Der
Architekt Michele De Lucchi ist ein Idealist seiner Profession –
in seinen Gebäuden manifestiert er einen unkaputtbaren Glauben
an das Gute im Menschen. Mittlerweile ist er gezwungen, kunstlose
Wolkenkratzer zu entwerfen. Dabei ist die aus Beton gegossene Architektur
nicht nur hässlich und umweltverschmutzend. Ihre Lebensdauer
beträgt im Durchschnitt auch nicht mehr als 40 Jahre.
In
seinem Dokumentarfilm geht der Filmemacher Victor Kossakovsky der
Frage auf den Grund, wie die Menschen in der Zukunft leben wollen.
Dabei bezieht er Faktoren wie Ressourcenknappheit und eine Population
von neun Milliarden Menschen auf der Welt in seine Vision mit ein.
Bei einem internationalen Architekturwettbewerb für ein gigantisches
Bauprojekt zeigen führende Architekten und Nachwuchstalente,
wie sie sich die Zukunft vorstellen und was für Chancen diese
bietet.
Victor Kossakovskys Dokumentarfilm „Architecton“
ist weit mehr als eine bloße Abhandlung über Architektur.
Er ist eine visuelle Symphonie, eine philosophische Meditation über
die Vergänglichkeit menschlicher Schöpfungen und ein poetisches
Requiem für die architektonischen Träume vergangener Zivilisationen.
Der Film, der nun für das Heimkino verfügbar ist, entfaltet
seine Wirkung durch eine einzigartige Kombination aus atemberaubenden
Bildern, tiefgründigen Reflexionen und einer subtilen, aber eindringlichen
Erzählweise. Kossakovsky nimmt den Zuschauer mit auf eine visuelle
Odyssee, die von antiken Ruinen bis zu modernen Bauwerken reicht.
Die Kamera gleitet über zerfallende Tempel, majestätische
Kathedralen und gesichtslose Betonbauten und fängt dabei die
Schönheit und den Schrecken der Architektur in all ihren Facetten
ein. Die Bilder sind von einer solchen Intensität, dass sie den
Zuschauer in einen tranceartigen Zustand versetzen. Kossakovsky bedient
sich dabei einer minimalistischen Ästhetik, die den Fokus auf
die Formen und Strukturen der Gebäude lenkt. Die Architektur
wird so zu einem Spiegelbild der menschlichen Seele, ein Ausdruck
von Sehnsucht, Macht und Vergänglichkeit. „Architecton“
ist nicht nur ein Film über Architektur, sondern auch ein Film
über die menschliche Existenz.
Kossakovsky
nutzt die Architektur als Metapher, um über die großen
Fragen des Lebens nachzudenken: über Zeit, Vergänglichkeit,
Schöpfung und Zerstörung. Die Ruinen vergangener Zivilisationen
werden zu Mahnmalen für die Hybris des Menschen, der glaubt,
seine Werke seien unvergänglich. Die modernen Betonbauten hingegen
symbolisieren die Anonymität und Entfremdung des urbanen Lebens.
Der Architekt Michele De Lucchi, der als eine Art Reiseführer
durch den Film führt, verkörpert die ambivalente Rolle des
Architekten. Er ist sowohl Schöpfer als auch Zerstörer,
sowohl Träumer als auch Realist. Er ist sich der Verantwortung
bewusst, die er für die Gestaltung der Umwelt trägt, aber
auch der Grenzen seiner Macht. De Lucchi reflektiert über die
ethischen Dilemmata des Bauens und die Notwendigkeit, nachhaltige
Lösungen zu finden. Die Musik von Evgueni Galperine, die von
subtilen Klängen bis zu majestätischen Orchesterwerken reicht,
bildet den emotionalen Anker des Films. Sie verstärkt die Wirkung
der Bilder und verleiht den Reflexionen eine zusätzliche Tiefe.
Die Musik ist dabei nicht nur Begleitung, sondern ein integraler Bestandteil
der Erzählung.
„Architecton“ ist ein sehenswertes
Meisterwerk der Dokumentarfilmkunst, das den Zuschauer zum Nachdenken
anregt und die Wahrnehmung der Welt um uns herum verändert. Kossakovsky
gelingt es, ein komplexes Thema auf eine poetische und zugängliche
Weise zu präsentieren, die sowohl fasziniert, als auch begeistert.
Der Film ist ein Muss für alle, die sich für Architektur,
Philosophie und die großen Fragen des Lebens interessieren.
Die Heimkino-Veröffentlichung bietet nun die Möglichkeit,
dieses Meisterwerk in den eigenen vier Wänden zu erleben und
die subtilen Botschaften des Films in Ruhe zu entschlüsseln.
ARCHITECTON
ET:
27.02.25: DVD und VoD | FSK 16
R: Victor Kossakovsky | Dokumentarfilm
Deutschland, Frankreich 2024 | EuroVideo