiblichen Blicks denken, nachhaltig beeinflusst hat.
LIES – Lust und Lügen
ET:
08.05.25: DVD, Blu-ray Blu-ray-Mediabook (limitiert) | FSK 18
R: Sun-Woo Jang | D: Lee Sang-Hyun, Kim Tae-Yon, Hyun-Joo Choi
Südkorea 19994 | Busch Media Group