Sex
diene nur der Fortpflanzung, lernt die Teenagerin Alice (Natalia Dyer),
die in einem streng katholischen Haushalt im ländlichen Teil
der USA aufwächst und auf eine katholische Schule geht –
in der sie außerdem lernt, dass sie in die Hölle kommt,
wenn sie masturbiert. Sex vor der Ehe ist natürlich auch Tabu,
so viel ist klar! Doch neuerdings begibt sie sich mit ihren Handlungen
direkt auf den Weg in die Hölle. Nachdem sie von der Sexszene
aus „Titanic“ nicht genug kriegen kann und sich beim Chatten
zu unsittlichen Handlungen hinreißen lässt, kommt sie ins
Grübeln und fragt sich, was mit ihr nicht stimmt? Ihr Verhalten
bleibt nicht ohne Konsequenzen, weshalb sie zu einem viertägigen
Kirchencamp geschickt wird. Neben Beichten, Bibelstunden und Gebeten
sticht ihr vor allem der sexy Footballstar Chris (Wolfgang Novogratz)
ins Auge. Wie soll Alice so auf den Weg der Tugend zurückfinden?
„Yes,
God, Yes – Böse Mädchen beichten nicht“ von
Regisseurin Karen Maine („Obvious Child“) ist auf den
ersten Blick eine unterhaltsame Teenie-Komödie und auf den zweiten
Blick eine intelligente Satire auf Religiosität in den USA und
ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft und heranwachsende Menschen.
Das der Film funktioniert liegt an zwei Faktoren. Zum einen an dem
flotten Erzähltempo und zum zweiten an einer glänzend aufspielenden
Natalia Dyer („Stranger Things“), die einmal mehr beweist,
was für großes schauspielerisches Talent in ihr steckt.
Der Film geht sehr behutsam mit seinen Figuren um und denunziert sie
nicht. Man lacht mit den Figuren und ihren Erlebnissen und nicht über
sie. Eine auf den Punkt gespielte Gesellschaftssatire, getarnt in
einer scheinbar harmlosen Teenie-Komödie. Das ist ein sehr cleverer
Zug. Dieser Film hätte definitiv eine breitere Beachtung auf
der großen Kinoleinwand verdient gehabt, aber in Corona-Zeiten
ist vieles ein wenig anders.
Der
Film basiert auf einem von Karen Maine geschriebenen Kurzfilm und
verbindet ein ernstes Thema mit einer faszinierenden Leichtigkeit.
Wie ernst dieses Thema in den USA ist und welche gesellschaftliche
-Dimensionen es mittlerweile angenommen hat, verdeutlich die Tatsache,
welche tatsächliche Macht und Einfluss der sogenannte „Bibelgürtel“
hat. Der dort vorherrschende evangelikale Protestantismus ist ein
integraler Bestandteil der Kultur und hat sich längst zu einem
wichtigen Faktor bei Wahlen entwickelt. Mit 77 Minuten Laufzeit ist
der Film erstaunlich kurz, obwohl er alle wesentlichen Punkte anspricht,
entwickelt und dabei einen spannenden Handlungsbogen präsentiert.
Natalia Dyer liefert dabei eine tolle schauspielerische Leistung ab.
Dadurch wirkt die Wandlung von Alice absolut überzeugend. Allein
durch ihre Mimik wird der Konflikt zwischen Schuldgefühlen und
ihrer lüsternen Neugierde perfekt auf den Bildschirm transportiert.
Der Film, der nun auf DVD und Blu-ray veröffentlicht wird, bietet
hochwertige Unterhaltung, gepaart mit einer anspruchsvollen Thematik.