Aubrey
Plaza und Margaret Qualley in einem queeren Detektiv-Film, mehr braucht
es nicht, um mich ins Kino zu locken. Mit „Honey Don’t“
präsentiert Ethan Coen nach „Drive Away Dolls“ jetzt
den zweiten Film seiner „Lesbian B-Movie Trilogy“ in Solo-Regiearbeit
– erneut gemeinsam mit seiner Frau und Co-Autorin Tricia Cooke.
Ein dritter Teil, „Go Beavers!“, ist bereits in Planung.
Ein
Todesfall erschüttert das kalifornische Bakersfield. Privatdetektivin
Honey O’Donahue (Margaret Qualley) beginnt zu ermitteln und
stößt auf eine mysteriöse Kirche, geleitet vom zwielichtigen
Pfarrer Drew Devlin (Chris Evans). Unterstützt wird sie von Polizistin
MG Falcone (Aubrey Plaza), mit der sie ein Verhältnis beginnt.
Im Laufe der Ermittlungen wird Honey mit immer mehr dubiosen Todesfällen,
einem Familien-Drama und ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert.
Die großen Stärken des Films liegen
definitiv in der Atmosphäre und der Ästhetik. Auch wenn
sich die Geschichte anhand von iPhones und der Erwähnung von
Corona klar in die Jetzt-Zeit einordnen lässt, wirkt der Film
eher, als würde er in den 80ern spielen, was mir optisch gut
gefällt. Retro-modisches Licht und Noir-Spannung verleihen ihm
einen eigenen Charme. Qualley trägt das Geschehen mit lässiger
Eleganz und einem ironischen Unterton und auch Chris Evans steuert
als schmieriger Prediger einige amüsante Momente bei, während
Aubrey Plaza durch ihr gewohnt trockenes Timing punktet.
Doch so stark Bildsprache und Darsteller auch
sind, so schwach erweist sich der tatsächliche Inhalt. Narrative
Zusammenhänge erschließen sich mir aufgrund zahlreicher
Tonalitätsbrüche nur sehr schwer… Grotesker Slapstick
trifft auf düstere Gewalt und Themen wie Missbrauch und häusliche
Gewalt. Die Handlung bleibt lose, Wendungen sind oft willkürlich
und irritierend und letztendlich bleibt das Gefühl, dass der
Film mehr von Stimmung und schrägen Ideen, als von einer stringenten
Erzählung lebt, was bei einem Kriminalfilm für mich keinerlei
Sinn ergibt. Statt Spannung aufzubauen, wirken die Twists wie spontane
Einfälle im Writers’ Room – kurzzeitig effektvoll,
aber ohne nachhaltige Konsequenzen für die Figuren. Dadurch verliert
der Film trotz seines ästhetischen Reizes an emotionalem Gewicht.
Und
als lesbische, der Gen Z zugehörige Person, muss ich an dieser
Stelle jetzt mal woke und offended sein: So ziemlich alle queeren
Frauen in „Honey Don’t“ und auch im Vorgänger
„Drive
Away Dolls“ sind in meinen Augen der Inbegriff davon, was
sich ein alter weißer Mann unter einer Lesbe vorstellt. Na klar
sitzt man sich beim ersten Date an der Bar gegenüber und fängt
nach drei gesprochenen Sätzen an, sich in der Öffentlichkeit
gegenseitig zu fingern. In einer Sportmannschaft, die vollständig
aus homosexuellen Teenager-Mädchen besteht, knutscht man halt
ganz normal im Kreis und wechselt alle 10 Minuten die Sexualpartnerin
im Uhrzeigersinn. Und natürlich ist die beste sexuelle Interaktion,
die eine lesbische Frau jemals hatte, sich mit der Silikon-Nachbildung
des Penis eines Senators selbst zu befriedigen. Ja, es sind B-Movies.
Und ja, beide Filme nehmen sich selbst nicht so ernst und sind offensichtlicherweise
satirisch angehaucht und trotzdem frage ich mich: Warum??? Was ist
der Mehrwert? Und ab welchem Punkt ist es vielleicht sogar Fetischisierung?
Gerade weil Coen und Cooke in Interviews betonen, ein Gegengewicht
zur heteronormativen Dominanz im Mainstreamkino schaffen zu wollen,
wirkt diese hypersexualisierte Darstellung umso widersprüchlicher.
Sichtbarkeit in diesem Bereich wird so dringend benötigt und
Satire kann empowern – hier wirkt sie aber eher wie ein Blick
von außen, der die Lebensrealität queerer Frauen karikiert,
statt sie ernsthaft zu reflektieren.
Nachdem
mich der erste Film der Trilogie nicht überzeugen konnte, jedoch
die Trailer zu „Honey Don’t“, der inhaltlich nicht
mit „Drive Away Dolls“ zusammenhängt, recht vielversprechend
aussahen, habe ich mich wirklich auf diesen hochkarätig besetzten
Film gefreut. Doch auch dieses Mal verließ ich den Kinosaal
enttäuscht. Die Mischung aus Retro-Noir-Ästhetik, prominentem
Cast und queerer Grundprämisse klingt auf dem Papier aufregend,
verliert sich aber in inkonsistenter Tonalität. Wer sich auf
ein atmosphärisches Kuriosum einlassen will, wird visuell belohnt
– doch wer einen spannenden Krimi mit glaubwürdigen Figuren
sucht, dürfte, so wie ich, ernüchtert aus dem Kino gehen.
Beim
Film- und Serien-Podcast „Der
Tele-Stammtisch“ habe ich „Honey Don’t“
außerdem gemeinsam mit Stu besprochen. Zum Podcast hier
klicken.
HONEY DON'T
Start:
11.09.25 | FSK 16
R: Ethan Coen | D: Margaret Qualley, Aubrey Plaza, Chris Evans
USA 2025 | Universal Pictures Germany