Mit „Die
Rosenschlacht“ wagt Regisseur Jay Roach ein modernes Remake
des Klassikers „Der Rosenkrieg“ aus dem Jahr 1989. Ivy
(Olivia Coleman) und Theo (Benedict Cumberbatch) liefern sich als
Ehepaar ein Duell, das komisch beginnt und zunehmend in bitteren Ernst
kippt, sobald sich die Dynamik ihrer Beziehung sich ändert und
keiner von beiden richtig aus seiner Rolle kann.
„Die
Rosenschlacht“ ist ein Film, der von Anfang an mit Erwartungen
spielt. Als Remake des Klassikers „Der Rosenkrieg“ von
1989 erzählt er mit schwarzem Humor die Geschichte einer Ehe
zwischen zwei Menschen, die grundverschieden sind und nicht aus ihrer
eigenen Haut heraus kommen. Doch während das Original die Eskalation
vor allem als grotesken Schlagabtausch inszenierte, legt Regisseur
Jay Roach in seiner Neuauflage, die von Tony McNamaras scharfzüngigem
Drehbuch getragen wird, den Fokus stärker auf Fragen, die in
unserer Gegenwart unvermeidlich geworden sind: Wie sehr bestimmen
Geschlechterrollen unsere Vorstellung von Partnerschaft? Wie verändert
sich eine Beziehung, wenn ökonomische Macht sich verschiebt?
Und was passiert, wenn emotionale Nähe nicht mehr aus Intimität,
sondern aus Kontrolle besteht?
Im
Zentrum stehen Ivy, gespielt von Olivia Colman, und Theo, verkörpert
von Benedict Cumberbatch. Auf den ersten Blick sind sie ein klassisches
Paar, das mit der Aufteilung der Aufgaben vertraut scheint: er als
erfolgreicher Geschäftsmann, sie als Partnerin, die lange ihre
eigenen Träume zurückstellt und sich Aufgaben im häuslichen
Umfeld widmet. Doch an einem schicksalhaften Tag verändert sich
die Dynamik zwischen ihnen nachhaltig: Theo verliert nicht nur seinen
Job, sondern auch sein soziales Ansehen. Er wird zum Gespött
in den sozialen Medien, seine Autorität bröckelt, seine
Rolle als vermeintlicher Versorger verschwindet. Gleichzeitig findet
Ivy in einem kleinen Fischrestaurant ihre Berufung, die ausgerechnet
in dieser Nacht von einer angesehenen Food-Kritikerin entdeckt wird.
Das Ungleichgewicht, das zuvor festgeschrieben schien, kippt wie eine
Wippe in die andere Richtung.
Hier
entfaltet der Film seine feministische Lesart. Denn die Konflikte
zwischen Ivy und Theo sind weniger das Resultat persönlicher
Feindseligkeit als vielmehr Symptome einer Gesellschaft, die Paare
nach wie vor in rigide Rollenmuster drängt. Theos Problem ist
nicht allein sein beruflicher Niedergang, sondern vor allem die Tatsache,
dass er es nicht erträgt, wenn seine Frau erfolgreicher, unabhängiger
und sogar sichtbarer wird als er selbst. Ivy wiederum erkennt in diesem
Erfolg nicht nur eine persönliche Befreiung, sondern auch den
bitteren Beigeschmack, dass Selbstständigkeit in ihrer Ehe nicht
vorgesehen war. Der Film verhandelt damit den Kern vieler moderner
Partnerschaften: die Frage, ob Gleichberechtigung tatsächlich
gelebt werden kann oder ob sie immer noch an den unsichtbaren Grenzen
patriarchaler Erwartungen scheitert. Aber gleichzeitig sind beide
Partner in dieser Ehe auch egoistisch und nehmen wenig Rücksicht
auf den jeweils anderen. Dafür gibt es einige Beispiele im Laufe
des Filmes, beispielsweise wenn er die Kinder als persönliches
Projekt sieht und weniger als Menschen, die man ermutigen sollte,
den eigenen Weg zu finden. Oder wenn sie sich im Nachtleben treiben
lässt und dabei nicht darüber nachdenkt, ob sie sich bei
ihm und der Familie melden sollte.
Die
Chemie zwischen Colman und Cumberbatch trägt diese thematische
Schwere mit Leichtigkeit. Oftmals ist der Film von bitterbösem
Humor geprägt, was das Drama aufzubrechen vermag. Ihre Dialoge
sind von einer Dynamik geprägt, die Nähe und Distanz permanent
neu austariert. Mal wirken sie wie zwei alte Vertraute, die einander
mit einem Blick verstehen, mal wie erbitterte Gegner, die jedes Wort
als Waffe einsetzen. Gerade Colman gelingt es, Ivy mit einer Mischung
aus Verletzlichkeit und scharfem Witz zu verkörpern, die deutlich
macht, wie widersprüchlich weibliche Emanzipation in heteronormativen
Strukturen bis heute bleibt: Sie darf stark sein, solange sie das
Ego des Mannes nicht verletzt. Cumberbatch wiederum spielt Theo nicht
als eindimensionalen Tyrannen, sondern als verletzten Mann, dessen
Zerfall darin liegt, dass er die alten Geschlechterrollen nicht mehr
aufrechterhalten kann. Sein Stolz ist keine rein private Kategorie,
sondern ein Spiegel gesellschaftlicher Erwartungen an Männlichkeit,
die ihn in eine Sackgasse treiben.
