DVD & BLU-RAY | 28.10.2020

LOVECUT

Ben steht mit einem Bein im Jugendknast, als er Luka kennenlernt, die freiheitsliebende Aufreißerin, die einen Scheiß auf Gefühle gibt. Ihre Freundin Momo wiederum ist eine hoffnungslose Romantikerin und verliebt sich über Skype in den lässigen Alex, der ihr aber verschweigt, dass er im Rollstuhl sitzt und nicht genau weiß, ob er trotzdem Sex haben kann. Damit haben wiederum Jakob und Anna gar kein Problem, denn sie haben Privatpornos und Online-Sex als lukrative Einnahmequelle entdeckt. Dummerweise ist Anna erst sechzehn.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Silverio Films

Luka (Lou von Schrader) ist ein richtiger Wildfang, sie will einfach nur frei sein und schenkt den Gefühlen anderer keine Bedeutung. Als sie auf Ben (Max Kuess) trifft, ist das anders – doch der sitzt eigentlich schon so gut wie im Jugendknast. Lukas Freundin Momo (Melissa Irowa) ist das komplette Gegenteil von ihr. Per Videochat hat sie sich in Alex (Valentin Gruber) verliebt, der ihr aber verschweigt, dass er im Rollstuhl sitzt und nicht genau weiß, ob und wie er trotz dessen Sex haben kann. Mit solchen Problemen müssen sich Jakob (Kerem Abdelhamed) und Anna (Sara Toth) nicht rumschlagen. Die beiden drehen private Pornos und haben online Sex vor anderen. Damit haben sie eine lukrative Einnahmequelle ausgemacht. Wenn Anna nicht erst 16 wäre, wäre das auch gar kein Problem…

„Lovecut“ von Iliana Estañol und Johanna Lietha ist ein packendes Drama über jene prägende und wichtige Zeit im Leben eines Menschen, die von der Kindheit in das Erwachsenenalter führt. In dieser Zeit sucht man seinen Platz im Leben, versucht sich selbst zu finden, bricht aus bekannten Mustern aus und experimentiert. Das beinhaltet, dass man auch negative Erfahrungen macht, was häufig durchaus schmerzhaft sein kann. Inmitten einer immer komplexer werdenden Gefühlswelt muss man sich selbst behaupten und seinen Weg gehen in der Gesellschaft. Auch wenn diese Lebensphase bei jedem Menschen anders ausfällt, gibt es doch viele Gemeinsamkeiten und Erfahrungen, die sehr viele Menschen teilen.


© Silverio Films

Dieser Umstand macht diesen Film so interessant und so sehenswert. Für den Zuschauer besteht ein hoher emotionaler Wiedererkennungswert. In ihrem gelungenen Spielfilmdebüt erfinden Iliana Estañol und Johanna Lietha das Rad nicht neu in erzählerischer Hinsicht. Drei junge (vielleicht) Paare die sich und andere entdecken und nicht wirklich wissen worauf das alles hinauslaufen wird, hat man in der ein oder anderen Form mit Sicherheit schon im Kino gesehen. Das Besondere ist die Art und Weise wie dieses Thema in „Lovecut“ umgesetzt und inszeniert wurde. Der Film fokussiert sich sehr stark auf das Thema „Neue Medien“, die ambivalent in ihrer Wirkung dargestellt werden. Wie definieren sich Grenzen in einer digitalen Welt, in der alles erlaubt zu sein scheint? Was ist erlaubt und was ist sinnvoll? Diese wichtigen Fragen verhandelt der Film sehr intelligent. Dieser Film kommt nicht mit einfachen Antworten auf diese Fragen daher. „Lovecut“ ist ein interessanter Coming-of-Age Film, der den Zuschauer ernst nimmt und eine moderne und zugleich klassische Geschichte erzählt. Das Ensemble in diesem Film ist schauspielerisch eher unerfahren. Das muss nicht zwangsläufig ein Nachteil sein. Vielmehr bekommt der Film dadurch eine dokumentarische Note, die auf eine intelligente Art und Weise mit dem Inhalt korrespondiert.


LOVECUT - Liebe, Sex und Sehnsucht

Österreich 2020 | Alive | : 16. Oktober 2020 (FSK 16)
R: Iliana Estañol, Johanna Lietha | D: Kerem Abdelhamed, Raphaela Gasper, Valentin Gruber



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