KINO | 09.10.2024

JOKER 2: Folie À Deux

Mit JOKER: FOLIE À DEUX präsentiert Todd Phillips die mit Spannung erwartete Fortsetzung des Oscar®-prämierten JOKER. Der Film erzählt, wie Arthur Fleck in der psychiatrischen Anstalt Arkham auf den Prozess für seine Verbrechen als Joker wartet. Während er im Konflikt mit seiner doppelten Identität steht, begegnet Arthur nicht nur seiner wahren Liebe, sondern findet auch zur Musik, die schon immer in seinem Inneren schlummerte.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2024 Warner Bros. Entertainment Inc.

Nach der eskalierten Gewaltspirale mit ihm im Zentrum ist Arthur Fleck alias Joker (Joaquin Phoenix) im Arkham State Hospital, einer psychiatrischen Anstalt für die schlimmsten Verbrecher von Gotham City, gelandet. Dort sitzt er nun seine Zeit ab, bis der Prozess gegen ihn vor Gericht eröffnet wird. Seine Anwältin (Catherine Keener) bemüht sich darum, ihren Fall rund um die vermeintlich gespaltene Persönlichkeit ihres Mandanten aufzubauen, um ihn für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. In der Zwischenzeit bekommt Arthur wegen guter Führung die Möglichkeit, in Arkham an einem Musikprogramm teilzunehmen, wo er die rebellische Lee (Lady Gaga) kennen und lieben lernt. Während sich die beiden gemeinsam in musikalische Fantasien flüchten, motiviert sie ihn, seine Joker-Persona wieder voll und ganz nach außen zu kehren – mit verheerenden Folgen.

Mit der Fortsetzung des cineastischen Phänomens „Joker“ aus dem Jahr 2019, das nicht nur als finanzieller Triumph gilt, sondern auch als kulturelles Ereignis, stellt sich die Frage, ob „Joker 2: Folie À Deux“ den hohen Erwartungen gerecht werden kann. Der erste Teil, der mit einem weltweiten Einspielergebnis von über einer Milliarde Dollar und zahlreichen Auszeichnungen, darunter zwei Oscars für Joaquin Phoenix und den Besten Score, aufwartete, setzte Maßstäbe für das Genre des düsteren Comic-Charakter-Dramas. Doch während die Vorfreude auf die Fortsetzung groß war, offenbart sich in „Folie À Deux“ eine ambivalente Auseinandersetzung mit der ikonischen Figur des Jokers und den damit verbundenen Themen.

Die Entscheidung von Regisseur Todd Phillips, die Geschichte um Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) und seine Beziehung zu Harley Quinn (Lady Gaga) in ein Jukebox-Musical zu verwandeln, mag auf den ersten Blick gewagt erscheinen. Doch diese künstlerische Wahl erweist sich als zweischneidiges Schwert. Während die musikalischen Elemente durchaus Potenzial zur Bereicherung der Erzählung bieten könnten, wird schnell deutlich, dass die Umsetzung nicht nur konzeptionell fragwürdig ist, sondern auch in ihrer Ausführung hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die Verwendung von 60 Jahre alten Songs und die Fokussierung auf intime Duette zwischen Joker und Harley Quinn führen dazu, dass das Spektakel eines klassischen Musicals gänzlich vermieden wird. Stattdessen dominiert eine bedrückende Atmosphäre, die zwar dem psychologischen Ansatz des Films Rechnung trägt, jedoch gleichzeitig das Unterhaltungsniveau erheblich mindert.


© 2024 Warner Bros. Entertainment Inc.

Die thematische Rückkehr zu den psychologischen Abgründen des Protagonisten ist zwar nachvollziehbar – schließlich war es gerade dieser Aspekt, der im ersten Teil so eindringlich behandelt wurde – doch wirkt „Folie À Deux“ in seiner narrativen Struktur oft repetitiv. Die Gerichtsverhandlungen und die damit verbundene Auseinandersetzung mit den Taten des Jokers ziehen sich zäh dahin und bieten wenig Neues oder Überraschendes. Die Rückkehr von Nebenfiguren wie Zazie Beetz und Leigh Gill mag nostalgische Gefühle hervorrufen, doch ihre Auftritte sind eher blass und tragen kaum zur Weiterentwicklung der Handlung bei.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Darstellung von Lady Gaga als Harley Quinn. Obwohl sie unbestreitbar eine charismatische Präsenz auf der Leinwand besitzt und ihr schauspielerisches Talent in anderen Projekten unter Beweis gestellt hat, bleibt ihre Rolle in „Folie À Deux“ hinter den Erwartungen zurück. Die Intimität der Beziehung zwischen Joker und Harley wird zwar thematisiert, doch bleibt sie oft im Schatten der übermächtigen Figur des Jokers selbst. Dies führt dazu, dass das Potenzial für eine dynamische Interaktion zwischen den beiden Charakteren nicht voll ausgeschöpft wird.

Visuell bleibt Phillips seinem Stil treu; die Zusammenarbeit mit Kameramann Lawrence Sher sorgt für einen hochwertigen Look, der an „New Hollywood“ erinnert. Dennoch kann selbst diese ästhetische Brillanz nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Joker 2: Folie À Deux“ in seiner Gesamtheit eher als deprimierender Abgesang denn als fesselnde Fortsetzung wahrgenommen werden kann. Die Entscheidung, sich fast ausschließlich auf geschlossene Räume wie Gefängnisse und Gerichtssäle zu konzentrieren, verstärkt das Gefühl der Eingeschränktheit und lässt wenig Raum für kreative Entfaltung.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass „Joker 2: Folie À Deux“ trotz seiner ambitionierten Ansätze und der beeindruckenden schauspielerischen Leistungen von Phoenix und Gaga nicht in der Lage ist, das Erbe seines Vorgängers zu bewahren oder gar zu erweitern. Stattdessen präsentiert sich der Film als ein durchweg ernüchterndes Werk, das zwar einige interessante Ideen verfolgt, jedoch letztlich an seiner eigenen Schwere scheitert. In einer Zeit, in der Zuschauer nach neuen Perspektiven auf vertraute Geschichten suchen, könnte „Folie À Deux“ möglicherweise mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern – ein Umstand, der sowohl Bewunderung als auch Enttäuschung hervorrufen kann.


JOKER 2: FOLIE À DEUX

Start: 03.10.24 | FSK 16
R: Todd Phillips | D: Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson
USA 2024 | Warner Bros. GmbH


AGB | IMPRESSUM