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KINO | 20.08.2025

DAS KANU DES MANITU

Abahachi, der Häuptling der Apachen, und sein weißer Blutsbruder Ranger kämpfen unermüdlich für Frieden und Gerechtigkeit – doch eine neue, aufstrebende Bande macht ihnen das Leben besonders schwer! Sie locken Abahachi und Ranger in eine Falle, um an das sagenumwobene „Kanu des Manitu“ zu gelangen.

von Richard-Heinrich Tarenz


© herbX film/Constantin Film/Luis Zeno Kuhn

Als „Das Kanu des Manitu“ am 14. August in die deutschen Kinos startete, lasteten auf ihm gleich zwei Bürden: die Erinnerung an einen der größten Kinoerfolge der jüngeren deutschen Filmgeschichte und die veränderte gesellschaftliche Sensibilität, in der Komödien heute bestehen müssen. Der Vorgänger „Der Schuh des Manitu“ von 2001 lockte über elf Millionen Menschen ins Kino – ein Triumph, der ihn zur inoffiziellen Ikone des deutschsprachigen Mainstream-Humors machte. Gleichzeitig wurde schon damals der Vorwurf laut, der Film bediene sich klischeehafter Darstellungen von Indigenen und Homosexuellen – Kritikpunkte, die sich im Lichte der heutigen Debatten um Repräsentation und kulturelle Sensibilität noch deutlicher abzeichnen. Herbig begegnet dieser doppelten Erwartungshaltung mit einem Werk, das zugleich auf Vertrautes setzt und sich behutsam modernisiert. Er und Christian Tramitz schlüpfen wieder in die Rollen der bayrisch parlierenden Blutsbrüder Abahachi und Ranger, deren liebevoll-zänkische Dynamik nach wie vor das Herzstück der Handlung bildet. Rick Kavanian ergänzt das Ensemble in bewährter Vielrollen-Manier – mal als griechischer Lebemann Dimitri, mal als sächselnder Hilfssheriff – und auch Winnetouch, die wohl schrillste Figur der Bully-Mythologie, darf nicht fehlen. Der Abspann mit Outtakes und einem von Stefan Raab produzierten Song schlägt den Bogen zurück in die Zeit, als eine solche Komödienmachart unangefochten das Massenpublikum dominierte. Das erzählerische Fundament ist eine Mischung aus Nostalgiemaschine und Selbstzitat. Pointen, Gesten und Running Gags rekurrieren auf den Kultstatus des Originals, ergänzt durch augenzwinkernde Referenzen an Film- und Popgeschichte.


© herbX film/Constantin Film/Luis Zeno Kuhn

Dennoch verzichtet Herbig nicht gänzlich auf zeitgemäße Akzente: In einer Szene korrigiert Abahachi seinen Gefährten Ranger, er möge nicht den inzwischen problematisierten Begriff „Indianer“ verwenden; eine divers besetzte Räuberbande unter Jessica Schwarz und eine in den USA gedrehte Episode mit tatsächlich indigener Besetzung deuten an, dass der Film nicht völlig im Gestern verharren will. Allerdings bleiben diese Signale zumeist am Rand des Gag-Feuerwerks und damit unverbindlich. Herbigs erklärtes Ziel ist nicht Provokation, sondern Unterhaltung – und so schwankt die Selbstironie zwischen charmantem Augenzwinkern und gelegentlicher Plumpheit. Inhaltlich beschränkt sich das Neue weitgehend auf einen schlichten Appell zu gegenseitigem Verständnis und kultureller Offenheit. Der Kontext hat sich seit 2001 grundlegend verschoben: Damals besaß die ironische Demontage von Karl-May-Romantik und Western-Pathos noch Biss – in einer Zeit, in der Karl May heute kritisch befragt wird und aufwendige Westernprojekte wie Kevin Costners „Horizon“ kaum noch Publikumsresonanz erzielen, wirkt das parodistische Korsett von „Das Kanu des Manitu“ stellenweise wie ein Relikt. Der Film macht ungewollt sichtbar, wie sehr sich Humor und kulturelle Codes in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert haben. Und doch liegt in diesem Rückgriff auf eine altvertraute Form des Komödienkinos auch sein größter Reiz. Wer sich dem heiteren Tonfall hingibt, wird den Wiedersehenswert der Figuren, die eingängigen Pointen und den ungebrochenen Spielwitz der Darsteller genießen können. Wer dagegen auf eine inhaltliche Erweiterung oder schärfere satirische Spitze hofft, wird feststellen, dass hier weniger eine Neudefinition als vielmehr eine liebevolle Selbstvergewisserung stattfindet. „Das Kanu des Manitu“ ist damit nicht nur eine Fortsetzung, sondern auch eine Momentaufnahme: ein Film, der fest im sicheren Hafen seiner eigenen Vergangenheit verankert ist und zugleich – vielleicht unbeabsichtigt – die Distanz zwischen dem humoristischen Selbstverständnis von einst und dem kulturellen Klima von heute vermisst.


DAS KANU DES MANITU

Start: 14.08.25 | FSK 6
R: Michael Bully Herbig | D: Michael Bully Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian
Deutschland 2025 | Constantin Film Verleih


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