Maryam
ist eine Ärztin in einer kleinen Stadt in Saudi-Arabien. Trotz
ihrer exzellenten Fähigkeiten muss sie sich jeden Tag aufs Neue
den Respekt der Mitarbeiter und der Patienten erkämpfen. Wütend
macht Maryam vor allem der Zustand der Straße vor der Klinik.
Weil die Stadt die Zufahrt nicht asphaltiert, bleiben die Patienten
regelmäßig im Schlamm stecken.
Dr.
Maryam (Mila Al Zahrani) arbeitet als Ärztin in einem Krankenhaus
einer Kleinstadt in der saudi-arabischen Provinz Riyadh. Allerdings
wird es dort zunehmend schwerer die Patienten zu behandeln –
und zwar nicht in erster Linie, weil sich immer wieder männliche
Patienten weigern, sich von einer weiblichen Ärztin untersuchen
zu lassen, sondern vor allem, weil die Zufahrt zum Krankenhaus aus
einem Sandweg besteht, der bei Regen so matschig wird, dass ihn die
Krankenwagen nicht mehr passieren können, ohne feststecken zu
bleiben. Als Maryam eine medizinische Konferenz in Dubai besuchen
will, wird sie am Flughafen nicht in den Flieger gelassen, weil man
dazu die Unterschrift eines männlichen Vormundes braucht. Da
ihr Vater, ein Musiker, gerade auf Tour ist, wendet sich Maryam an
ihren politisch aktiven Cousin Rashid (Ahmad Alsulaimy), der gerade
zufällig nach Kandidaten für das Amt des Gemeinderat-Vorstands
sucht. Maryam beschließt kurzerhand, selbst für das Amt
zu kandidieren, schließlich könnte sie dann auch endlich
etwas an der matschigen Zufahrt zum Krankenhaus ändern. Aber
natürlich gibt es da eine Menge Widerstände in dem Land,
in dem Frauen überhaupt erst seit 2018 an das Steuer eines Autos
dürfen…
„Die
perfekte Kandidatin“ von Regisseurin Haifaa Al Mansour, der
nun auf DVD, Blu-ray und als VoD erscheint, ist ein sehr interessanter
Film, der eine gelungene Balance zwischen Komödie und Drama findet.
Der Film bietet spannende Einblicke in eine abgeschlossene Gesellschaft
im Wandel und kommt weitgehend ohne erhobenen Zeigefinger aus, was
sehr erfrischend und erfreulich ist. Wie so oft sind die wahren Heldinnen
und Helden des Alltags eher zufällig in diese Stellung hineingeraten.
So auch die Maryam, die eher zufällig Kandidatin wird. Setzt
sie sich zunächst nur für eine bessere Straße zum
Krankenhaus ein, wird ihre Kandidatur schnell zu einem Politikum.
Sie ist die erste Frau, die sich für ein öffentliches Amt
bewirbt. Das Unmögliche ist auf einmal möglich geworden
in einem Land, in welchen Frauen bis vor kurzer Zeit nicht einmal
Auto fahren durften. Aber wo man jetzt lautstarkes Ideologiekino erwarten
würde, schlägt der Film leise Töne an und beobachtet.
Er beobachtet die Reaktionen der Männer auf die Kandidatur von
Maryam und seziert so erbarmungslos eine erstarrte Gesellschaft, die
sich vielerorts gegen Wandel sträubt. Es sind die kleinen Momente
in „Die perfekte Kandidatin“, in denen der Film und die
Titelheldin ihre gesamte Kraft entfalten. Wenn etwa Maryam zusammen
mit ihrer Schwester mehr oder weniger unbeholfen YouTube-Videos für
ihren Wahlkampf erstellt. Das ist rührend, komisch und vermittelt
zugleich mit leisen Tönen einen Einblick in Familienstrukturen,
die sich gar nicht so sehr von denen bei uns unterscheiden. Die Regisseurin
versteht es sehr gut eine abgeschottete Gesellschaft mittels absurder
Situationen zu skizzieren. Etwa wenn sie auf ihrer eigenen Wahlkampfveranstaltung
nicht anwesend sein darf aufgrund der in Saudi-Arabien vorherrschenden
Geschlechtertrennung. Die Welt ist nur selten Schwarz-Weiß.
So auch in Saudi-Arabien. Das Land unterliegt einem starken gesellschaftlichen
Wandel. „Die perfekte Kandidatin“ ist ein interessanter
und spannender Film, der neue Perspektiven und Einblicke vermittelt.
DIE
PERFEKTE KANDIDATIN
Deutschland,
Saudi-Arabien 2019 | Neue Visionen Medien GmbH | VÖ:
24. September 2020 (FSK 0) R: Haifaa Al Mansour | D: Mila
Alzahrani, Dae Al Hilali, Nourah Al Awad