In „Eternity“
begegnet das Kino einer metaphysischen Liebesgeschichte, die den Zauber
großer High Concept-Romantik der 1990er mit moderner erzählerischer
Eleganz vereint. David Freyne erschafft eine schillernde Jenseitswelt,
in der Erinnerung, Identität und Begehren neu verhandelt werden.
Ein Film, der den Blick weitet – auf das Weiterleben nach dem
Tod ebenso wie auf die unerwarteten Wege der Liebe.
Mit
„Eternity“, der am 4. Dezember in den deutschen Kinos
startet, gelingt dem irischen Regisseur David Freyne ein seltenes
Kunststück: Er verbindet die luftige Verspieltheit klassischer
High-Concept-Komödien mit der emotionalen Tiefenschärfe
eines Nachdenkens über das Fortwirken gelebter Beziehungen. Sein
Film, ein glamourös ausgestattetes Afterlife-Romance-Drama, fügt
sich zugleich nahtlos in die jüngste Renaissance jener phantastischen
Romantik ein, die einst Filme wie „Heart and Souls“, „Ghost“
oder „What Dreams May Come“ prägte. Doch „Eternity“
ist mehr als eine nostalgische Hommage – er ist eine eigenständige
Reflexion über die Frage, welcher Teil unserer Vergangenheit
uns definiert, und welchen Menschen wir bleiben wollen, wenn die Zeit
selbst außer Kraft gesetzt ist. Freyne schafft ein Jenseits,
das weniger religiöse Vision als ästhetische Verdichtung
individueller Glücksmomente ist. Wer stirbt, kehrt genau in jenes
Alter zurück, in dem er oder sie am glücklichsten war –
eine Entscheidung, die die zeitliche Linearität sprengt und Intimität
durch ein visuelles Spiel mit Erinnerung ersetzt. Der 1960er-Jahre-Charme
der Afterlife-Station, über den alle Neuankömmlinge zunächst
geleitet werden, wirkt wie ein cineastischer Transitbereich: halb
Bürokratie, halb Fiebertraum, ein überdimensioniertes „Zwischenreich“,
das sowohl Orientierung als auch Verunsicherung auslöst. Diese
Welt ist voller Wahlmöglichkeiten – Strände, wilde
Partys, utopische Rückzugsorte –, doch die zentrale Entscheidung,
die der Film ins Zentrum rückt, ist eine zutiefst menschliche:
Mit wem wollen wir die Ewigkeit verbringen? Im Mittelpunkt steht Joan,
die nach ihrem Tod in der jugendlichen Erscheinung von Elizabeth Olsen
zurückkehrt. Dort trifft sie nicht nur ihren langjährigen
Ehemann Larry (Miles Teller), sondern auch ihren ersten, im Krieg
gefallenen Ehemann Luke (Callum Turner). Was zunächst nach einer
sanft ironischen Prämisse klingt, entwickelt sich zu einer ernsthaften
Untersuchung der Frage, wie Liebe sich im Laufe eines Lebens wandelt.
Der
Film vollzieht diese emotionale Vermessung mit erstaunlicher Präzision
– Joan steht zwischen zwei s
Ausformungen ihrer selbst: der Sehnsucht nach dem ungelebten Glück
und der Dankbarkeit für das gelebte. Ihre Entscheidung ist weniger
romantischer Wettstreit als philosophischer Zwiespalt, der die Grenzen
von Erinnerung und Identität verwischt. Olsen und Teller meistern
die schwierige Aufgabe, jugendliche Leichtigkeit mit der Schwere eines
langen Lebens zu vereinen. Sie bewegen sich jenseits von bloßer
Nostalgie: Ihre Körper wirken jung, ihre Blicke alt. Da’Vine
Joy Randolph fügt dem Film als Afterlife-Consultant Anna eine
komödiantische Leichtigkeit hinzu, während John Early im
Zusammenspiel mit ihr jene feinsinnige Ironie verkörpert, die
„Eternity“ davor bewahrt, in reine Sentimentalität
abzugleiten. Freyne denkt die Fantasien der 1990er mit zeitgenössischer
Sensibilität weiter: queere Welten, alternative Konzepte von
Partnerschaft, humorvolle Verweise auf popkulturelle Paradiese der
Vergangenheit. Die retrofuturistische Ausstattung verleiht dem Film
dabei eine eigene Textur – eine Mischung aus A24-Ambition und
Touchstone-Eleganz. Erst im letzten Drittel verliert der Film leicht
an Geschlossenheit: Das Ringen um eine clever aufgelöste Struktur
macht die emotionalen Versprechen manchmal weniger wirkungsvoll. Doch
selbst in diesen Momenten bleibt die visuelle und erzählerische
Eigenständigkeit bestehen.
FAZIT „Eternity“
ist eine überraschend zarte, zugleich tiefsinnige Meditation
über Liebe, Erinnerung und die Unmöglichkeit, das Leben
rückgängig zu machen. Der Film stellt keine metaphysischen
Antworten bereit – vielmehr eröffnet er den Zuschauenden
einen Raum, in dem sie ihre eigenen Vorstellungen von Glück,
Verlust und Weiterleben reflektieren können. Dass Freyne uns
in eine Ewigkeit führt, die nicht als Trost, sondern als Möglichkeit
verstanden wird, macht Eternity zu einem herausragenden Beitrag des
zeitgenössischen phantastischen Kinos – und zu einem Werk,
das man gern noch einmal sehen möchte, um sich in seinen Zwischentönen
zu verlieren.
ETERNITY
Start:
04.12.25 | FSK 12
R: David Freyne | D: Elizabeth Olsen, Miles Teller, Callum Turner
USA 2025 | DCM Filmdistribution