Nicht
jeder liebt die Sommerzeit. Für die übergewichtige Sara
bedeutet „Sommer“ nur, dass sie ständig mit dem Gelächter,
den Urteilen und Beschimpfungen der Schulschönheiten zu kämpfen
hat. Doch dann taucht ein mysteriöser Unbekannter im Dorf auf
und plötzlich sind Saras Peinigerinnen spurlos verschwunden.
Nicht
jeder liebt die Sommerzeit. Für Sara (Laura Galán) bedeutet
er nur, dass sie ständig mit dem Spott, den Urteilen und den
Beschimpfungen der anderen Mädchen in ihrem Dorf zu kämpfen
hat. Aber heute ist es anders. Ein mysteriöser Unbekannter taucht
im Dorf auf und entführt ihre Peiniger. Endlich hat sich jemand
für sie eingesetzt. Sara sieht alles: das Blut, den Schlamm,
das Messer und den Wagen, in dem er sie entführt hat. Und der
unbekannte Mann hat sie gesehen. Ein wortloser Pakt, den keiner von
beiden verraten wird. Sie ist jetzt eine Komplizin. Eine Reihe von
Verbrechen erschüttert das Dorf, und bald beginnt eine Untersuchung.
Die Bürgerwache hat endlose Fragen, die Dorfbewohner sind misstrauisch
und zeigen mit dem Finger, die älteren Nachbarn tratschen. Die
Hitze ist erdrückend, der Druck ebenfalls und ihre Schuldgefühle
quälen sie. Was, wenn sie entdeckt wird? Was ist mit den Mädchen
geschehen? Was ist, wenn der Unbekannte zurückkehrt?
PIGGY
ist das gelungene und sehenswerte Spielfilmdebüt der spanischen
Regisseurin und Drehbuchautorin Carlota Pereda. Der Film ist eine
interessante Kombination aus Krimi, Thriller und einer packenden Coming-of-Age-Geschichte.
Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind in diesem Film fließend,
der sich rigoros einem moralischen Imperativ entzieht. Das Thema Mobbing
wird dabei bewusst offensiv angegangen und beschrieben. Wie ist das
Verhältnis zwischen Oper und Täter? Wie sollte man sich
verhalten, wenn man mitansieht, wie ein Mensch das Opfer einer brutalen
Entführung wird, dieser Mensch zugleich jedoch verantwortlich
für brutales Mobbing gegenüber dem Zeugen?
Dieses
fatale Dilemma thematisiert dieser Film und präsentiert keine
einfachen Antworten, generiert dabei jedoch fundamentale Entscheidungen
und provoziert Diskussionen. Laura Galán verkörpert in
der Hauptrolle diese Zerrissenheit großartig und zieht dabei
alle Register ihres schauspielerischen Könnens. Sie verkörpert
genau die richtige Mischung aus Traurigkeit, Panik, Angst und Stärke,
um ihrer Figur die notwendige Glaubwürdigkeit zu verleihen. Dabei
sind es oft die kleinen Gesten in ihrem Schauspiel, die nonverbalen
Momente, die unter die Haut gehen und für die notwendige Glaubwürdigkeit
sorgen. Der Film nimmt sich viel Zeit, um das familiäre und gesellschaftliche
Umfeld seiner Hauptfigur auszuleuchten und ihre Motivation glaubhaft
erscheinen zu lassen.
Gekonnt
und handwerklich sicher, pendelt die Regisseurin zwischen Familiendrama
und düsterem Thriller und legt Schicht um Schicht der beteiligen
Personen frei. Im letzten Akt zieht das Tempo deutlich an und mündet
in einem spannenden Finale, die mit einer gehörigen Horror-Note
gewürzt wird. Die Hauptfigur muss eine existentielle Entscheidung
treffen und ihre charakterliche Entwicklung beenden. Selten hat man
Mobbing so hautnah und brutal erlebt. Dieser Realismus, der durch
den Bezug auf Social-Media verstärkt wird, macht den Film so
greifbar und die Motivation seiner Hauptfigur so erlebbar. Da ist
es verschmerzbar, dass einige Szenen gewisse Längen aufweisen.
PIGGY ist ein gelungenes Debüt, das Lust auf mehr macht.
PIGGY
ET:
25.11.22: Digital / 02.12.22: DVD, Blu-ray und limitiertes und
serialisiertes Mediabook | FSK 16
R: Carlota Pereda | D: Laura Galán, Richard Holmes (II),
Carmen Machi
Spanien, Frankreich 2021 | Neue Pierrot Le Fou