"Zoomania
2" entfaltet erneut ein visionäres Tiermetropolis, das gesellschaftliche
Machtstrukturen mit feiner erzählerischer Präzision reflektiert.
Die Fortsetzung verbindet visuelle Opulenz mit subtextueller Tiefe
und untersucht die fragilen Grundlagen urbaner Utopien. Ein Film,
der die politische Potenz des Animationskinos eindrucksvoll bestätigt.
Mit
„Zoomania 2“, das am 27. November in den Kinos startet,
kehrt Disney in jenes schillernde Tier-Metropolenpanorama zurück,
das 2016 als „Zoomania“ Maßstäbe für das
politisch aufgeladene Animationskino setzte. Die Fortsetzung knüpft
an diese Erfolgsgeschichte an – allerdings unter veränderten
Vorzeichen: Die Erwartungshaltung des Publikums ist höher, die
Streaming- und Animationslandschaft fragmentierter, und die Frage,
wie sich eine satirisch zugespitzte Tiergesellschaft sinnvoll weiterentwickeln
lässt, wird zu einer ästhetischen und erzählerischen
Herausforderung.
Im
Zentrum steht erneut das ungleiche Ermittler-Duo: die idealistische
Häsin Judy Hopps und der geläuterte Fuchs Nick Wilde, beide
inzwischen fest im Polizeialltag des ZPD etabliert. Ihre Partnerschaft,
die im ersten Teil als Triumph des interspezies Überwindungswillens
fungierte, erfährt hier eine neue Dimension. Ein mysteriöser
Diebstahl – ein serpentiner Außenseiter soll das Tagebuch
einer alteingesessenen Luchs-Dynastie entwendet haben – dient
als Katalysator, um erneut die Grundpfeiler der zoomanischen Utopie
zu prüfen. Die Schlange als gesellschaftlich ausgeschlossene
Figur markiert geschickt jene Grenzen der Toleranz, die jede idealisierte
Gesellschaft in sich trägt. Auch Zoomania verfügt über
ihre „blinden Flecken“ – und gerade dieser narrative
Schwerpunkt hebt den Film auf eine symbolisch dichte Ebene.
Das
Herzstück von „Zoomania“ war stets sein urbaner Organismus:
ein Stadtgewebe, das durch künstlich erzeugte Klimazonen räumliche
und biologische Vielfalt ermöglichen soll. In der Fortsetzung
rückt dieses architektonisch-ökologische Experiment stärker
ins Zentrum. Die gestohlenen Aufzeichnungen über die Errichtung
der sogenannten „Wetterwände“ entpuppen sich als
Schlüssel zu einer größeren politischen Intrige, deren
Fäden bis in die höchsten Ebenen der Stadtverwaltung reichen.
Der Film nutzt diese Konstellation, um eine subtile Allegorie über
Machterhalt, Geschichtsschreibung und die Konstruktion von Wahrheiten
zu entfalten. Der utopische Impuls gerät ins Wanken, sobald seine
historischen Grundlagen hinterfragt werden – ein klassisches
Motiv dystopischer Stadtfiktionen, das hier in kindgerechtem, aber
keineswegs simplifizierendem Gewand erscheint.
Der
im Ausgangstext kritisierte Aspekt einer gewissen „Vorhersehbarkeit“
der Gags lässt sich nicht völlig von der Hand weisen. „Zoomania
2“ verweigert sich dem anarchischen Witz des Originals zugunsten
eines reibungslosen, industriell geschliffenen Humors. Dennoch gelingt
es dem Film, humoristische Taktung und dramaturgische Entwicklung
harmonisch zu verbinden. Die Komik wirkt weniger spontan, aber dramaturgisch
sauber eingebettet. Visuell liefert die Fortsetzung – wie nicht
anders zu erwarten – ein beeindruckend detailliertes Panorama.
Die Texturen der tierischen Protagonisten, die architektonischen Feinheiten
der diversen Stadtbezirke, die dynamische Lichtregie: All dies unterstreicht
Disneys technische Überlegenheit. Allerdings fehlt jener Innovationsschub,
der „Zoomania“ einst zu einer ästhetischen Überraschung
machte. „Zoomania 2“ perfektioniert das Bekannte, wagt
jedoch selten den stilistischen Sprung ins Unbekannte.
Trotz
struktureller Vorsicht und tonal gelegentlicher Glätte entfaltet
„Zoomania 2“ eine bemerkenswerte allegorische Schärfe.
Die Frage nach dem gesellschaftlichen Umgang mit „anderen“,
nach der Unsichtbarkeit von Minderheiten und der Konstruktion kollektiver
Narrative bleibt zentral. Besonders stark ist der Film, wenn er zeigt,
dass selbst in einer scheinbar idealen Welt der Ausschluss bestimmter
Gruppen als gesellschaftliches Grundrauschen bestehen bleibt. Damit
schließt „Zoomania 2“ thematisch an globale Diskurse
über Diversität und Inklusion an, ohne belehrend zu wirken.
Der Film bietet gerade dem jüngeren Publikum relevante Ansätze
zum Nachdenken – und schafft es zugleich, sein erwachsenes Publikum
mit subtextuellen Tiefen zu erreichen.
FAZIT
„Zoomania 2“ ist ein visuell brillantes,
erzählerisch solides und thematisch überraschend selbstbewusstes
Sequel, das die Stärken seines Vorgängers weiterführt,
ohne ihn vollständig zu übertreffen. Trotz gewisser erzählerischer
Sicherheitsmechanismen bleibt die Rückkehr in die Tiermetropole
ein lohnendes cineastisches Erlebnis – insbesondere durch die
klug verwebte Parabel über gesellschaftliche Macht, Ausgrenzung
und den fragilen Charakter jeder Utopie.
ZOOMANIA 2
Start:
27.11.25 | FSK 6
R: Byron Howard, Jared Bush | Animationsfilm
USA 2025 | Walt Disney Germany