DVD & BLU-RAY | 16.03.2022

Who's afraid of Alice Miller?

Martin wird von seiner Mutter mit Gefühlskälte verstoßen und vom Vater geschlagen: eine Kindheit ohne Liebe. Die Geschichte klingt wie ein Fallbeispiel aus dem Buch „Das Drama des begabten Kindes“ der weltberühmten Schweizer Psychoanalytikerin Alice Miller. Aber Martin ist der Sohn der engagierten Kinderrechtlerin.

von Franziska Keil


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Martin wird von seiner Mutter mit Gefühlskälte verstoßen und vom Vater geschlagen: eine Kindheit ohne Liebe. Die Geschichte klingt wie ein Fallbeispiel aus dem Buch „Das Drama des begabten Kindes“ der weltberühmten Schweizer Psychoanalytikerin Alice Miller. Aber Martin ist der Sohn der engagierten Kinderrechtlerin. Nach Alice Millers Tod macht sich Martin auf die Reise, um endlich den Widerspruch zwischen der bekannten Kindheitsforscherin und der zerstörerischen Mutter zu verstehen. Und schließlich entdeckt er, was zwischen ihm und seiner Mutter steht: das größte Drama des 20. Jahrhunderts, die Shoa, die Vernichtung des jüdischen Volkes. Die junge Alice Miller überlebte als Jüdin unter falscher Identität in Warschau mitten unter den Nazis - und musste alle Gräueltaten miterleben. Aber diese traumatischen Erlebnisse verdrängt Alice und spaltet sie ein Leben lang ab. Je tiefer Martin in die Biographie seiner Mutter eindringt, desto deutlicher wird: sein eigener seelischer Schmerz ist das Erbe von etwas, das er selbst nie erlebt hat…

Mit dem Buch „Das Drama des begabten Kindes“ wurde die Psychoanalytikerin Alice Miller weltbekannt und zum Medienstar. In dem Buch geht es um die Darstellung von schlimmen Kindheitserlebnissen und deren Folgen. Alice Miller wurde mit diesem Werk über Jahrzehnte zur Vorkämpferin für den Kampf um den Schutz und die Rechte von Kindern. Drei Jahre nach ihrem Tod gingen heftige Schockwellen durch die Welt, als sich ihr Sohn Martin Miller mit dem Buch „Das wahre Drama des begabten Kindes“ zu Wort meldete. Darin schildert er in schockierenden Worten, dass die bedeutende Psychotherapeutin Alice Miller bei der Erziehung völlig versagt hat. Das Buch ist das Manifest einer schlimmen Kindheit. Dieser Dokumentarfilm begibt sich auf einen spannende Spurensuche.

In dem Film von Regisseur Daniel Howald stellt sich Martin Miller erneut seiner Vergangenheit. Seine Reise führt ihn dabei nach Warschau und Lodz, wo er Dokumente seiner Eltern aus der Zeit vor ihrer Ausreise 1946 aus Polen in die Schweiz sucht. Laut Miller, war sein Vater der Erpresser seiner Mutter, die damals unter anderem Namen als Jüdin unter Deutschen in Warschau gelebt hat. Sein Vater habe Alice Miller und deren Schwester zur Flucht in die Schweiz verholfen. Durch die traumatischen Erfahrungen seiner Mutter in der NS-Zeit, hat sie ihre Erfahrungen aufgespalten und eine neue Alice Miller erfunden. Es war die perfekte Mutter und erfolgreiche Psychoanalytikerin. Doch privat erlebte Martin Miller eine ganz andere Frau. Diese sehenswerte Dokumentation gibt keine einfachen Antworten. Was bedeutet private Schuld im Hinblick auf das wissenschaftliche Vermächtnis?


WHO'S AFRAID OF ALICE MILLER?

VÖ: 18.03.22: DVD | FSK 12
R: Daniel Howald | Dokumentarfilm
Schweiz 2020 | ARSENAL Filmverleih GmbH



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