Am
22. August 2025 erscheint Kaitlyn Aurelia Smiths neues Album GUSH
– ein Werk, das den Anspruch erhebt, Musik nicht nur als klangliches
Erlebnis, sondern als ästhetische Lebenshaltung zu begreifen.
Wo viele zeitgenössische Produktionen nach Effekt heischen, sucht
Smith das Leise, das kaum Beachtete – und erhebt es in eine
Sphäre poetischer Strahlkraft. Smiths Musik ist stets mehr als
bloßes Arrangement elektronischer Texturen. In GUSH erscheint
sie wie eine moderne Variation romantischer Naturphilosophie: Die
Komponistin entdeckt das Erhabene nicht in monumentalen Gesten, sondern
im unscheinbaren Detail, das durch ihre modulare Klangarchitektur
zu leuchten beginnt. So verwandelt sie Alltägliches in eine Art
klingende Epiphanie – vergleichbar mit Paul Celans dichterischem
Blick auf das „Blinde und Geringe“, das in der Kunst zur
Offenbarung wird. Das Album folgt einer subtilen Dramaturgie, die
von kontemplativer Zartheit zu eruptiven Momenten reicht. Der eröffnende
Track „Drip“ tastet sich vorsichtig voran, als müsse
der Hörer zunächst für die Feinheiten sensibilisiert
werden, bevor sich die schillernden Arpeggien entfalten. „Urges“
konfrontiert uns mit einem metallisch pulsierenden Rhythmus, über
dem Smiths Stimme wie ein körperloses Echo schwebt – eine
musikalische Metapher für den Widerstreit zwischen Trieb und
Kontrolle. Besonders eindrucksvoll wirkt „What’s Between
Us“, das mit brüchigen Stop-and-Go-Strukturen das fragile
Geflecht von Nähe und Distanz hörbar macht. Der Höhepunkt
findet sich in „Both“: Hier verdichten sich modulare Schichtungen
und vokale Fragmente zu einem prismatischen Sog, der an die polyphone
Farbigkeit eines Kandinsky-Gemäldes erinnert. Was folgt, ist
ein bewusstes Ausatmen – die abschließenden Stücke
„Lay Down“ und „In the Dressing Room“ wirken
wie offene Enden, die eher Nachklang als Schluss formulieren. Verglichen
mit LET’S TURN IT INTO SOUND (2022) wirkt GUSH rhythmisch geordneter,
weniger polyrhythmisch verschachtelt. Doch diese neue Klarheit ist
keine Vereinfachung, sondern eine Verfeinerung. Smiths Musik bleibt
intellektuell fordernd, aber zugleich unmittelbarer – sie öffnet
sich dem Hörer, ohne ihre hermetische Tiefe aufzugeben. Dieses
Spannungsverhältnis zwischen Abstraktion und Zugänglichkeit
ist es, das ihr Werk über die Sphäre experimenteller Elektronik
hinaus ins kulturelle Feuilleton katapultiert. Mit GUSH beweist Kaitlyn
Aurelia Smith, dass elektronische Musik heute dort am lebendigsten
ist, wo sie nicht auf Lautstärke und Spektakel setzt, sondern
auf Aufmerksamkeit und Resonanz. Ihr Album ist eine Schule des Hörens,
eine Feier des unscheinbaren Moments, der im rechten Licht –
oder im rechten Klang – zur metaphysischen Erfahrung wird. Es
ist ein Werk, das nicht nur Musikliebhaber, sondern auch Philosophen,
Literaten und Kunsthistoriker fesseln dürfte.