KINO | 29.05.2024

MEIN TOTEMTIER UND ICH

Die 11-jährige Ama lebt, solange sie denken kann, in den Niederlanden. Sie ist passionierte Schwimmerin und verbringt mit ihrem besten Freund Thijs jede freie Minute im Schwimmbad, um für die anstehenden Meisterschaften zu trainieren. Ama fühlt sich heimisch in Rotterdam, doch seit der Asylantrag ihrer senegalesischen Eltern abgelehnt wurde, lebt die vierköpfige Familie in der Illegalität. Als Amas Mutter und ihr kleiner Bruder festgesetzt werden, kann sich Ama verstecken.

von Franziska Keil


© Govinda van Maele

„Geh auf keinen Fall zur Polizei!“ Wie ein Mantra hat Ama diesen Satz immer wieder von ihren Eltern gehört. Denn Amas Familie stammt aus dem Senegal und hält sich illegal in den Niederlanden auf. Seit 11 Jahren, denn Ama wurde bereits in Rotterdam geboren. Amas Familie lebt schon lange unter dem Radarschirm der Behörden, was nicht immer ganz leichtfällt. Trotzdem geht Ama regelmäßig zur Schule und gehört als Nachwuchsschwimmerin zu den Besten des Landes. Doch dann fliegen Amas Mutter und ihre Schwester durch einen Zufall auf und werden verhaftet. Amas Vater und sie selbst verstecken sich und suchen einander, um irgendwie gemeinsam die Abschiebung der Familie zu verhindern, als bei Ama plötzlich ein riesiges Stachelschwein auftaucht, das sich als ihr Totemtier entpuppt, eine Mischung aus „Local Guide“ und Schutzengel.

Der Film „Mein Totemtier & Ich“ des niederländischen Regisseurs Sander Burger ist ein unterhaltsamer und spannender Familienfilm mit einer ernsten gesellschaftlichen Botschaft. Dabei behandelt der Film das Thema Migration, gesellschaftlich mit sehr vielen Emotionen besetzt, behutsam und ausgewogen. Der Film unterliegt dabei nicht der Versuchung einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen zu liefern, sondern setzt auf die Intelligenz des Publikums. Doch auch unabhängig dieser gesellschaftspolitischen Themen, bietet der Film spannende familiengerechte Unterhaltung und erzählt die abenteuerliche Geschichte der 11jährigen Ama, die mit ihrer Familie versucht in Europa Wurzeln zu schlagen. Wir sehen Ama, die sich entspannt in ihrem Alltag bewegt, zur Schule geht und eine talentierte Schwimmerin ist. Doch unter dieser harmonischen Oberfläche brodelt es. Der Familie droht die Abschiebung.

Dieses Bedrohungsszenario baut der Film mit vielen kleinen Hinweise behutsam auf. So spürt das Publikum schnell, dass da etwas nicht stimmt. Dabei wird die groteske Situation deutlich, dass Ama in einem Land leben soll, dass sie nicht kennt und nie dort bewusst gelebt hat. Der Film will auf diese Situation aufmerksam machen und kritisiert bewusst bürokratische Strukturen. Die Inszenierung erinnert dabei jedoch an eine Art Märchen mit dem titelgebenden Totemtier. An dieser Stelle vermischt der Film fantastische und reale Elemente, um das Thema auch für ein jüngeres Publikum erfahrbar zu machen. Der Film bietet keine grundlegenden Lösungen für bestehende Probleme an, verweist aber auf den menschlichen Faktor und präsentiert eine toll agierende Hauptdarstellerin.


MEIN TOTEMTIER UND ICH

Start: 06.06.24
R: Sander Burger | D: Aqil Dahhan, Ole van Hoogdalem, Lies Visschedijk
Niederlande, Luxemburg, Deutschland 2022 | Farbfilm



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