KINO | 31.07.2024

Liebesbriefe aus Nizza

Als François auf dem Dachboden seines Hauses ein paar alte Liebesbriefe in die Hände fallen, fällt der pensionierte Offizier aus allen Wolken. Denn die wortreichen Ergüsse über den „vibrierenden Venushügel“ seiner Frau Annie stammen definitiv nicht von ihm. Dass die Briefe 40 Jahre alt sind und höchstens noch musealen Wert haben, ist ihm völlig egal.

von Franziska Keil


© Neue Visionen Filmverleih

Alter schützt vor Liebe nicht. Aber auch nicht vor Eifersucht – und das nicht einmal, wenn man schon ein halbes Jahrhundert verheiratet ist. Diese schmerzliche Erfahrung stürzt den pensionierten General François Marsault (André Dussollier) in ein Beziehungsdrama von unerwarteten Ausmaßen. Gerade eben feierte er noch gutgelaunt mit der Familie den Geburtstag seiner Frau Annie (Sabine Azéma), aber nun bringt ein zufällig aufgetauchter Stapel Briefe aus dem Jahr 1983, mit einer niedlichen roten Schleife zusammengebunden, sein ganzes Weltbild ins Rutschen: Mit inbrünstiger Leidenschaft geht es darin unter anderem um Annies „explodierendes Venusdreieck“. Unterschrieben wurden die Briefe von einem Jugendfreund, den François zwar aus den Augen verloren hat, aber an den er sich immer noch erinnert – jetzt allerdings nicht mehr so gern: Boris (Thierry Lhermitte) ist einer von den Jungs, die früher am Strand von Nizza Gitarre gespielt haben. François ist ein Mann von großer Prinzipientreue, daher spielt die Tatsache, dass Annies Affäre bereits 40 Jahre her ist, für ihn überhaupt keine Rolle. Keine Verjährung für Ehebruch! So lautet seine Devise, die ihm als Begründung für eine veritable Kriegserklärung dient. Dank seiner Geheimdienstkontakte ist der Nebenbuhler schnell aufgespürt, der private Feldzug führt ihn schnurstracks nach Nizza.

Die französische Kinolandschaft wurde im Jahr 2024 um eine charmante Komödie bereichert: "Liebesbriefe aus Nizza". Dieser Film, der das Herz berührt und gleichzeitig zum Schmunzeln bringt, erzählt die Geschichte eines Ehepaares, dessen Leben durch eine überraschende Entdeckung auf den Kopf gestellt wird. Im Mittelpunkt steht die herausragende Leistung von Sabine Azéma, die in ihrer Rolle als Annie Marsault einmal mehr ihr schauspielerisches Talent unter Beweis stellt. Mit ihrer gewohnt charmanten und zugleich tiefgründigen Darstellung gelingt es ihr, die Komplexität ihrer Figur glaubhaft darzustellen. Azéma verkörpert eine Frau, die einerseits von Schuldgefühlen geplagt ist, andererseits aber auch eine große Lebenslust besitzt. Ihre Darstellung macht Annie zu einer Figur, die man sowohl liebt als auch hasst. "Liebesbriefe aus Nizza" ist mehr als nur eine leichte Unterhaltung.

Der Film thematisiert relevante gesellschaftliche Fragestellungen: Wie gehen wir mit der Vergangenheit um? Wie können wir Vertrauen wieder aufbauen? Und was bedeutet wahre Liebe? Die Regisseure schaffen es, diese komplexen Themen auf eine unterhaltsame und zugleich nachdenkliche Weise zu behandeln. Er verhandelt diese wichtigen Themen auf eine leichte Art und Weise, die charakteristisch ist für französische Filme und speziell für Komödien aus unserem Nachbarland. Trotz aller Turbulenzen ist "Liebesbriefe aus Nizza" letztendlich eine Hommage an die Liebe. Der Film zeigt, dass Liebe nicht immer einfach ist und dass sie viele Facetten hat. Er erinnert uns daran, dass auch in einer langjährigen Ehe die Leidenschaft nicht erlöschen muss und dass es immer wieder neue Möglichkeiten gibt.


LIEBESBRIEFE AUS NIZZA

Start: 01.08.24 | FSK 6
R: Ivan Calbérac | D: André Dussollier, Sabine Azéma, Thierry Lhermitte
Frankreich 2024 | Neue Visionen Filmverleih


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