KINO | 23.07.2025

DER WEISSE HAI

Als sich die Gemeinde des Seebades Amity den Attacken eines mörderischen Weißen Hais ausgesetzt sieht, nehmen der örtliche Polizeichef, ein junger Meeresbiologe und ein in die Jahre gekommener Haifänger die Herausforderung an, das Monster zu töten, bevor es wieder zuschlägt.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 1975 Universal Pictures

Am 5. August 2025 kehrt ein unsterblicher Gigant der Filmgeschichte auf die Leinwand zurück, wenn „Der weiße Hai“ (1975) im Rahmen der „Best of Cinema“-Reihe erneut in den Kinos aufgeführt wird. Steven Spielbergs bahnbrechendes Werk ist weit mehr als nur ein Sommer-Blockbuster; es ist ein Meisterstück des Suspense, ein Wendepunkt in der Kinogeschichte und ein tiefgründiges Porträt menschlicher Urängste. Seine filmhistorische und popkulturelle Bedeutung ist unermesslich, da er nicht nur das Genre des Creature-Features neu definierte, sondern auch die Art und Weise revolutionierte, wie Filme vermarktet und rezipiert werden. Spielbergs Genius in „Der weiße Hai“ liegt nicht primär in der Darstellung des Monsters, sondern in dessen strategischer Abwesenheit. Über weite Strecken des Films bleibt der titelgebende Hai unsichtbar, seine Präsenz wird lediglich durch die ikonische, pulsierende Musik von John Williams und die Reaktionen der Protagonisten angedeutet. Diese clevere Inszenierung erzeugt eine überwältigende, psychologische Spannung, die den Zuschauer in einen Zustand permanenter Anspannung versetzt. Das Grauen manifestiert sich nicht in expliziter Gewalt, sondern in der Vorstellungskraft, in der unerträglichen Gewissheit, dass die Bedrohung lauert, auch wenn sie nicht sichtbar ist. Die Charaktere sind das Herzstück des Dramas. Polizeichef Martin Brody (Roy Scheider), der Meeresbiologe Matt Hooper (Richard Dreyfuss) und der raue Haifischer Quint (Robert Shaw) bilden ein ungleiches Trio, dessen unterschiedliche Perspektiven und Persönlichkeiten den Film mit Leben füllen. Ihre Interaktionen sind von einer glaubwürdigen Reibung und Kameradschaft geprägt, die den menschlichen Konflikt im Angesicht einer übermächtigen Naturkraft spürbar macht. Insbesondere Quints Monolog über die USS Indianapolis ist ein Meisterwerk des Storytellings, das tiefe emotionale Wunden offenbart und die Unerbittlichkeit des Meeres auf erschütternde Weise verdeutlicht.


© 1975 Universal Pictures

Es ist die Menschlichkeit dieser Figuren und ihre verzweifelte Entschlossenheit, die das Publikum fesselt und mitfiebern lässt. Spielberg nutzt die Elemente des Films mit chirurgischer Präzision. Die Kameraarbeit ist meisterhaft, von den klaustrophobischen Unterwasseraufnahmen bis zu den weiten Panoramen des Meeres, die die schiere Größe der Bedrohung betonen. Der Schnitt ist präzise und trägt zur Dichte der Spannung bei. Selbst als der Hai schließlich vollständig enthüllt wird, wirkt er durch die zuvor aufgebaute Angst und die minimalen, aber effektiven Spezialeffekte noch furchteinflößender. „Der weiße Hai“ ist filmhistorisch von immenser Bedeutung, da er als Blaupause für den modernen Sommer-Blockbuster gilt. Sein beispielloser Erfolg an den Kinokassen – angetrieben durch eine aggressive und innovative Marketingstrategie, die den Film breit bewarb und gleichzeitig seine Veröffentlichung auf die Sommersaison ausrichtete – veränderte die Kinobranche nachhaltig. Hollywood erkannte das Potenzial von Filmen, die nicht nur unterhalten, sondern auch kollektive Ereignisse schaffen konnten, die ein Massenpublikum anlockten. Dies führte zur Ära der „High Concept“-Filme und der globalen Verwertungsketten, wie wir sie heute kennen. Popkulturell hat „Der weiße Hai“ eine unauslöschliche Spur hinterlassen. Der Film befeuerte eine bis dahin ungekannte Angst vor Haien und veränderte die Wahrnehmung des Ozeans. Die berühmte Melodie von John Williams ist bis heute sofort erkennbar und hat sich als Synonym für drohende Gefahr im kollektiven Bewusstsein festgesetzt. Die Figur des Hais wurde zur ikonischen Darstellung einer unkontrollierbaren, urzeitlichen Bedrohung. Der Film ist in unzähligen Parodien, Referenzen und Hommagen in Film, Fernsehen und anderen Medien präsent. Er hat nicht nur das Tierhorror-Genre maßgeblich beeinflusst, sondern auch gezeigt, wie ein Filmemacher mit gekonnter Inszenierung eine ganze Bevölkerungsgruppe in den Bann ziehen kann.


DER WEISSE HAI

Wiederaufführungstermin: 05.08.25
R: Steven Spielberg | D: Roy Scheider, Robert Shaw, Richard Dreyfuss
USA 1975 | Universal Pictures Germany


 


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