Keanu
Reeves brilliert als sanftmütiger Engel in Aziz Ansaris warmherziger
Sozialkomödie „Good Fortune – Ein ganz spezieller
Schutzengel“. Ein modernes Gleichnis über Empathie, Klassenunterschiede
und die Suche nach Sinn im digitalen Zeitalter. Ein Film, der an die
Güte des Menschen glaubt – und damit genau den richtigen
Ton unserer Zeit trifft.
Am
16. Oktober startet Aziz Ansaris Regiedebüt „Good Fortune
– Ein ganz spezieller Schutzengel“ in den deutschen Kinos
– ein Film, der das Herz auf dem rechten Fleck trägt und
dabei eine seltene Mischung aus metaphysischer Leichtigkeit und sozialer
Beobachtung wagt. Ansari, der sich in seinen bisherigen Arbeiten –
etwa in der Serie Master of None – als kluger Beobachter moderner
Lebenswelten erwiesen hat, inszeniert hier eine moderne Fabel, die
das klassische Motiv von „Ist das Leben nicht schön?“
in die Gegenwart des Gig-Economy-Zeitalters überträgt. Im
Zentrum steht der Engel Gabriel, gespielt von einem sichtlich spielfreudigen
Keanu Reeves. Gabriel ist ein Himmelsbote der niederen Ränge
– zuständig für „Texting und Driving“,
jene Schutzaufgabe, die Autofahrern im letzten Moment das Leben rettet.
Dass Reeves’ sanfte Aura und seine natürliche Freundlichkeit
perfekt zu dieser Rolle passen, versteht sich fast von selbst. Er
verkörpert einen Engel, der weniger himmlisch als zutiefst menschlich
erscheint – eine Figur, die zwischen Empathie und Ratlosigkeit
pendelt, zwischen Pflichtbewusstsein und neugieriger Faszination für
das Leben auf der Erde.
Gabriel
wird auf den jungen Arj (Aziz Ansari) aufmerksam, einen Mann am Rand
der Gesellschaft, der mit drei Jobs jongliert und dennoch im Auto
schläft. Als Lieferant, Hilfsarbeiter und Tagelöhner kämpft
er in einer Welt, in der Anstrengung längst keine Sicherheit
mehr garantiert. Der Film entfaltet seine soziale Dimension mit leichtem,
manchmal melancholischem Humor: Es geht um die Unsichtbaren der modernen
Wohlstandsgesellschaft, um jene, die in den Schatten des digitalen
Kapitalismus überleben. Als Gabriel eingreift, weil er fürchtet,
Arj könne an seiner Aussichtslosigkeit zerbrechen, nimmt das
Geschehen eine surreale Wendung. Der Engel vertauscht die Rollen:
Der Reiche wird arm, der Arme reich. Ansari spielt dieses Motiv nicht
als plumpe Moralgeschichte, sondern als emotional-intelligentes Gedankenspiel
über Privilegien, Identität und die Illusion, dass Wohlstand
gleichbedeutend mit Glück sei. Dabei gelingt ihm der Spagat zwischen
romantischer Komödie, Sozialdrama und spiritueller Fabel.
Formal
bleibt „Good Fortune“ ein klassisch erzähltes Feelgood-Märchen,
doch in seinem Kern verbirgt sich eine erstaunliche Schärfe.
Die Kamera von Tim Kuhn begleitet die Figuren in einer fast dokumentarischen
Intimität – hektische Großstadtlichter, kleine Wohnungen,
die Enge eines Autos, das zum Zuhause wird. Diese visuelle Nähe
schafft eine emotionale Unmittelbarkeit, die den Zuschauer in die
Lebensrealität der Figuren hineinzieht. Zugleich kontrastiert
sie mit den überirdischen Szenen, in denen der Himmel als Bürokratie
voller Hierarchien erscheint – eine himmlische Parodie auf die
irdische Arbeitswelt. Der Film lebt von seinen Darstellern, und hier
überstrahlt Keanu Reeves das Ensemble mit jener Mischung aus
Zurückhaltung und Präsenz, die ihn seit Jahrzehnten zu einem
der faszinierendsten Schauspieler Hollywoods macht. Sein Gabriel ist
nicht nur der Engel des Protagonisten, sondern auch der Engel des
Zuschauers – ein Verkörperer stiller Güte in einer
zynischen Welt. Neben ihm glänzen Seth Rogen als überheblicher
Kapitalist, der Demut lernen muss, und Keke Palmer als kämpferische
Gewerkschafterin mit klarer Haltung. Ansari selbst spielt gewohnt
charmant, doch bleibt er in der Rolle des Suchenden eher stiller Resonanzraum
für die größeren Themen.
Im
letzten Drittel verliert „Good Fortune“ etwas an erzählerischer
Präzision; der Schluss kommt zu rasch, zu versöhnlich. Doch
gerade in dieser Unvollkommenheit liegt eine gewisse Schönheit:
Der Film verweigert das große Pathos und entscheidet sich stattdessen
für die Sanftheit der Einsicht. Dass Engel und Menschen gleichermaßen
fehlbar sind, dass Glück sich nicht messen lässt –
das sind keine neuen Wahrheiten, aber selten werden sie so warmherzig
und aufrichtig vermittelt. Ansaris Film ist ein modernes Gleichnis
über Mitgefühl, getragen von einem tiefen Vertrauen in das
Gute im Menschen. In einer Zeit, in der Ironie oft den Ernst ersetzt
und Zynismus als Intelligenz gilt, wirkt „Good Fortune –
Ein ganz spezieller Schutzengel“ wie ein Gegenentwurf: ein Film,
der das Herz über den Verstand stellt, ohne ihn auszuschalten.
GOOD FORTUNE – EIN GANZ SPEZIELLER SCHUTZENGEL
Start:
16.10.25 | FSK 6
R: Aziz Ansari | D: Aziz Ansari, Seth Rogen, Keanu Reeves
USA 2025 | Leonine