Tom
Tykwer, bekannt für seine einzigartigen visuellen Erzählweisen,
kehrt mit „DAS LICHT“ auf die große Leinwand zurück.
Der Film, der die 75. Berlinale eröffnete, greift große
gesellschaftliche Themen auf, während im Zentrum der Handlung
eine dysfunktionale Familie mit ihren ganz eigenen Problemen umgehen
muss. Ein Werk, das mehr verspricht, als es halten kann.
Tom
Tykwer, bekannt für seine Werke wie „Lola rennt“
oder „Das Parfum“, hat nun nach acht Jahren und vier Staffeln
mit der TV-Serie „Babylon Berlin“ wieder einen Kinofilm
gedreht. Sein neues Werk „DAS LICHT“ eröffnete die
75. Berlinale mit einem Versuch, die Komplexität der modernen
Gesellschaft in einem filmischen Epos einzufangen. Anstatt ordentlich
zu kritisieren, verliert sich der Film jedoch zwischen unzähligen
Themen wie Migration, Umweltbewusstsein, Generationskonflikt und mentaler
Gesundheit und kratzt dabei meist nur an der Oberfläche, während
haufenweise schwammige Klischees bedient werden.
Aber erst einmal zum Inhalt, der trotz saftiger
162 Minuten Laufzeit recht mager ausfällt. Im Zentrum der Handlung
steht Familie Engels, bestehend aus Vater Tim (Lars Eidinger), Mutter
Milena (Nicolette Krebitz), den Zwillingen Frieda (Elke Biesendorfer)
und Jon (Julius Gause) sowie Milenas Sohn Dio (Elyas Eldridge). Während
die Engels mehr nebeneinander als miteinander leben, stellen sie eine
neue Haushälterin namens Farrah (Tala Al-Deen) ein. Die Frau
aus Syrien bringt lange verborgene Gefühle der einzelnen Familienmitglieder
ans Licht und verfolgt dabei einen ganz eigenen Plan, der in ihrer
tragischen Vergangenheit verwurzelt ist.
Während die Handlung nach einer Weile
sehr repetitiv ist, gibt es im Film verteilt einige Musical-Nummern,
die zumindest mich im Kino bei Laune hielten, jedoch kaum etwas zur
Geschichte beigetragen haben. Dieses Schema des „Nichts-Zur-Handlung-Beitragens“
zieht sich durch den ganzen Film und so war am Ende der fast 3 Stunden
zwar alles irgendwie ganz schön anzusehen - bis auf Lars Eidingers
nackten Hintern, den er natürlich unbedingt mehrmals zur Schau
stellen musste - aber so wirklich hängengeblieben ist dann vom
Inhalt doch nicht viel. Vielleicht habe ich die pseudophilosophischen
Ansätze und tieferen Botschaften auch einfach nicht verstanden,
aber am Ende ist „DAS LICHT“ meiner Meinung nach ein Film,
der viel will, aber wenig kann.
Was
der Film auf jeden Fall kann, ist Ästhetik. Farbgebung, Bildausschnitte
und Set-Design haben mir sehr gut gefallen und erzeugen wenigstens
auf optischer Ebene eine gewisse Kohärenz. Immer wieder kommen
außerdem surreale Szenen mit Hilfe von Spezial-Effekten und
auch eine animierte Sequenz vor. Von diesen Spielereien tragen zwar
auch die wenigsten etwas zum Verlauf der Handlung bei, allerdings
sind sie es, die den Film für mich rein visuell interessant und
sehenswert gemacht haben.
Was das Ansprechen von großen Themen
angeht, hat sich „DAS LICHT“ nicht zurückgehalten.
Zu jedem erdenklichen gesellschaftlichen Problem, sei es soziale Ungleichheit,
Krieg und Flucht, Sexismus oder mentale Gesundheit, hat der Film etwas
zu sagen und spart dabei nicht mit Stereotypen. Die jugendliche Tochter
nimmt natürlich lieber Drogen und taucht nächtelang ohne
Schlaf ins Berliner Nachtleben ein, als sich ihren psychischen Schwierigkeiten
zu stellen, während ihr Bruder den Großteil seiner Zeit
in einer virtuellen Realität verbringt und dabei sein Zimmer
in eine Müllhalde verwandelt. Mama und Papa bekommen davon entweder
nichts mit oder es interessiert sie einfach nicht, weil sie ganz viel
telefonieren und erstmal die Probleme der Welt lösen müssen,
bevor sie das in ihrer eigenen Familie tun. Dass die Familie dysfunktional
ist, muss dabei auch mindestens alle zehn Minuten einmal laut gesagt
werden. Was bei dem Ganzen dann letztendlich die Quintessenz war,
ist mir aber unklar, weil viele der oberflächlich behandelten
Handlungsstränge so schnell wie sie eingeführt, wieder fallengelassen
werden. Der Zuschauer erfährt kaum etwas über Milenas Sohn
Dio, der offensichtlich aus einer Affäre mit dem Kenianer Godfrey
stammt und auch sonst hat der Film bei mir mehr Fragen als Antworten
hinterlassen.
Alles in allem ist „DAS LICHT“
ein Film, der durchaus ambitioniert ist, aber letztlich mehr verspricht,
als er halten kann. Außerhalb seines überzeugenden visuellen
Stils fühlt sich der Film wie eine Ansammlung von Fragmenten
an, die nur lose miteinander verbunden sind. Die Charaktere bleiben
flach und ihre Konflikte werden selten wirklich aufgearbeitet, was
dazu führt, dass man als Zuschauer kaum eine emotionale Bindung
aufbauen kann. Letztendlich hat der Film nicht wirklich etwas Neues
zu sagen, und versucht lediglich mit einem visuellen Feuerwerk und
großen Themen zu kaschieren, dass die Substanz fehlt.
DAS LICHT
Start:
20.03.25 | FSK 12
R: Tom Tykwer | D: Tala Al Deen, Lars Eidinger, Nicolette Krebitz
Deutschland, Großbritannien, Frankreich 2025 | X Verleih