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KINO | 27.11.2025

ZOOMANIA 2
Die urbane Utopie im Stresstest

"Zoomania 2" entfaltet erneut ein visionäres Tiermetropolis, das gesellschaftliche Machtstrukturen mit feiner erzählerischer Präzision reflektiert. Die Fortsetzung verbindet visuelle Opulenz mit subtextueller Tiefe und untersucht die fragilen Grundlagen urbaner Utopien. Ein Film, der die politische Potenz des Animationskinos eindrucksvoll bestätigt.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2024 Disney. All Rights Reserved.

Mit „Zoomania 2“, das am 27. November in den Kinos startet, kehrt Disney in jenes schillernde Tier-Metropolenpanorama zurück, das 2016 als „Zoomania“ Maßstäbe für das politisch aufgeladene Animationskino setzte. Die Fortsetzung knüpft an diese Erfolgsgeschichte an – allerdings unter veränderten Vorzeichen: Die Erwartungshaltung des Publikums ist höher, die Streaming- und Animationslandschaft fragmentierter, und die Frage, wie sich eine satirisch zugespitzte Tiergesellschaft sinnvoll weiterentwickeln lässt, wird zu einer ästhetischen und erzählerischen Herausforderung.

Im Zentrum steht erneut das ungleiche Ermittler-Duo: die idealistische Häsin Judy Hopps und der geläuterte Fuchs Nick Wilde, beide inzwischen fest im Polizeialltag des ZPD etabliert. Ihre Partnerschaft, die im ersten Teil als Triumph des interspezies Überwindungswillens fungierte, erfährt hier eine neue Dimension. Ein mysteriöser Diebstahl – ein serpentiner Außenseiter soll das Tagebuch einer alteingesessenen Luchs-Dynastie entwendet haben – dient als Katalysator, um erneut die Grundpfeiler der zoomanischen Utopie zu prüfen. Die Schlange als gesellschaftlich ausgeschlossene Figur markiert geschickt jene Grenzen der Toleranz, die jede idealisierte Gesellschaft in sich trägt. Auch Zoomania verfügt über ihre „blinden Flecken“ – und gerade dieser narrative Schwerpunkt hebt den Film auf eine symbolisch dichte Ebene.

Das Herzstück von „Zoomania“ war stets sein urbaner Organismus: ein Stadtgewebe, das durch künstlich erzeugte Klimazonen räumliche und biologische Vielfalt ermöglichen soll. In der Fortsetzung rückt dieses architektonisch-ökologische Experiment stärker ins Zentrum. Die gestohlenen Aufzeichnungen über die Errichtung der sogenannten „Wetterwände“ entpuppen sich als Schlüssel zu einer größeren politischen Intrige, deren Fäden bis in die höchsten Ebenen der Stadtverwaltung reichen. Der Film nutzt diese Konstellation, um eine subtile Allegorie über Machterhalt, Geschichtsschreibung und die Konstruktion von Wahrheiten zu entfalten. Der utopische Impuls gerät ins Wanken, sobald seine historischen Grundlagen hinterfragt werden – ein klassisches Motiv dystopischer Stadtfiktionen, das hier in kindgerechtem, aber keineswegs simplifizierendem Gewand erscheint.


© 2024 Disney. All Rights Reserved.

Der im Ausgangstext kritisierte Aspekt einer gewissen „Vorhersehbarkeit“ der Gags lässt sich nicht völlig von der Hand weisen. „Zoomania 2“ verweigert sich dem anarchischen Witz des Originals zugunsten eines reibungslosen, industriell geschliffenen Humors. Dennoch gelingt es dem Film, humoristische Taktung und dramaturgische Entwicklung harmonisch zu verbinden. Die Komik wirkt weniger spontan, aber dramaturgisch sauber eingebettet. Visuell liefert die Fortsetzung – wie nicht anders zu erwarten – ein beeindruckend detailliertes Panorama. Die Texturen der tierischen Protagonisten, die architektonischen Feinheiten der diversen Stadtbezirke, die dynamische Lichtregie: All dies unterstreicht Disneys technische Überlegenheit. Allerdings fehlt jener Innovationsschub, der „Zoomania“ einst zu einer ästhetischen Überraschung machte. „Zoomania 2“ perfektioniert das Bekannte, wagt jedoch selten den stilistischen Sprung ins Unbekannte.

Trotz struktureller Vorsicht und tonal gelegentlicher Glätte entfaltet „Zoomania 2“ eine bemerkenswerte allegorische Schärfe. Die Frage nach dem gesellschaftlichen Umgang mit „anderen“, nach der Unsichtbarkeit von Minderheiten und der Konstruktion kollektiver Narrative bleibt zentral. Besonders stark ist der Film, wenn er zeigt, dass selbst in einer scheinbar idealen Welt der Ausschluss bestimmter Gruppen als gesellschaftliches Grundrauschen bestehen bleibt. Damit schließt „Zoomania 2“ thematisch an globale Diskurse über Diversität und Inklusion an, ohne belehrend zu wirken. Der Film bietet gerade dem jüngeren Publikum relevante Ansätze zum Nachdenken – und schafft es zugleich, sein erwachsenes Publikum mit subtextuellen Tiefen zu erreichen.

FAZIT

„Zoomania 2“ ist ein visuell brillantes, erzählerisch solides und thematisch überraschend selbstbewusstes Sequel, das die Stärken seines Vorgängers weiterführt, ohne ihn vollständig zu übertreffen. Trotz gewisser erzählerischer Sicherheitsmechanismen bleibt die Rückkehr in die Tiermetropole ein lohnendes cineastisches Erlebnis – insbesondere durch die klug verwebte Parabel über gesellschaftliche Macht, Ausgrenzung und den fragilen Charakter jeder Utopie.


ZOOMANIA 2

Start: 27.11.25 | FSK 6
R: Byron Howard, Jared Bush | Animationsfilm
USA 2025 | Walt Disney Germany


 


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