Die
ungleichen Cousins Davidund Benji reisen gemeinsam nach Polen, um
mehr über das Leben ihrer kürzlich verstorbenen Großmutter
zu erfahren. Der Roadtrip, der als Reise in die Vergangenheit gedacht
war, konfrontiert die beiden mit der Gegenwart, in der sie ihre Beziehung
zueinander und ihre Familiengeschichte hinterfragen.
David
(Jesse Eisenberg) und Benji (Kieran Culkin) sind Cousins und wollen
als in den Vereinigten Staaten lebende Juden mehr über ihre Wurzeln
erfahren. Also planen sie eine Reise nach Polen. Dort wuchs ihre Großmutter
einst auf. Das gestaltet sich jedoch aus den verschiedensten Gründen
alles andere als leicht. Denn die beiden Männer könnten
unterschiedlicher nicht sein: David ist sehr darauf bedacht, möglichst
viel Struktur in seinem Leben zu haben, während Benji ein Freigeist
voller Spontanität ist. Auch vor Ort in Polen kommt es dadurch
immer wieder zu Reibereien. Doch den tiefsten Graben zwischen den
beiden bilden nicht unbedingt die verschiedenen Lebensentwürfe,
sondern ein noch nicht sonderlich lange zurückliegendes Ereignis,
mit dem die beiden bisher einfach keinen gemeinsamen Umgang finden
konnten. Doch die Reise in die Vergangenheit der gemeinsamen Großmutter
bringt die beiden emotional wieder näher zueinander und es scheint,
als ob sie wieder näher aneinanderrücken können.
"A Real Pain" bedeutet im Englischen
nicht nur "ein echter Schmerz", sondern auch "ein echter
Störenfried" oder "Nervtöter". Diese Doppeldeutigkeit
spiegelt sich treffend im Verhältnis der beiden Cousins David
(Jesse Eisenberg selbst) und Benji (Kieran Culkin) wider, deren Reise
nach Polen zur Gedenkstätte ihrer Großmutter eine tragikomische
Auseinandersetzung mit Familiengeschichte, Trauma und der eigenen
Identität wird. Der Film bietet vielschichtige Ansätze,
lässt aber auch einige Fragen offen. Im Zentrum von "A Real
Pain" steht die Beziehung zwischen David und Benji. David, der
neurotische und introvertierte Part, verkörpert den pflichtbewussten
Enkel, der die Reise antritt, um der verstorbenen Großmutter
die Ehre zu erweisen und sich mit seinen Wurzeln auseinanderzusetzen.
Benji hingegen, der impulsive und unberechenbare Cousin, scheint die
Reise eher als willkommene Abwechslung von seinem ziellosen Leben
zu betrachten.
Diese
unterschiedlichen Motivationen und Persönlichkeiten sorgen für
eine dynamische und oft konfliktgeladene Beziehung zwischen den beiden.
Eisenberg und Culkin harmonieren hervorragend miteinander und verkörpern
die beiden Charaktere mit großer Authentizität. Die Chemie
zwischen ihnen ist spürbar und trägt maßgeblich zum
Unterhaltungswert des Films bei. Die Reise nach Polen dient nicht
nur als Kulisse für die Handlung, sondern spielt auch eine wichtige
Rolle bei der Auseinandersetzung mit der Familiengeschichte. Die Besichtigung
von Gedenkstätten und ehemaligen jüdischen Vierteln konfrontiert
die Cousins auf unterschiedliche Weise mit dem Trauma des Holocaust
und dem Schicksal ihrer Vorfahren. Während David versucht, die
Geschichte zu verstehen und zu verarbeiten, scheint Benji eher unberührt
und distanziert zu bleiben. Diese unterschiedlichen Reaktionen verdeutlichen
die unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden Cousins an das
Leben und die Vergangenheit.
"A Real Pain" balanciert gekonnt zwischen tragischen und
komischen Momenten. Der Film vermeidet es, in reine Melodramatik oder
alberne Komik abzudriften, sondern findet einen eigenen, berührenden
Ton. Die humorvollen Dialoge und skurrilen Situationen lockern die
bedrückende Thematik auf und sorgen für einige Lacher. Gleichzeitig
werden die tragischen Aspekte der Familiengeschichte und die inneren
Konflikte der Charaktere mit der nötigen Sensibilität behandelt.
Trotz der vielen positiven Aspekte weist "A Real Pain" auch
einige Schwächen auf. Die Charakterentwicklung der meisten Nebenfiguren
bleibt oberflächlich, und die Handlung verliert stellenweise
an Fokus. Auch die Auflösung einiger Konflikte wirkt etwas abrupt
und unbefriedigend. Zudem konzentriert sich der Film zu sehr auf die
Dynamik der beiden Cousins und vernachlässigt dabei die Auseinandersetzung
mit der polnischen Geschichte und Kultur. Die Reise selbst dient eher
als Katalysator für die Entwicklung der Beziehung zwischen David
und Benji, anstatt eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Land und
seiner Geschichte zu ermöglichen.
A REAL PAIN
Start:
16.01.25 | FSK 12
R: Jesse Eisenberg | D: Jesse Eisenberg, Kieran Culkin, Will Sharpe
USA 2023 | Walt Disney Germany