KINO
| 17.09.2025
LaCinetek
und die Kunst der kuratierten Filmkultur
LaCinetek
startet sein erstes Abo-Angebot in Deutschland und Österreich
und bleibt seiner Mission treu: Filme nicht massenhaft, sondern kuratiert
zu präsentieren. Ab dem 1. September prägt Maren Ade mit
ihrer Carte Blanche die Auswahl – und führt das Publikum
mitten hinein in den Dialog zwischen Filmgeschichte und Gegenwart.
von
Franziska Keil

© KOMPLIZEN FILM
Seit
diesem Jahr bietet LaCinetek,
die von renommierten europäischen Filmemacher:innen gegründete
Online-Filmplattform, erstmals ein Abo-Modell auch für Deutschland
und Österreich an. Für 4,99 € im Monat erhalten die
Abonnent:innen Zugang zu rund 40 Filmen, die in regelmäßig
wechselnden, redaktionell sorgfältig aufbereiteten Rubriken präsentiert
werden. Dieses Modell ist mehr als nur ein weiterer Streaming-Dienst
in der unüberschaubaren Landschaft digitaler Filmangebote: Es
ist eine dezidierte Gegenbewegung zu algorithmischer Beliebigkeit
und Massenware, eine Schule des Sehens, die das Kino als kulturelles
Gedächtnis und ästhetisches Experiment neu ins Bewusstsein
rückt. Während große Streaming-Anbieter oft durch
Überfülle und unpersönliche Empfehlungslogik auffallen,
setzt LaCinetek auf die Autorität derjenigen, die Kino selbst
gestalten: international renommierte Regisseur:innen. Die Filme werden
nicht anonym sortiert, sondern erscheinen im Kontext klar umrissener
Rubriken: von der vierteljährlichen Retrospektive über die
Rubrik Hidden Treasures, die vergessenen Schätze des europäischen
Kinos wiederentdeckt, bis hin zu 3X, das die Handschrift einzelner
Filmschaffender in drei exemplarischen Werken aufblättert. Jede
Auswahl ist nicht nur Sammlung, sondern zugleich Kommentar, Einordnung,
Einladung zum Weiterdenken. Besondere Aufmerksamkeit verdient die
Rubrik Carte Blanche, in der eine:r der teilnehmenden Regisseur:innen
eine ganz persönliche Auswahl trifft. Ab dem 1. September liegt
diese Carte Blanche in den Händen von Maren Ade, einer der bedeutendsten
Stimmen des zeitgenössischen deutschen Kinos. Spätestens
seit „Toni Erdmann“ (2016) international gefeiert, steht
Ade für eine Erzählweise, die Intimität und Abgründigkeit,
Komik und Tragik miteinander verwebt – eine Handschrift, die
gleichermaßen präzise beobachtet wie emphatisch wirkt.

© CINE-TAMARIS 1965
Ihre
Auswahl für LaCinetek ist daher nicht bloß ein Blick zurück
in die Filmgeschichte, sondern auch ein Resonanzraum für ihr
eigenes Schaffen. Welche Filme Ade auswählt, lässt Rückschlüsse
darauf zu, welche Traditionen, welche formalen Experimente und welche
Erzählhaltungen sie geprägt haben. Damit macht LaCinetek
nicht nur Filme zugänglich, sondern eröffnet zugleich einen
Dialog zwischen Generationen von Regisseur:innen, zwischen Vergangenheit
und Gegenwart des Kinos. LaCinetek verweigert sich der Vorstellung,
Kino sei lediglich ein Konsumprodukt. Jede Rubrik ist redaktionell
aufbereitet, mit Kontextualisierungen, Essays, Interviews und Analysen
versehen. Diese Form der Vermittlung schlägt eine Brücke
zwischen cinephiler Leidenschaft und intellektueller Reflexion. Wer
sich auf die Filme einlässt, tritt in ein Gespräch ein –
nicht nur mit den Werken selbst, sondern auch mit jenen, die sie ausgewählt
und kommentiert haben. Im Abo verschmelzen die Rubriken zu einer Art
„lebendigem Filmseminar“, das weniger belehrt als inspiriert.
Ob eine konzentrierte Mini-Retrospektive, das filmhistorische „Fenster“
in ein Genre oder der monatliche Einzel-Film als Schwerpunkt –
immer geht es um die Möglichkeit, Kino im Kontext zu begreifen,
Zusammenhänge zu sehen und ästhetische Linien zu verfolgen.
In einer Zeit, in der Streaming oft mit Überdruss und Orientierungslosigkeit
einhergeht, bietet LaCinetek ein Gegengift: die Verlangsamung, die
Fokussierung, die Wertschätzung. Die Auswahl von rund 40 Filmen
mag auf den ersten Blick begrenzt wirken, doch gerade diese Begrenzung
verleiht der Sichtung Intensität. Jeder Film ist bewusst gesetzt,
jede Rubrik ein kuratorischer Kommentar. Dass das Abo-Angebot das
Ausleihen weiterer Filme aus dem über 900 Titel umfassenden Katalog
nicht ausschließt, verstärkt die Attraktivität: Das
monatliche Programm ist ein Tor, nicht ein Käfig.

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