Martin wird von seiner Mutter mit Gefühlskälte verstoßen
und vom Vater geschlagen: eine Kindheit ohne Liebe. Die Geschichte
klingt wie ein Fallbeispiel aus dem Buch „Das Drama des begabten
Kindes“ der weltberühmten Schweizer Psychoanalytikerin
Alice Miller. Aber Martin ist der Sohn der engagierten Kinderrechtlerin.
Nach Alice Millers Tod macht sich Martin auf die Reise, um endlich
den Widerspruch zwischen der bekannten Kindheitsforscherin und der
zerstörerischen Mutter zu verstehen. Und schließlich entdeckt
er, was zwischen ihm und seiner Mutter steht: das größte
Drama des 20. Jahrhunderts, die Shoa, die Vernichtung des jüdischen
Volkes. Die junge Alice Miller überlebte als Jüdin unter
falscher Identität in Warschau mitten unter den Nazis - und musste
alle Gräueltaten miterleben. Aber diese traumatischen Erlebnisse
verdrängt Alice und spaltet sie ein Leben lang ab. Je tiefer
Martin in die Biographie seiner Mutter eindringt, desto deutlicher
wird: sein eigener seelischer Schmerz ist das Erbe von etwas, das
er selbst nie erlebt hat…
Mit
dem Buch „Das Drama des begabten Kindes“ wurde die Psychoanalytikerin
Alice Miller weltbekannt und zum Medienstar. In dem Buch geht es um
die Darstellung von schlimmen Kindheitserlebnissen und deren Folgen.
Alice Miller wurde mit diesem Werk über Jahrzehnte zur Vorkämpferin
für den Kampf um den Schutz und die Rechte von Kindern. Drei
Jahre nach ihrem Tod gingen heftige Schockwellen durch die Welt, als
sich ihr Sohn Martin Miller mit dem Buch „Das wahre Drama des
begabten Kindes“ zu Wort meldete. Darin schildert er in schockierenden
Worten, dass die bedeutende Psychotherapeutin Alice Miller bei der
Erziehung völlig versagt hat. Das Buch ist das Manifest einer
schlimmen Kindheit. Dieser Dokumentarfilm begibt sich auf einen spannende
Spurensuche.
In dem Film von Regisseur Daniel Howald stellt
sich Martin Miller erneut seiner Vergangenheit. Seine Reise führt
ihn dabei nach Warschau und Lodz, wo er Dokumente seiner Eltern aus
der Zeit vor ihrer Ausreise 1946 aus Polen in die Schweiz sucht. Laut
Miller, war sein Vater der Erpresser seiner Mutter, die damals unter
anderem Namen als Jüdin unter Deutschen in Warschau gelebt hat.
Sein Vater habe Alice Miller und deren Schwester zur Flucht in die
Schweiz verholfen. Durch die traumatischen Erfahrungen seiner Mutter
in der NS-Zeit, hat sie ihre Erfahrungen aufgespalten und eine neue
Alice Miller erfunden. Es war die perfekte Mutter und erfolgreiche
Psychoanalytikerin. Doch privat erlebte Martin Miller eine ganz andere
Frau. Diese sehenswerte Dokumentation gibt keine einfachen Antworten.
Was bedeutet private Schuld im Hinblick auf das wissenschaftliche
Vermächtnis?