DVD & BLU-RAY | 19.01.2022

STILLSTEHEN

Julie lebt nur nach ihrem eigenen Grundsatz: Nichts tun. Und mit NICHTS meint sie NICHTS: Sie studiert nicht, arbeitet nicht, sie hat keine Freunde. Sie will einfach nur stillstehen. Um sich dem „normalen“ Leben zu entziehen, lässt sich Julie regelmäßig in ihre psychiatrische Wunschklinik einweisen.

von Franziska Keil


© CALA Filmproduktion GmbH Francesco di Giacomo

Die Mittzwanzigerin Julie (Natalia Belitski) ist ebenso klug wie schlagfertig, verbringt ihre Zeit jedoch hauptsächlich mit Nichtstun, was sie zu einer Art Lebensphilosophie erhoben hat. Wenn es ihr zu brenzlig wird, lässt sich die eigensinnige junge Frau, die ständig gelbe Gummihandschuhe trägt, einfach in die Psychiatrie einweisen. Eines Tages trifft sie auf die einige Jahre ältere Agnes (Luisa-Céline Gaffron), die sich ohne Nachzudenken den Erwartungen fügt, die die Gesellschaft an sie stellt. Sie arbeitet als Krankenschwester in einer Klinik und ist bemüht, alles richtig zu machen. Das gelingt ihr jedoch nur selten, vor allem bei ihrer vierjährigen Tochter Marlene. Als sich die beiden ungleichen Frauen begegnen, stellt das Agnes' Leben auf den Kopf und zwischen ihnen entwickelt sich langsam eine Beziehung.

„Stillstehen“ von Regisseurin Elisa Mishto ist ein gelungener Debütfilm und eine interessante Mischung aus Komödie und Drama mit romantischen Elementen. Der Film ist atmosphärisch dicht inszeniert und erzählt und verzichtet auf simple Effekthascherei. Der Film lebt von der Chemie zwischen seinen beiden Hauptfiguren. Zwei Frauen, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch der erste Blick trügt, denn beide Frauen verbinden ähnliche Probleme und Themen. Beide haben mit schweren inneren Konflikten zu kämpfen. Sie sind unausgeglichen und emotional instabil. Dadurch entsteht Verständnis und Zuneigung, geboren aus Respekt. Diese Wandlung im Verhältnis der beiden Frauen ist sehr gut auf der schauspielerischen Ebene umgesetzt. Es sind diese emotional intimen Momente zwischen den beiden Frauen, die zu den Höhepunkten in diesem Film zählen, mit sehr viel Fingerspitzengefühl inszeniert. Auf dieser Ebene ist „Stillstehen“ ein starkes Drama über den weiblichen Befreiungskampf um Selbstbestimmung. Und dann ist der Film noch so ganz „nebenbei“ ein einfühlsames Porträt über den Alltag in einer psychiatrischen Einrichtung - frei von Klischees und respektvoll.


STILLSTEHEN

VÖ: 14.01.22: Digital / 21.01.22: DVD | FSK 12
R: Elisa Mishto | D: Natalia Belitski, Luisa-Céline Gaffron, Martin Wuttke
Deutschland, Italien 2019 | farbfilm verleih / Lighthouse Home Entertainment



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