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DVD & BLU-RAY | 10.12.2025

BUZZHEART

In „Buzzheart“ entfaltet Dennis Iliadis ein verstörend-hypnotisches Psychodrama, das die Tradition des griechischen „Weird Cinema“ zugleich zitiert und weiterführt. Mit präziser Bildsprache, beklemmender Atmosphäre und einem Spiel mit Realitätsebenen erforscht der Film die Zerbrechlichkeit menschlicher Bindungen.

von Franziska Keil


© Busch Media Group

Mit „Buzzheart“, seit dem 27. November für das Heimkino erhältlich, kehrt Dennis Iliadis zu jener flirrenden, reizvoll unangepassten Ästhetik zurück, die das zeitgenössische griechische Kino international bekannt gemacht hat. Der Film ist unverkennbar in der Tradition von Filmemachern wie Lanthimos verortet, bemüht sich jedoch zugleich um eine eigenständige psychologische Tiefenschärfe, die ihn aus dem Schatten seiner Vorbilder heraustreten lässt. Iliadis entwirft ein Werk, das zwischen surrealem Unbehagen und emotionaler Intimität changiert – ein oszillierendes Drama über Liebe, Manipulation und die Versuchungen des Machtgefälles. Im Zentrum steht der neunzehnjährige Argyris, der – gespielt mit bemerkenswerter Zurückhaltung von Claudio Kaya – in eine Beziehung hineinstolpert, deren anfängliche Unschuld sich rasch ins Gefährliche verkehrt. Die Einladung in das abgelegene Landhaus seiner neuen Freundin Mary fungiert als archaischer Initiationsraum: ein Ort, an dem sich Begehren und Kontrolle überlagern und familiäre Strukturen zu einem Ritual der Grenzüberschreitung mutieren. Der Film nutzt dabei die räumliche Isolation nicht als bloßes Setting, sondern als psycho-logischen Resonanzkörper, der Argyris’ Verlorenheit und die zunehmende Bedrohlichkeit der Situation verdichtet. Besonders hervorzuheben ist Iliadis' Fähigkeit, Atmosphäre als dramaturgische Kraft zu begreifen. Evan Maragkoudakis’ Kamera taucht die Räume in erdrückende Halbdunkelheiten, die stets etwas Unausgesprochenes, Unheilvolles transportieren. Die Ausstattung – eine Sammlung bizarrer Objekte zwischen Kinderzimmer-Naivität und grotesker Ornamentik – verstärkt diesen Eindruck: Als würde die Umgebung selbst die seelischen Verwerfungen der Figuren spiegeln. Die Musik von Coti K. legt sich wie ein nervöses Flirren über die Szenen und lässt die emotionale Unsicherheit kontinuierlich hörbar werden. Die Handlung, die sich zwischen psychologischem Thriller, Familiendrama und Albtraum verschiebt, folgt der Logik einer Prüfung: Argyris wird einer Reihe von Tests unterzogen, die seine Liebesfähigkeit, seine Loyalität und letztlich seine Selbstachtung hinterfragen sollen.


© Busch Media Group

Dass diese Prüfungen brutal, sadistisch und zutiefst ritualisiert sind, gehört zum Kern des Films – es geht nicht um Glaubwürdigkeit im realistischen Sinn, sondern um die symbolische Entblößung eines jungen Mannes, der sich nicht nur in einer Beziehung, sondern in einem emotionalen System von Macht und Ohnmacht verliert. Die schauspielerischen Leistungen tragen maßgeblich zur Intensität bei. Konstantina Messini verleiht Mary eine faszinierende Ambivalenz zwischen Verletzlichkeit und manipulativer Überlegenheit; Evelina Papoulia und Giorgos Liantos spielen deren Eltern mit einer Theatralik, die die Atmosphäre des Films ins Mythische verschiebt. Ihre Performances betonen die archetypischen Strukturen, die „Buzzheart“ durchziehen: Eltern als übermächtige Autoritätsfiguren, Kinder als Objekte ihres übergriffigen Schutzes – oder ihrer Projektionen. Dass der Film erzählerisch nicht immer überraschend ist, fällt angesichts der konsequenten ästhetischen Handschrift kaum ins Gewicht. Vielmehr wirkt „Buzzheart“ wie ein bewusst gestalteter Beitrag zu einer filmischen Tradition, die das Groteske, das Traumhafte und das Psychodramatische miteinander verschmilzt. Die Frage, wie weit ein Mensch zu gehen bereit ist, um Liebe zu „beweisen“, wird hier nicht realistisch beantwortet, sondern existenziell ausgestellt: als Geflecht aus Sehnsucht, Gewalt, Unterwerfung und Selbsttäuschung. Gerade in seiner formalen Konsequenz zeigt der Film seine Stärke. Iliadis interessiert sich weniger für narrativen Realismus als für emotionale Wahrhaftigkeit – und so gelingt ihm ein Werk, das den Zuschauer nicht rational, sondern körperlich erfasst. „Buzzheart“ ist ein psychologischer Sog, der durch seine ästhetische Präzision, sein intensiv choreografiertes Spiel und seine poetisch-düstere Bildwelt überzeugt.

FAZIT
„Buzzheart“ mag nicht radikal neu sein, doch in seiner eleganten, bewusst komponierten Verbindung aus psychologischem Horror, coming-of-age Tragödie und surrealer Familiengroteske entfaltet der Film eine Wirkung, die sowohl verstört als auch fasziniert. Iliadis bestätigt sich als Regisseur, der Atmosphäre nicht nur erzeugt, sondern als erzählerisches Mittel zu nutzen versteht – und damit ein Werk erschafft, das im Gedächtnis nachhallt.


BUZZHEART

ET: 27.11.25: DVD, Blu-ray und digital | FSK 16
R: Dennis Iliadis | D: Evelina Papoulia, Yorgos Liantos
Griechenland, USA 2025 | Busch Media Group


 


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