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DVD & BLU-RAY | 09.10.2025

IT FEEDS

Mit „It Feeds“ erscheint ein stiller, eleganter Horrorfilm als limitiertes 2-Disc-Mediabook für das Heimkino. Marcus Harlands übernatürliches Psychodrama verwebt Angst, Schuld und Spiritualität zu einer dichten, atmosphärischen Erfahrung. Ein Film, der weniger erschreckt als verstört – und gerade dadurch lange nachwirkt.

von Franziska Keil


© Pandastorm Pictures

Mit der Veröffentlichung als limitiertes 2-Disc-Mediabook für das Heimkino erhält der übernatürliche Horrorfilm „It Feeds“ jene Bühne, die ihm im Kino womöglich versagt blieb – eine, auf der man seine stille, beinahe hypnotische Wirkung voll entfalten lassen kann. In einer Zeit, in der das Genre oft zwischen reißerischer Effekthascherei und formelhaftem Grusel schwankt, überrascht dieser Film mit einer eigentümlichen Ruhe: „It Feeds“ ist weniger ein Monsterfilm als eine Studie über Angst, Schuld und das unsichtbare Band zwischen Wahrnehmung und Realität. Das Unheimliche ist hier kein Wesen aus Fleisch und Blut, kein Hai, kein Krokodil, kein greifbares Raubtier – es ist eine Idee, ein Schatten, eine Präsenz, die sich wie ein Echo in den Menschen einnistet. Regisseur Marcus Harland – ein Name, der bislang eher im Bereich psychologischer Thriller auffiel – wählt in „It Feeds“ einen bemerkenswerten Ansatz: Er erzählt den Schrecken nicht über das Sichtbare, sondern über das mentale Zittern seiner Figuren. Das Böse, so scheint es, existiert hier nicht außerhalb, sondern als Teil einer kollektiven Wunde, die niemand mehr zu heilen vermag.

Im Zentrum der Handlung steht Ashley Greene als Psychiaterin Dr. Cynthia Winstone – eine Figur, die das übernatürliche Grauen nicht nur erforscht, sondern intuitiv spürt. Ihre Fähigkeit, in jene Zwischenräume zu blicken, in denen das Dämonische haust, macht sie zugleich zur Beobachterin und zur Gefangenen. Greene, die mit Twilight einst dem Teen-Horror-Mythos ihren Stempel aufdrückte, überzeugt hier mit einer erwachsenen, zurückgenommenen Darstellung, die auf Emotion statt Effekt baut. Ihre Cynthia ist eine Frau, die gelernt hat, dass das Erkennen der Dunkelheit nicht bedeutet, sie zu besiegen. An ihrer Seite spielt Shawn Ashmore einen Vater, der seine Tochter (Shayelin Martin) vor jener unsichtbaren Bedrohung schützen will, die sich wie ein Virus durch ihre Familie frisst. Seine fiebrige Nervosität und sein hilfloser Widerstand gegen das Unbegreifliche verleihen der Geschichte eine menschliche Erdung, die sie vor bloßer Genre-Konvention bewahrt. In diesen Figuren – erschöpft, verwundet, suchend – liegt das emotionale Zentrum des Films.


© Pandastorm Pictures

„It Feeds“ knüpft ästhetisch an den modernen metaphysischen Horror an, den Filme wie „It Follows“, „The Babadook“ oder „The Night House“ geprägt haben. Doch wo diese Werke den Schrecken in Bewegung oder Metaphern der Sexualität verankern, bevorzugt Harland eine statische, beklemmende Inszenierung: Räume werden zu Zellen, Spiegel zu Toren, Dunkelheit zu Substanz. Die Kamera von Elliot Ross verweilt auf Gesichtern, die halb im Schatten liegen, und auf Räumen, in denen das Licht zu atmen scheint. Jeder Schnitt ist gezügelt, jedes Geräusch – ein Knacken, ein Wispern, ein kurzes Aussetzen der Stille – trägt mehr Gewicht als ein Dutzend digitaler Schreckmomente. Besonders hervorzuheben ist das Sounddesign, das in seiner Zurückhaltung geradezu meisterlich wirkt. Das „Füttern“, das der Titel verspricht, ist kein körperlicher, sondern ein seelischer Vorgang: Das Wesen nährt sich von der Angst, den Erinnerungen, dem Schweigen. Wenn Dr. Winstone begreift, dass es sich nicht um ein Monster im klassischen Sinne handelt, sondern um eine Spiegelung menschlicher Verletzlichkeit, gewinnt der Film seine eigentliche Tiefe. Der Horror entspringt nicht dem Übernatürlichen, sondern dem allzu Menschlichen.

Damit steht „It Feeds“ in der Tradition jener Filme, die das Grauen als metaphysische Erfahrung verstehen – als Kollision zwischen dem Rationalen und dem Unaussprechlichen. Wie einst bei „The Conjuring“ oder „Insidious“, wird das Paranormale hier zum Vehikel, um von existentiellen Ängsten zu erzählen: vom Verlust, von Verantwortung, von dem Gefühl, nicht mehr Herr seiner eigenen Gedanken zu sein. Harland inszeniert diese Themen mit einer visuellen Strenge, die zugleich klassisch und modern wirkt – ein Kino der Reduktion, das mehr andeutet, als es zeigt. Dass der Film nun als limitiertes Mediabook erscheint, ist mehr als eine Veröffentlichung für Sammler: Es ist eine Einladung zur Wiederentdeckung. Die zusätzliche Disc bietet Raum für Reflexion – Interviews, Hinter-den-Kulissen-Material, vielleicht sogar jene Deutungsebene, die man beim ersten Sehen nicht greifen konnte. Denn „It Feeds“ ist kein Film, der konsumiert, sondern einer, der nachhallt – ein Werk, das Fragen stellt, statt Antworten zu geben.

In einer Ära, in der der Horrorfilm oft zur Jahrmarktsattraktion verkommt, wirkt „It Feeds“ fast altmodisch – und gerade deshalb modern. Sein Schrecken ist langsam, seine Bedrohung unsichtbar, seine Wirkung nachhaltig. Er glaubt an das Unsichtbare im Sichtbaren, an den Raum zwischen zwei Atemzügen, an das, was bleibt, wenn das Licht erlischt.


IT FEEDS

ET: 10.10.25: Limitiertes 2-Disc-Mediabook mit Blu-ray und DVD | FSK 16
R: Chad Archibald | D: Ashley Greene Khoury, Shawn Ashmore, Christina Beth Hughes
Kanada 2024 | Pandastorm Pictures

Extras: Audiokommentar von u.a. Chad Archibald, Diverse Interviews mit Cast & Crew,
Diverse Featurettes: Hinter den Kulissen, Drehbuch-Szenenvergleich, Pressemappe, Trailer-Sammlung


 


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