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DVD & BLU-RAY | 05.09.2025

SCREAMBOAT
Splatter, Satire und die Groteske der Popkultur

Die monströse Maus Screamboat Willie verwandelt eine routinemäßige Schifffahrt in einen urkomischen Alptraum! Cindi nimmt die letzte Fähre nach New York. Doch während der Fahrt verschwinden immer mehr Gäste. Willie richtet blutiges Chaos, Terror und Verwüstung an. Eingeschlossen auf dem Boot müssen Cindi und die anderen Passagiere den Kampf mit dem Monster aufnehmen. Es geht ums nackte Überleben!

von Franziska Keil


© Tiberius Film GmbH

Am 4. September erschien Steven LaMortes Horrorfarce „Screamboat“ auf DVD und Blu-ray und ist damit nun auch im Heimkino verfügbar. Der Film, der bereits im Vorfeld für Schlagzeilen sorgte, weil er die ikonische Figur aus Disneys „Steamboat Willie“ in einen mordlüsternen Killer verwandelte, spielt virtuos mit den Möglichkeiten der Public Domain: Kaum war die Urheberfrist des Originals abgelaufen, wurde die unschuldige Maus zur Fratze des Grauens. LaMorte verlegte seine Geschichte nicht in künstliche Kulissen, sondern nutzte reale Drehorte auf der Staten-Island-Fähre. Dieses Setting verleiht dem Film eine eigenartige Authentizität: Die Alltäglichkeit des Pendlerverkehrs wird zur Folie für ein groteskes Blutbad, in dem die Monster-Maus mit diabolischer Energie wütet. David Howard Thornton, berühmt durch seine Auftritte in der „Terrifier“-Reihe, verleiht der Kreatur eine clowneske Grausamkeit, die gleichermaßen verstört wie fasziniert. „Screamboat“ ist kein Film, der sich durch Subtilität auszeichnet. LaMorte setzt auf eine Mischung aus exzessivem Splatter und schwarzem Humor, die man am treffendsten als „Splatstick“ bezeichnen kann – eine Spielart, die an die frühen Peter-Jackson-Filme erinnert. Gewalt wird hier bewusst überzeichnet und zur grotesken Komik gesteigert. Doch diese Überzeichnung ist zugleich die größte Stärke wie die größte Schwäche des Films: Während manche Kritiker den anarchischen Witz feiern, monieren andere das Fehlen erzählerischer Tiefe und formaler Eleganz. Gerade in seiner Übertreibung erweist sich „Screamboat“ als Kommentar zur Macht ikonischer Bilder.


© Tiberius Film GmbH

Indem eine der bekanntesten Figuren der Popkultur entweiht und in ein Horrorvehikel verwandelt wird, legt der Film die Fragilität kultureller Symbole offen. Das Werk ist damit mehr als ein Splatter-Spaß: Es ist eine ironische Reflexion über die Aneignung von Bildern, über Copyright als kulturelle Fessel – und über das, was geschieht, wenn diese Fesseln fallen. Neben Thorntons überbordender Performance lebt der Film von Allison Pittell, die als „Final Girl“ Selena den bluttriefenden Exzessen eine fragile Menschlichkeit entgegensetzt. Die Inszenierung arbeitet mit einer Mischung aus Puppenspiel, Make-up-Effekten und CGI. Diese hybride Bildsprache trägt zum surrealen Ton bei, wirkt mitunter jedoch inkonsistent – mal grotesk übersteigert, mal visuell unfertig. „Screamboat“ ist kein Film für Puristen des Horrors, sondern für jene, die Lust haben auf Grenzüberschreitungen zwischen Trash und Satire. Er ist grell, roh und provokativ, zugleich aber ein Produkt seiner Zeit: ein Kind der Public-Domain-Ära, in der sich kulturelle Ikonen neu erfinden – oder entstellen – lassen. So verlässt man den Film mit zwiespältigen Gefühlen: irritiert von seiner Schrillheit, amüsiert von seiner grotesken Überzeichnung, aber auch beeindruckt von seinem Mut, ausgerechnet eine Ikone der Kindheit zum Werkzeug des Schreckens zu machen. In dieser Ambivalenz liegt die eigentliche Qualität des Films – und vielleicht auch der Grund, weshalb „Screamboat“ das Zeug zum Kultklassiker hat


SCREAMBOAT

ET: 04.09.25: DVD und Blu-Rayk | FSK 18
R: Steven LaMorte | D: David Howard Thornton, Tyler Posey, Jared Johnston
USA 2025 | Tiberius Film


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