Die
Mittzwanzigerin Julie (Natalia Belitski) ist ebenso klug wie schlagfertig,
verbringt ihre Zeit jedoch hauptsächlich mit Nichtstun, was sie
zu einer Art Lebensphilosophie erhoben hat. Wenn es ihr zu brenzlig
wird, lässt sich die eigensinnige junge Frau, die ständig
gelbe Gummihandschuhe trägt, einfach in die Psychiatrie einweisen.
Eines Tages trifft sie auf die einige Jahre ältere Agnes (Luisa-Céline
Gaffron), die sich ohne Nachzudenken den Erwartungen fügt, die
die Gesellschaft an sie stellt. Sie arbeitet als Krankenschwester
in einer Klinik und ist bemüht, alles richtig zu machen. Das
gelingt ihr jedoch nur selten, vor allem bei ihrer vierjährigen
Tochter Marlene. Als sich die beiden ungleichen Frauen begegnen, stellt
das Agnes' Leben auf den Kopf und zwischen ihnen entwickelt sich langsam
eine Beziehung.
„Stillstehen“
von Regisseurin Elisa Mishto ist ein gelungener Debütfilm und
eine interessante Mischung aus Komödie und Drama mit romantischen
Elementen. Der Film ist atmosphärisch dicht inszeniert und erzählt
und verzichtet auf simple
Effekthascherei. Der Film lebt von der Chemie zwischen seinen beiden
Hauptfiguren. Zwei Frauen, die auf den ersten Blick unterschiedlicher
nicht sein könnten. Doch der erste Blick trügt, denn beide
Frauen verbinden ähnliche Probleme und Themen. Beide haben mit
schweren inneren Konflikten zu kämpfen. Sie sind unausgeglichen
und emotional instabil. Dadurch entsteht Verständnis und Zuneigung,
geboren aus Respekt. Diese Wandlung im Verhältnis der beiden
Frauen ist sehr gut auf der schauspielerischen Ebene umgesetzt. Es
sind diese emotional intimen Momente zwischen den beiden Frauen, die
zu den Höhepunkten in diesem Film zählen, mit sehr viel
Fingerspitzengefühl inszeniert. Auf dieser Ebene ist „Stillstehen“
ein starkes Drama über den weiblichen Befreiungskampf um Selbstbestimmung.
Und dann ist der Film noch so ganz „nebenbei“ ein einfühlsames
Porträt über den Alltag in einer psychiatrischen Einrichtung
- frei von Klischees und respektvoll.