Beim
Versuch, ihr von Problemen geplagtes Leben hinter sich zu lassen,
kehren zwei Zwillingsbrüder in ihre Heimatstadt zurück,
um dort einen Neuanfang zu wagen. Doch schon bald müssen sie
feststellen, dass bei ihrer Rückkehr ein noch größeres
Übel auf sie wartet.
1932:
Die Zwillingsbrüder Elijah und Elias Smoke (beide von Michael
B. Jordan gespielt) wollen auf vertrautem Boden noch einmal neu anfangen.
Also lassen sie ihr bisheriges Leben in der Unterwelt Chicagos hinter
sich und kehren zurück in ihre alte Heimatstadt Clarksdale im
Bundesstaat Mississippi, um dort eine Bar aufzumachen. Doch dort scheint
alles andere als ein ruhiges Leben auf die Zwillinge zu warten: Nicht
nur der Ku-Klux-Klan, sondern offenbar auch Vampire haben es sich
vor Ort gemütlich gemacht. Wem können die Brüder also
noch vertrauen? Und was führen Mary (Hailee Steinfeld) und Remmick
(Jack O'Connell) im Schilde? Für alle, die noch keine spitzen
Zähne haben, wird die Lage immer brenzliger. Also muss etwas
getan werden, um die Blutsauger zu vertreiben. Zum Glück haben
die Smoke-Brüder durch ihre Erfahrungen als Soldaten im Ersten
Weltkrieg einiges gelernt und nehmen den Kampf gegen die untote Horde
auf.
Ryan Cooglers „Blood & Sinners“
erweist sich als ein ambitioniertes Genremosaik, das die bluesige
Melancholie des amerikanischen Südens der Depressionszeit auf
kühne Weise mit den Konventionen des Horrorfilms verschmilzt.
Bis zur ersten Manifestation des blutsaugenden Antagonisten Remmick
nach gut einer Stunde Laufzeit entfaltet sich Cooglers fünfter
Langfilm als ein visuell opulentes Südstaaten-Gangsterdrama,
dessen atmosphärische Dichte und bildgewaltige Inszenierung bereits
in diesen frühen Szenen eine bemerkenswerte Sogkraft entwickeln.
Umso überraschender, wenngleich nicht minder fesselnd, vollzieht
der Film im weiteren Verlauf einen Genrewechsel, der in seinem bleihaltigen
Finale unverkennbar Quentin Tarantinos stilistisches Erbe anklingen
lässt.
Nach
seinen kommerziellen und kritischen Erfolgen mit „Creed“
und den „Black Panther“-Filmen betritt Coogler mit „Blood
& Sinners“ erstmals Terrain, das weder auf realen Begebenheiten
noch auf einem etablierten Franchise fußt. Das beachtliche Budget
von 90 bis 100 Millionen Dollar floss sichtbar in die akribische Gestaltung
der Sets und die detailreiche Ausstattung, was dem Film eine beeindruckende
Authentizität verleiht. Die Kameraarbeit von Autumn Durald, bekannt
für ihre Arbeit an „The Last Showgirl“, ist schlichtweg
grandios. Gedreht ausschließlich auf 65mm-Analogmaterial, erzeugt
sie atemberaubende Bilder von einer eleganten Epik. Der punktuelle
Einsatz von IMAX-Kameras führt zu einem dynamischen Wechsel des
Bildseitenverhältnisses, der auf extreme Weise zwischen der immersiven
Weite des IMAX-Formats und dem Cinemascope-artigen Ultra Panavision
oszilliert.
Dieser
formale Kniff unterstreicht auf eindrückliche Weise den Kontrast
zwischen der epischen Ausdehnung der Baumwollfelder und der beklemmenden
Enge des von Vampiren belagerten Juke Joints. Die ersten Einstellungen
von „Blood & Sinners“ evozieren unweigerlich Assoziationen
zu Martin Scorseses historischen Epen. Die Detailverliebtheit und
die akkurate Rekonstruktion der Epoche zeugen von einem ähnlichen
Anspruch an Authentizität. Dennoch erweist sich die Musik, unter
der Ägide des zweifach Oscar-prämierten Komponisten Ludwig
Göransson, der hier auch als ausführender Produzent fungiert,
als ein noch integralerer Bestandteil der Handlung und der Figurenzeichnung.
Cooglers
Faszination für Bluesmusik, die den Ursprung des gesamten Projekts
bildete – die paradoxe Verbindung von Blues als „Teufelsmusik“
und der Tatsache, dass viele berühmte Bluesmusiker Pfarrerssöhne
waren –, durchzieht den Film als ein zentrales Motiv der zugleich
heilenden und zerstörerischen Kraft der Musik. Dies kulminiert
in einem spektakulären, mehrminütigen One-Take im Juke Joint,
in dem Raum und Zeit zu verschwinden scheinen und Jahrhunderte afroamerikanischer
Musikgeschichte ineinander verschmelzen. Gleich in der Eröffnungsszene
mit den Zwillingsbrüdern demonstriert Michael B. Jordan, der
beide Rollen mit bemerkenswerter schauspielerischer Finesse verkörpert,
in einer subtilen Interaktion mit sich selbst die nahtlose Integration
seiner Doppelperformance. Im weiteren Verlauf verschwindet die Künstlichkeit
dieser Doppelrolle nahezu vollständig zugunsten der überzeugenden
Darstellung zweier unterschiedlicher Persönlichkeiten.
Das
Drehbuch brilliert zudem mit einem detaillierten und spezifischen
Wissen über die afroamerikanische Geschichte jener Zeit, das
dem aufwendigen Produktionsdesign eine zusätzliche Ebene der
Authentizität verleiht. Obwohl „Blood & Sinners“
tief in historischen und kulturellen Kontexten verwurzelt ist, scheut
sich Coogler nicht, in der zweiten Hälfte des Films den vampirischen
Wahnsinn ungezügelt zu entfesseln. Klassische Horrorelemente
wie durchbissene Kehlen und Pfähle in Herzen werden mit unerbittlicher
Konsequenz inszeniert. Schlussendlich mündet der Film in einer
kathartischen Rachefantasie, die eine deutliche Verbindung zu den
Werken Quentin Tarantinos herstellt, wobei das herbeigesehnte Massaker
hier jedoch weniger ironisch distanziert als ehrlich wütend und
zutiefst persönlich wirkt. „Blood & Sinners“
erweist sich somit als ein mutiger und stilistisch versierter Genre-Hybrid,
der sowohl Liebhaber atmosphärischer Südstaaten-Dramen als
auch Freunde blutiger Horror-Action gleichermaßen zu fesseln
vermag.
BLOOD & SINNERS
Start:
17.04.25 | FSK 16
R: Ryan Coogler | D: Michael B. Jordan, Hailee Steinfeld, Miles
Caton
USA 2025 | Warner Bros. GmbH