DVD & BLU-RAY | 23.01.2025

TREASURE
Familie ist ein fremdes Land

Kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs reist die New Yorker Musik-Journalistin Ruth Rothwax in Begleitung ihres Vaters Edek nach Polen, um dem Vermächtnis ihrer jüdischen Familie auf den Grund zu gehen. Für Edek, einen Holocaust-Überlebenden, ist es die erste Reise zurück zu den Orten seiner Kindheit.

von Franziska Keil


© Alamode Film

Julia von Heinz' Tragikomödie „Treasure – Familie ist ein fremdes Land", basierend auf Lily Bretts Roman "Too Many Men", nimmt den Zuschauer mit auf eine emotionale Reise nach Polen. Im Zentrum steht die Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Vater, die sich mit den Traumata des Holocaust und den Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen auseinandersetzen. Der Film, der im Herbst 2024 in die deutschen Kinos kam, wirft wichtige Fragen auf, hinterlässt aber auch einen zwiespältigen Eindruck. Die Handlung setzt im New York des Jahres 1991 ein. Ruth Rowax (Lena Dunham), eine neurotische Journalistin, begleitet ihren Vater Edek (Stephen Fry), einen Holocaust-Überlebenden, in sein Geburtsland Polen. Edek, der nach dem Tod seiner Frau Witwer ist, kehrt widerwillig an die Orte seiner Kindheit zurück, während Ruth hofft, durch diese Reise eine tiefere Verbindung zu ihrem Vater und ihrer Familiengeschichte aufzubauen. Die Reise wird zu einer doppelten Spurensuche: Edek konfrontiert sich mit den Erinnerungen an seine verlorene Familie und die Gräueltaten des Holocaust, während Ruth versucht, die Lücken in ihrer eigenen Identität zu füllen.

Der Film lebt von der Dynamik zwischen Dunham und Fry. Dunham verkörpert die neurotische und oft unsichere Ruth mit einer gewissen Verletzlichkeit, während Fry den distanzierten und von der Vergangenheit gezeichneten Edek mit subtiler Intensität spielt. Das Zusammenspiel der beiden ist authentisch und berührend, auch wenn die Dialoge manchmal etwas konstruiert wirken. Die unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden Charaktere an die Vergangenheit – Ruths Suche nach emotionaler Nähe und Edeks Wunsch nach Distanz – bilden den Kern des Films. Die Kulisse des Polens der frühen 1990er Jahre, kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, trägt zur Atmosphäre des Films bei. Die Bilder von einer sich verändernden Gesellschaft, die noch immer von den Narben der Vergangenheit gezeichnet ist, sind eindrücklich. Der Film vermeidet es jedoch weitgehend, sich tiefergehend mit der polnischen Geschichte und Kultur auseinanderzusetzen. Polen dient primär als Bühne für die Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter.


© Alamode Film

Lena Dunham erlangte Bekanntheit durch ihre Serie "Girls", in der sie nicht nur die Hauptrolle spielte, sondern auch als Drehbuchautorin und Regisseurin fungierte. Ihr Werk zeichnet sich oft durch eine ehrliche und ungeschönte Darstellung von weiblicher Identität, Neurosen und zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Dunham scheut sich nicht, Tabuthemen anzusprechen und komplexe Charaktere zu verkörpern. Auch in "Treasure" verkörpert sie eine vielschichtige Figur, die mit ihren eigenen Dämonen kämpft. Ihre Darstellung ist authentisch und nachvollziehbar, auch wenn Ruths Neurosen manchmal etwas überzeichnet wirken.

"Treasure" berührt wichtige Themen wie die transgenerationale Weitergabe von Traumata und die Suche nach Identität. Der Film vermeidet es jedoch, allzu tief in die Materie einzutauchen. Die Handlung plätschert stellenweise dahin, und die emotionale Tiefe bleibt manchmal hinter den Erwartungen zurück. Auch die Inszenierung wirkt eher konventionell und wenig experimentell. Der Film konzentriert sich stark auf die Beziehung zwischen Vater und Tochter, wodurch andere Aspekte, wie die Auseinandersetzung mit der polnischen Geschichte, etwas vernachlässigt werden. "Treasure – Familie ist ein fremdes Land" ist ein sehenswerter Film, der mit starken schauspielerischen Leistungen und einer berührenden Geschichte punktet. Er wirft wichtige Fragen auf, ohne jedoch immer befriedigende Antworten zu liefern. Der Film ist ein guter Einstieg in die Thematik der transgenerationalen Traumata, bleibt aber in seiner filmischen Umsetzung und der Tiefe der Auseinandersetzung mit dem Thema hinter seinem Potenzial zurück.


TREASURE

ET: 10.01.25: Digital / 23.01.25: DVD und Blu-ray | FSK 12
R: Julia von Heinz | D: Lena Dunham, Stephen Fry, Zbigniew Zamachowski
Frankreich, Deutschland, Polen, USA 2024 | Alamode Film


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