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KINO | 03.12.2025

ETERNITY

In „Eternity“ begegnet das Kino einer metaphysischen Liebesgeschichte, die den Zauber großer High Concept-Romantik der 1990er mit moderner erzählerischer Eleganz vereint. David Freyne erschafft eine schillernde Jenseitswelt, in der Erinnerung, Identität und Begehren neu verhandelt werden. Ein Film, der den Blick weitet – auf das Weiterleben nach dem Tod ebenso wie auf die unerwarteten Wege der Liebe.

von Richard-Heinrich Tarenz


© LEAH GALLO

Mit „Eternity“, der am 4. Dezember in den deutschen Kinos startet, gelingt dem irischen Regisseur David Freyne ein seltenes Kunststück: Er verbindet die luftige Verspieltheit klassischer High-Concept-Komödien mit der emotionalen Tiefenschärfe eines Nachdenkens über das Fortwirken gelebter Beziehungen. Sein Film, ein glamourös ausgestattetes Afterlife-Romance-Drama, fügt sich zugleich nahtlos in die jüngste Renaissance jener phantastischen Romantik ein, die einst Filme wie „Heart and Souls“, „Ghost“ oder „What Dreams May Come“ prägte. Doch „Eternity“ ist mehr als eine nostalgische Hommage – er ist eine eigenständige Reflexion über die Frage, welcher Teil unserer Vergangenheit uns definiert, und welchen Menschen wir bleiben wollen, wenn die Zeit selbst außer Kraft gesetzt ist. Freyne schafft ein Jenseits, das weniger religiöse Vision als ästhetische Verdichtung individueller Glücksmomente ist. Wer stirbt, kehrt genau in jenes Alter zurück, in dem er oder sie am glücklichsten war – eine Entscheidung, die die zeitliche Linearität sprengt und Intimität durch ein visuelles Spiel mit Erinnerung ersetzt. Der 1960er-Jahre-Charme der Afterlife-Station, über den alle Neuankömmlinge zunächst geleitet werden, wirkt wie ein cineastischer Transitbereich: halb Bürokratie, halb Fiebertraum, ein überdimensioniertes „Zwischenreich“, das sowohl Orientierung als auch Verunsicherung auslöst. Diese Welt ist voller Wahlmöglichkeiten – Strände, wilde Partys, utopische Rückzugsorte –, doch die zentrale Entscheidung, die der Film ins Zentrum rückt, ist eine zutiefst menschliche: Mit wem wollen wir die Ewigkeit verbringen? Im Mittelpunkt steht Joan, die nach ihrem Tod in der jugendlichen Erscheinung von Elizabeth Olsen zurückkehrt. Dort trifft sie nicht nur ihren langjährigen Ehemann Larry (Miles Teller), sondern auch ihren ersten, im Krieg gefallenen Ehemann Luke (Callum Turner). Was zunächst nach einer sanft ironischen Prämisse klingt, entwickelt sich zu einer ernsthaften Untersuchung der Frage, wie Liebe sich im Laufe eines Lebens wandelt.


© COURTESY OF A24

Der Film vollzieht diese emotionale Vermessung mit erstaunlicher Präzision – Joan steht zwischen zwei s
Ausformungen ihrer selbst: der Sehnsucht nach dem ungelebten Glück und der Dankbarkeit für das gelebte. Ihre Entscheidung ist weniger romantischer Wettstreit als philosophischer Zwiespalt, der die Grenzen von Erinnerung und Identität verwischt. Olsen und Teller meistern die schwierige Aufgabe, jugendliche Leichtigkeit mit der Schwere eines langen Lebens zu vereinen. Sie bewegen sich jenseits von bloßer Nostalgie: Ihre Körper wirken jung, ihre Blicke alt. Da’Vine Joy Randolph fügt dem Film als Afterlife-Consultant Anna eine komödiantische Leichtigkeit hinzu, während John Early im Zusammenspiel mit ihr jene feinsinnige Ironie verkörpert, die „Eternity“ davor bewahrt, in reine Sentimentalität abzugleiten. Freyne denkt die Fantasien der 1990er mit zeitgenössischer Sensibilität weiter: queere Welten, alternative Konzepte von Partnerschaft, humorvolle Verweise auf popkulturelle Paradiese der Vergangenheit. Die retrofuturistische Ausstattung verleiht dem Film dabei eine eigene Textur – eine Mischung aus A24-Ambition und Touchstone-Eleganz. Erst im letzten Drittel verliert der Film leicht an Geschlossenheit: Das Ringen um eine clever aufgelöste Struktur macht die emotionalen Versprechen manchmal weniger wirkungsvoll. Doch selbst in diesen Momenten bleibt die visuelle und erzählerische Eigenständigkeit bestehen.

FAZIT
„Eternity“ ist eine überraschend zarte, zugleich tiefsinnige Meditation über Liebe, Erinnerung und die Unmöglichkeit, das Leben rückgängig zu machen. Der Film stellt keine metaphysischen Antworten bereit – vielmehr eröffnet er den Zuschauenden einen Raum, in dem sie ihre eigenen Vorstellungen von Glück, Verlust und Weiterleben reflektieren können. Dass Freyne uns in eine Ewigkeit führt, die nicht als Trost, sondern als Möglichkeit verstanden wird, macht Eternity zu einem herausragenden Beitrag des zeitgenössischen phantastischen Kinos – und zu einem Werk, das man gern noch einmal sehen möchte, um sich in seinen Zwischentönen zu verlieren.


ETERNITY

Start: 04.12.25 | FSK 12
R: David Freyne | D: Elizabeth Olsen, Miles Teller, Callum Turner
USA 2025 | DCM Filmdistribution


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