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DVD & BLU-RAY | 31.12.2025

THE STRANGERS – CHAPTER 2

Ein Horrorfilm als Studie der Erschöpfung: THE STRANGERS – CHAPTER 2 radikalisiert das Prinzip des sinnlosen Bösen und verwandelt Wiederholung in ein ästhetisches Programm. Zwischen Verfolgung, Trauma und räumlicher Entleerung entsteht ein nihilistisches Horrorkino, das Angst nicht zuspitzt, sondern ausdehnt.

von Richard-Heinrich Tarenz


© LEONINE

Mit THE STRANGERS – CHAPTER 2 setzt die Reihe ihren düsteren Albtraum fort und verschiebt den Fokus konsequent von der klassischen Home-Invasion hin zu einer radikalisierten Form des Verfolgungshorrors. Der Film, der am 05. Dezember für das Heimkino erschienen ist, versteht sich weniger als abgeschlossene Erzählung denn als klaustrophobisches Mittelstück einer größeren Horrorarchitektur – und genau aus dieser selbstbewussten Unabgeschlossenheit bezieht er einen Großteil seiner Wirkung. Im Zentrum steht erneut Maya, verkörpert von Madelaine Petsch, deren Körper und Psyche gleichermaßen zum Schauplatz des Horrors werden. Chapter 2 begreift Trauma nicht als Hintergrundmotiv, sondern als motorisches Prinzip: Die Erzählung ist strukturell an Mayas verletzten Zustand gebunden. Ihr permanentes Vorwärtsstolpern durch Krankenhäuser, Wälder und Kleinstadträume folgt keiner klassischen Eskalationsdramaturgie, sondern einer zermürbenden Wiederholung. Gerade darin liegt eine genuin horrorästhetische Qualität: Der Film inszeniert Angst als Zustand der Dauer, nicht als Abfolge von Höhepunkten. Horror entsteht hier nicht durch Überraschung, sondern durch Erschöpfung. Diese Entscheidung fügt sich nahtlos in die Tradition des nihilistischen Slashers ein, wie ihn „The Strangers“ seit jeher propagiert. Gewalt ist sinnlos, Motive bleiben diffus, Erklärungen sind stets unbefriedigend. „Chapter 2“ treibt dieses Prinzip weiter, indem er mit Erwartungshaltungen spielt und sie bewusst ins Leere laufen lässt. Figuren, die potenziell Aufklärung oder Orientierung bieten könnten, verschwinden abrupt aus dem Narrativ. Der Film verweigert seinem Publikum damit gezielt jene Stabilisierung, die klassische Horrorfilme oft durch Nebenfiguren herstellen. Die Welt von „Chapter 2“ kennt keine sicheren Instanzen mehr. Besonders interessant ist der Umgang mit Raum. Die Eröffnungssequenz im Krankenhaus nutzt sterile Architektur und lange Flure als Bühne für eine Choreografie der Bedrohung, in der Masken, Schatten und Bewegungsachsen präzise gegeneinander ausgespielt werden. Die Kamera bleibt auffallend kontrolliert, lässt Räume atmen und dehnt Zeit, wodurch selbst banale Bewegungen – ein Öffnen einer Tür, ein Blick über die Schulter – existenzielle Schwere erhalten. Auch außerhalb des Krankenhauses bleibt der Film seinem Konzept treu: Die Kleinstadt wirkt nicht wie ein sozialer Raum, sondern wie ein entleerter Korridor, in dem jede Begegnung potenziell tödlich ist.


© LEONINE

Chapter 2 flirtet stellenweise mit dem Wunsch nach Erklärung, unterläuft diesen Impuls jedoch immer wieder. Kurze Rückblenden und Andeutungen erzeugen keine Empathie, sondern verstärken das Unbehagen, weil sie das Grundprinzip des „grundlosen Bösen“ nicht auflösen, sondern fragmentieren. Der Film thematisiert damit eine zentrale Spannung des modernen Horrors: das Bedürfnis nach Sinn in einer Welt, die sich konsequent jeder Sinnstiftung verweigert. Die Inszenierung setzt dabei weniger auf ausgefeilte Mythologie als auf körperliche Präsenz. Die Masken der Strangers bleiben ikonografisch stark, gerade weil sie emotionslos und austauschbar wirken. Sie stehen nicht für individuelle Figuren, sondern für ein System der Gewalt, das jederzeit neue Gesichter annehmen kann. Diese Entpersonalisierung ist einer der stärksten Beiträge des Films zur zeitgenössischen Horrordiskussion: Angst entsteht hier nicht aus dem Wissen, wer der Killer ist, sondern aus der Erkenntnis, dass es keine klar definierbare Bedrohung mehr gibt. Technisch überzeugt „Chapter 2“ vor allem dort, wo er auf handfeste Effekte setzt. Die Darstellung von Verletzungen, Erschöpfung und körperlichem Verfall verleiht dem Film eine unangenehme Materialität, die den physischen Horror spürbar macht. Die Tonspur arbeitet zurückhaltend, setzt weniger auf musikalische Überwältigung als auf akustische Leerräume, in denen Schritte, Atem und ferne Geräusche eine fast hypnotische Bedrohung entfalten. Madelaine Petsch trägt den Film mit einer bemerkenswert physischen Performance. Ihre Darstellung verzichtet auf große emotionale Ausbrüche und setzt stattdessen auf Mikrogesten: Zögern, Zittern, ein kurzer Kontrollverlust. Dadurch wird Maya weniger zur klassischen „Final Girl“-Figur als zu einem Körper im Ausnahmezustand, dessen bloßes Weiterleben bereits Widerstand bedeutet. Als Horrorfilm betrachtet ist THE STRANGERS – CHAPTER 2 ein bewusst sperriges Werk, das sich der schnellen Befriedigung entzieht. Er versteht sich als Studie über Ausgeliefertsein, Wiederholung und die Unmöglichkeit von Sinn im Angesicht willkürlicher Gewalt. Gerade in seiner Monotonie und seiner narrativen Verweigerung liegt eine verstörende Konsequenz, die den Film klar im nihilistischen Horrorkino verortet. Nicht jeder Moment zielt auf Schock – aber nahezu jede Szene atmet Unruhe. Als mittleres Kapitel eines größeren Entwurfs entfaltet der Film eine kalte, auszehrende Kraft, die weniger gefallen will als nachwirkt.


THE STRANGERS – CHAPTER 2

ET: 05.12.25: DVD, Blu-ray und digital | FSK 16
R: Renny Harlin | D: Madelaine Petsch, Gabriel Basso, Rachel Shenton
USA 2025 | LEONINE


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