Gerade
in den Momenten, in denen Nähe noch möglich wäre, zeigt
der Film seine größte Stärke. Roach inszeniert Szenen,
in denen ein Lächeln genügt, um die Risse zu kitten, oder
eine Umarmung, um die Eskalation aufzuhalten. Doch genau diese Chancen
werden nicht ergriffen. Stattdessen kippt Zärtlichkeit in Aggression,
und die Figuren entscheiden sich für Distanz, wenn Intimität
möglich wäre. Es ist eine subtile, aber kraftvolle Darstellung
davon, wie fragile Männlichkeit und erkämpfte weibliche
Unabhängigkeit ein Paar nicht unbedingt näher zusammenbringen,
sondern in destruktive Bahnen lenken können. Feministisch gelesen
zeigt der Film damit, dass das Scheitern der Ehe weniger an individuellen
Fehlern liegt, sondern daran, dass das System Ehe nach wie vor auf
einem Machtgefälle basiert.
Allerdings
verschenkt „Die Rosenschlacht“ an manchen Stellen visuelles
Potenzial. Gerade weil Kostüm und Hair & Make-up in einem
Film über Rollenbilder eine enorme Bedeutung haben könnten,
wirkt es enttäuschend, dass hier zu generische Lösungen
gewählt wurden. Ivy hätte in ihrer Entwicklung, vom zurückhaltenden
Part der Ehe hin zur selbstbewussten Geschäftsfrau, eine klare
visuelle Transformation verdient gehabt – Kleidung, die ihren
neuen Status betont, eine äußere Erscheinung, die ihre
innere Befreiung sichtbar macht. Stattdessen bleibt ihr Look erstaunlich
gleichförmig. Auch Theo durchläuft äußerlich
kaum eine Veränderung, obwohl seine Rolle als einstiger Alphamann
mehr Möglichkeiten für eine Dekonstruktion geboten hätte.
Es ist ein verschenkter Moment, der zeigt, dass selbst in einem Film,
der Geschlechterrollen kritisch befragt, die visuelle Ebene noch zu
sehr im Konventionellen verharrt. Auch die Nebenfiguren gleiten teilweise
in alberne Karikaturen von Menschen ab. Solange der Film sich mit
der Dynamik der Kernfamilie beschäftigt, ist er unglaublich stark,
aber das wird immer wieder durch das Auftreten der Freunde oder Kollegen
gebrochen. Da hätte man sich auch etwas differenziertere Erzählung
erhofft. Das Klischee des dunkelhäutigen Schwulen ist inzwischen
viel zu häufig bemüht, das ist schwierig und ein bisschen
vorhersehbar.
Es
wird eine Geschichte erzählt, die nicht in der Eskalation steckenbleibt,
sondern sich ernsthaft mit der Frage wie Liebe, Macht und Unabhängigkeit
beschäftigt. Besonders interessant ist dabei, dass Ivy trotz
ihres Erfolgs nicht zur Siegerin stilisiert wird. Der Film vermeidet
es, einfache Antworten zu geben oder in die Falle des „Girlboss“-Feminismus
zu tappen, der weibliche Emanzipation vor allem in ökonomischem
Erfolg misst. Vielmehr zeigt er, dass auch Unabhängigkeit schmerzhaft
sein kann, dass sie mit Einsamkeit und Distanz einhergeht, wenn die
emotionale Basis einer Beziehung von Machtfragen durchzogen bleibt.
Trotz dieser Schwächen bleibt „Die
Rosenschlacht“ ein Film, der sich mutig an der Auflösung
klassischer Geschlechterrollen abarbeitet. Er zeigt ein Paar, das
daran zerbricht, dass sie sich nicht gemeinsam neu erfinden können,
sondern an alten Zuschreibungen festhalten – er aus Angst, Macht
zu verlieren, sie aus dem Drang, endlich gesehen zu werden. Feministisch
gelesen ist das eine ernüchternde, aber realistische Botschaft:
Gleichberechtigung in Beziehungen scheitert nicht an mangelnder Liebe,
sondern an Strukturen, die Macht, Anerkennung und Kontrolle ungleich
verteilen. Der Film macht deutlich, dass wahre Nähe nur dann
möglich ist, wenn man sein Zusammenleben immer wieder neu verhandelt.
Am Ende verlässt man das Kino mit einem
zwiespältigen Gefühl. „Die Rosenschlacht“ ist
kein perfekter Film. Sein visuelles Konzept schwächelt, der Mittelteil
verliert an Tempo, manche Nebenfiguren bleiben unterentwickelt. Doch
gerade weil er die großen Fragen unserer Zeit stellt –
nach Macht, Nähe, Geschlechterrollen und der Zerbrechlichkeit
von Intimität – bleibt er sehenswert. Colman und Cumberbatch
tragen den Film mit einer Intensität, die außergewöhnlich
ist. Sie machen aus einer Ehekrise ein Lehrstück über die
Notwendigkeit, patriarchale Muster zu hinterfragen. In diesem Sinn
ist „Die Rosenschlacht“ nicht nur ein Remake, sondern
eine feministische Neuinterpretation, die zeigt, dass der Kampf um
Gleichberechtigung längst im Privaten entschieden wird –
in Schlafzimmern, Küchen und in Streitgesprächen von Paaren.
Das Leben ist kein statisches Gebilde, das einmal festgelegt wird
und sich danach nie wieder verändert.
DIE ROSENSCHLACHT
Start:
28.08.25 | FSK 12
R: Jay Roach | D: Olivia Colman, Benedict Cumberbatch, Andy Samberg
Großbritannien, USA 2025 | Walt Disney Germany