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KINO | 30.07.2025

TOGETHER - UNZERTRENNLICH

Was hält zwei Menschen wirklich zusammen? Liebe, Gewohnheit, Angst – oder etwas viel Dunkleres, Unausgesprochenes? „Together – Unzertrennlich“ geht dieser Frage auf eine radikale, verstörende und zugleich überraschend zärtliche Weise nach. Das Spielfilmdebüt von Regisseur Michael Shanks, welches auf den ersten Blick wie ein intimes Beziehungsdrama wirkt, entpuppt sich schnell als albtraumhafte Reise in die Abgründe emotionaler Abhängigkeit.

von Laura Sternberg


© NEON / Germain McMicking

Millie (Alison Brie) und Tim (Dave Franco) sind seit vielen Jahren ein Paar. Als sie von New York in ein abgelegenes Haus aufs Land ziehen, verlassen sie alles Vertraute – außer einander. Der Neuanfang, so hoffen beide, soll die Beziehung retten. Beim Erkunden des umliegenden Waldes, werden sie von einem Unwetter überrascht und sind gezwungen, die Nacht in einer unheimlichen Höhle zu verbringen. Am nächsten Morgen bemerken sie erste irritierende Veränderungen an sich. Panisch versuchen die beiden, die beginnende körperliche Transformation aufzuhalten, doch sobald sie sich voneinander entfernen, beginnen sie physisch und psychisch zu degenerieren.

Was sich wie ein klassisches Body-Horror-Motiv anhört – die Verwandlung des Körpers als Ausdruck innerer Konflikte – ist in dieser Verfilmung gleichzeitig surreal, komisch und erschütternd tragisch. Die Metapher ist deutlich: Die Beziehung der beiden ist toxisch, aber auch symbiotisch. Ihr Leid erwächst aus der Unfähigkeit, loszulassen, aber ebenso aus der Angst, allein zurückzubleiben. Die große Stärke des Films liegt in der audio-visuellen Umsetzung dieser Dynamik. Der Körperhorror ist weder effekthascherisch noch überzogen, sondern sorgfältig komponiert: das Aneinanderhaften von Haut, das Knacken von Gelenken beim Versuch, sich zu entfernen, das Zucken und Pulsieren gemeinsamer Wunden – alles wirkt wie eine poetisch-groteske Darstellung emotionaler Schmerzen, für die keine Worte mehr gefunden werden können.

Geräusche wie das feuchte Schmatzen von Fleisch, unterdrücktes Atmen oder das fast unhörbare Vibrieren einer angespannten Sehne werden so intensiv inszeniert, dass man als Zuschauer beinahe körperlich mitleidet. Der zurückhaltende, dissonant schwebende Score verstärkt dieses Gefühl des Ausgeliefertseins. Dabei verzichtet der Film auf musikalische Überdramatisierung – stattdessen wird Klang hier zur subtilen Verstärkung der inneren Zerrissenheit.


© NEON / Germain McMicking

Symbolisch bleibt der Film ambivalent. Die mysteriöse Höhle, magisches Wasser und ein Kult, der vage angedeutet wird – all dies bleibt im Hintergrund, als ob Shanks sagen wolle: Es ist egal, woher dieser Fluch kommt. Es ist entscheidend, was er sichtbar macht. Der eigentliche Horror spielt sich nicht unter der Erde ab, sondern zwischen zwei Menschen, die sich einst geliebt haben und nun nicht mehr wissen, wie sie ohne einander (über-)leben sollen.

„Together – Unzertrennlich“ ist ein eindrucksvolles Debüt, das psychologisches Beziehungsdrama mit Body-Horror auf ungewöhnlich sensible Weise verknüpft. Michael Shanks erzählt keine klassische Horrorgeschichte, sondern seziert die emotionale Abhängigkeit zweier Menschen, die nicht mehr miteinander, aber auch nicht ohne einander existieren können. Der Film bleibt nicht an der Oberfläche seiner verstörenden Bilder, sondern nutzt sie, um tieferliegende, universelle Ängste sichtbar zu machen – die Angst vor dem Alleinsein, vor dem Verlassenwerden, vor dem Auflösen der eigenen Identität im Anderen. Überschattet wird dieser Erfolg allerdings von Plagiatsvorwürfen. „Together“ hat inhaltliche Ähnlichkeiten zum Indie Film „Better Half“, welcher 2023 veröffentlicht wurde. In diesem geht es ebenfalls um einen Mann und eine Frau, die nach einem One-Night-Stand körperlich miteinander verschmelzen. StudioFest, die Produktionsfirma hinter „Better Half“, hat deshalb Klage eingereicht. Angeblich haben Alison Brie und Dave Franco, welche auch im echten Leben ein Paar sind, im Jahr 2020 einen Pitch für „Better Half“ erhalten, der jedoch von der Agentur der beiden abgelehnt wurde. Michael Shanks verteidigt sich und bringt an, dass er sein Skript zu „Together“ bereits 2019 erstmals registriert habe, bevor dieser Pitch überhaupt stattfand. Für das Publikum wirft der Fall eine unangenehme Frage auf: Wie sehr kann man ein Werk noch genießen, wenn sein Ursprung moralisch zweifelhaft erscheint?


TOGETHER - UNZERTRENNLICH

Start: 31.07.25 | FSK 16
R: Michael Shanks | D: Dave Franco, Alison Brie, Damon Herriman
USA, Australien 2025 | Leonine


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