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ALBUM | 10.12.2025

Armin van Buuren - PIANO

Mit PIANO legt Armin van Buuren ein radikal reduziertes Werk vor, das seine elektronische Ästhetik auf ihren melodischen Kern zurückführt. Das Album eröffnet einen spannenden Blick auf Emotion, Form und Zeitlichkeit jenseits clubkultureller Logiken. Es ist stilles, aber gewichtetes Reifestatement eines Künstlers, dessen kompositorische Handschrift nun in purer Form hörbar wird.

von Tatjana Malinin


© Bart Heemskerk

Mit PIANO, erschienen am 31. Oktober, vollzieht Armin van Buuren einen ebenso überraschenden wie konsequenten Schritt innerhalb seines künstlerischen Œuvres. Der weltweit als einer der prägenden Architekten der elektronischen Tanzmusik bekannte Niederländer legt mit diesem Album ein Werk vor, das sich bewusst von Clubkontexten, Drops und BPM-Logiken löst und stattdessen auf Reduktion, Intimität und klangliche Konzentration setzt. PIANO ist weniger Stilbruch als Offenlegung eines Kerns, der Armin van Buurens Musik stets innewohnte: die Suche nach emotionaler Klarheit. Im Zentrum des Albums steht – dem Titel entsprechend – das Klavier als primäres Ausdrucksmittel. Van Buuren nutzt es nicht virtuos im klassischen Sinne, sondern als erzählerisches Instrument. Die Kompositionen entfalten sich in klar strukturierten Motiven, die zwischen Minimalismus und lyrischer Weite oszillieren. Harmonisch bewegt sich das Album häufig in modal gefärbten Tonräumen, die Melancholie und Ruhe evozieren, ohne je in Sentimentalität abzugleiten. Pausen, Nachklänge und das bewusste Ausspielen von Stille sind integraler Bestandteil der Dramaturgie – ein Ansatz, der bemerkenswert souverän wirkt. PIANO zeigt eine hohe Sensibilität für Spannungsverläufe jenseits elektronischer Eskalation. Van Buuren arbeitet mit subtilen Variationen, Wiederholungen und mikrotonalen Verschiebungen, die den Stücken eine organische Entwicklung verleihen. Wo in seiner elektronischen Arbeit Filterfahrten, Arpeggios und Build-ups emotionale Höhepunkte erzeugen, übernehmen hier Dynamik, Anschlagsnuancen und harmonische Verdichtungen diese Funktion. Das Ergebnis ist eine Musik, die nicht antreibt, sondern innehält – und gerade dadurch eine nachhaltige Wirkung entfaltet.


© Bart Heemskerk

Rückblickend auf Armin van Buurens bisheriges Werk erscheint PIANO fast wie ein Spiegelbild seiner Karriere. Seit den späten 1990er-Jahren hat er den Trance-Sound maßgeblich geprägt, ihn in den 2000ern zur globalen Marke gemacht und später immer wieder geöffnet: für Pop-Strukturen, Vokalästhetiken und genreübergreifende Kollaborationen. Alben wie 76, IMAGINE oder INTENSE waren stets auch emotionale Selbstverortungen innerhalb eines sich wandelnden elektronischen Kosmos. PIANO führt diese Linie weiter, indem es das Emotionale vom Technischen entkoppelt. Bemerkenswert ist dabei, wie wenig das Album als Nebenprojekt wirkt. Piano hat keine demonstrative Abkehr vom Clubformat nötig; es behauptet sich aus sich selbst heraus. Gerade Kenner von van Buurens Diskografie werden vertraute melodische Handschriften wiedererkennen: jene bittersüßen Progressionen, die schon seine größten Trance-Hymnen getragen haben, nun jedoch entkleidet von Rhythmus und Produktionsglanz. In dieser Reduktion offenbart sich die kompositorische Substanz seines Schaffens. Auch kulturgeschichtlich lässt sich Piano lesen als Statement eines Künstlers, der nach Jahrzehnten maximaler Öffentlichkeit den Wert der Verlangsamung entdeckt. In einer Zeit permanenter Beschleunigung und algorithmischer Optimierung wirkt dieses Album wie eine bewusste Gegenbewegung. Es richtet sich weniger an die ekstatische Masse als an den einzelnen Hörer – an jene Momente des Alleinseins, der Reflexion und des inneren Nachklangs. So ist PIANO nicht nur ein gelungenes Album, sondern ein Reifezeichen. Armin van Buuren beweist, dass künstlerische Autorität nicht aus Lautstärke oder Reichweite entsteht, sondern aus der Fähigkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dieses Werk fügt seiner Karriere keine neue Maske hinzu, sondern legt sie ab – und genau darin liegt seine stille Größe.

ARMIN VAN BUUREN – PIANO
Music on CD (H'Art) | 31.10.2025


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