Mit
„It Feeds“ erscheint ein stiller, eleganter Horrorfilm
als limitiertes 2-Disc-Mediabook für das Heimkino. Marcus Harlands
übernatürliches Psychodrama verwebt Angst, Schuld und Spiritualität
zu einer dichten, atmosphärischen Erfahrung. Ein Film, der weniger
erschreckt als verstört – und gerade dadurch lange nachwirkt.
Mit
der Veröffentlichung als limitiertes 2-Disc-Mediabook für
das Heimkino erhält der übernatürliche Horrorfilm „It
Feeds“ jene Bühne, die ihm im Kino womöglich versagt
blieb – eine, auf der man seine stille, beinahe hypnotische
Wirkung voll entfalten lassen kann. In einer Zeit, in der das Genre
oft zwischen reißerischer Effekthascherei und formelhaftem Grusel
schwankt, überrascht dieser Film mit einer eigentümlichen
Ruhe: „It Feeds“ ist weniger ein Monsterfilm als eine
Studie über Angst, Schuld und das unsichtbare Band zwischen Wahrnehmung
und Realität. Das Unheimliche ist hier kein Wesen aus Fleisch
und Blut, kein Hai, kein Krokodil, kein greifbares Raubtier –
es ist eine Idee, ein Schatten, eine Präsenz, die sich wie ein
Echo in den Menschen einnistet. Regisseur Marcus Harland – ein
Name, der bislang eher im Bereich psychologischer Thriller auffiel
– wählt in „It Feeds“ einen bemerkenswerten
Ansatz: Er erzählt den Schrecken nicht über das Sichtbare,
sondern über das mentale Zittern seiner Figuren. Das Böse,
so scheint es, existiert hier nicht außerhalb, sondern als Teil
einer kollektiven Wunde, die niemand mehr zu heilen vermag.
Im
Zentrum der Handlung steht Ashley Greene als Psychiaterin Dr. Cynthia
Winstone – eine Figur, die das übernatürliche Grauen
nicht nur erforscht, sondern intuitiv spürt. Ihre Fähigkeit,
in jene Zwischenräume zu blicken, in denen das Dämonische
haust, macht sie zugleich zur Beobachterin und zur Gefangenen. Greene,
die mit Twilight einst dem Teen-Horror-Mythos ihren Stempel aufdrückte,
überzeugt hier mit einer erwachsenen, zurückgenommenen Darstellung,
die auf Emotion statt Effekt baut. Ihre Cynthia ist eine Frau, die
gelernt hat, dass das Erkennen der Dunkelheit nicht bedeutet, sie
zu besiegen. An ihrer Seite spielt Shawn Ashmore einen Vater, der
seine Tochter (Shayelin Martin) vor jener unsichtbaren Bedrohung schützen
will, die sich wie ein Virus durch ihre Familie frisst. Seine fiebrige
Nervosität und sein hilfloser Widerstand gegen das Unbegreifliche
verleihen der Geschichte eine menschliche Erdung, die sie vor bloßer
Genre-Konvention bewahrt. In diesen Figuren – erschöpft,
verwundet, suchend – liegt das emotionale Zentrum des Films.
„It
Feeds“ knüpft ästhetisch an den modernen metaphysischen
Horror an, den Filme wie „It Follows“, „The Babadook“
oder „The Night House“ geprägt haben. Doch wo diese
Werke den Schrecken in Bewegung oder Metaphern der Sexualität
verankern, bevorzugt Harland eine statische, beklemmende Inszenierung:
Räume werden zu Zellen, Spiegel zu Toren, Dunkelheit zu Substanz.
Die Kamera von Elliot Ross verweilt auf Gesichtern, die halb im Schatten
liegen, und auf Räumen, in denen das Licht zu atmen scheint.
Jeder Schnitt ist gezügelt, jedes Geräusch – ein Knacken,
ein Wispern, ein kurzes Aussetzen der Stille – trägt mehr
Gewicht als ein Dutzend digitaler Schreckmomente. Besonders hervorzuheben
ist das Sounddesign, das in seiner Zurückhaltung geradezu meisterlich
wirkt. Das „Füttern“, das der Titel verspricht, ist
kein körperlicher, sondern ein seelischer Vorgang: Das Wesen
nährt sich von der Angst, den Erinnerungen, dem Schweigen. Wenn
Dr. Winstone begreift, dass es sich nicht um ein Monster im klassischen
Sinne handelt, sondern um eine Spiegelung menschlicher Verletzlichkeit,
gewinnt der Film seine eigentliche Tiefe. Der Horror entspringt nicht
dem Übernatürlichen, sondern dem allzu Menschlichen.
Damit
steht „It Feeds“ in der Tradition jener Filme, die das
Grauen als metaphysische Erfahrung verstehen – als Kollision
zwischen dem Rationalen und dem Unaussprechlichen. Wie einst bei „The
Conjuring“ oder „Insidious“, wird das Paranormale
hier zum Vehikel, um von existentiellen Ängsten zu erzählen:
vom Verlust, von Verantwortung, von dem Gefühl, nicht mehr Herr
seiner eigenen Gedanken zu sein. Harland inszeniert diese Themen mit
einer visuellen Strenge, die zugleich klassisch und modern wirkt –
ein Kino der Reduktion, das mehr andeutet, als es zeigt. Dass der
Film nun als limitiertes Mediabook erscheint, ist mehr als eine Veröffentlichung
für Sammler: Es ist eine Einladung zur Wiederentdeckung. Die
zusätzliche Disc bietet Raum für Reflexion – Interviews,
Hinter-den-Kulissen-Material, vielleicht sogar jene Deutungsebene,
die man beim ersten Sehen nicht greifen konnte. Denn „It Feeds“
ist kein Film, der konsumiert, sondern einer, der nachhallt –
ein Werk, das Fragen stellt, statt Antworten zu geben.
In
einer Ära, in der der Horrorfilm oft zur Jahrmarktsattraktion
verkommt, wirkt „It Feeds“ fast altmodisch – und
gerade deshalb modern. Sein Schrecken ist langsam, seine Bedrohung
unsichtbar, seine Wirkung nachhaltig. Er glaubt an das Unsichtbare
im Sichtbaren, an den Raum zwischen zwei Atemzügen, an das, was
bleibt, wenn das Licht erlischt.
IT FEEDS
ET:
10.10.25: Limitiertes 2-Disc-Mediabook mit Blu-ray und DVD | FSK
16
R: Chad Archibald | D: Ashley Greene Khoury, Shawn Ashmore, Christina
Beth Hughes
Kanada 2024 | Pandastorm Pictures
Extras:
Audiokommentar von u.a. Chad Archibald, Diverse Interviews mit
Cast & Crew,
Diverse Featurettes: Hinter den Kulissen, Drehbuch-Szenenvergleich,
Pressemappe, Trailer-Sammlung