Zwischen
Plastikblumen und Schießübungen: Niki de Saint Phalle wurde
mit ihren Nana-Skulpturen weltberühmt, als jene Künstlerin,
die mit Messern und Gewehren Gemälde beschoss. Ihre Lebensgeschichte
steckt voller Abgründe. Um 1950 lässt die junge Niki alles
hinter sich und zieht mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Frankreich.
Als Modell und Schauspielerin träumt Niki von einem größeren
Leben in Paris.
Das
gesellschaftliche und politische Klima während der McCarthy-Ära
in den USA veranlasst die Künstlerin Niki de Saint Phalle (Charlotte
Le Bon) schließlich, alle Zelte abzubrechen und zusammen mit
ihrem Mann Harry Matthews (John Robinson) und ihrer Tochter nach Frankreich
zu ziehen. Doch die Geister ihrer Vergangenheit folgen Niki auch bis
nach Europa. Statt einem Leben in Glanz und Glorie als Model und Schauspielerin
in Paris zerbricht Niki schon bald und muss sich psychiatrische Hilfe
suchen. Dabei findet sie zur bildenden Kunst – und stellt so
schon bald die bisherigen Konventionen dieser Welt auf die Probe.
Céline Sallettes Regiedebüt „Niki
de Saint Phalle“ ist ein eindringliches Porträt einer Ausnahmekünstlerin,
das sich wohltuend von konventionellen Biopics abhebt. Der Film, der
zu den besten Werken des Kinojahres 2025 zählt, wagt es, die
Kunst selbst in den Hintergrund zu rücken und stattdessen die
Psyche einer Frau in den Fokus zu stellen, die ihr Trauma in ein kraftvolles
künstlerisches Statement verwandelte. Sallette trifft eine mutige
Entscheidung, die Werke Niki de Saint Phalles nicht explizit zu zeigen.
Stattdessen konzentriert sie sich auf die inneren Kämpfe der
Künstlerin, auf die psychischen Narben, die der Missbrauch durch
ihren Vater hinterlassen hat.
Der
Film wird so zu einer Anklage des Patriarchats, das Frauen in ihren
Rollen als Opfer und Hysterikerinnen festschreibt. Die „Nanas“,
die voluminösen, farbenfrohen Skulpturen, die Saint Phalle berühmt
machten, werden nicht gezeigt. Doch ihre Präsenz ist allgegenwärtig,
ein stummer Schrei nach weiblicher Selbstbestimmung und Befreiung.
Sallette deutet die Wirkung von Saint Phalles Kunst lediglich an,
etwa in einer Szene, in der ein junger Mann auf ein „Schießbild“
schießt und damit seine Wut auf seinen Vater kanalisiert. Dieser
Moment ist von großer filmischer Kraft, da er zeigt, wie Kunst
zur Katharsis werden kann, zur Möglichkeit, unterdrückte
Gefühle auszudrücken.
Sallette zeichnet Saint Phalle als eine Frau,
die von Ärzten als hysterisch, von Kuratoren als naiv und von
ihrem Ehemann als untreu abgestempelt wird. Doch sie ist mehr als
nur ein Opfer. Sie ist eine Kämpferin, die sich gegen die Konventionen
auflehnt und ihren eigenen Weg geht. Der Film ist ein Plädoyer
für weibliche Selbstbestimmung, für die Freiheit, die eigene
Sexualität auszuleben und sich gegen die Zwänge der Gesellschaft
zu wehren. Sallette beweist mit ihrem Regiedebüt ein bemerkenswertes
Gespür für Inszenierung und eine tiefe Empathie für
ihre Protagonistin. Sie schafft eine Atmosphäre, die sowohl düster
als auch hoffnungsvoll ist, die von Schmerz und Befreiung erzählt.
„Niki de Saint Phalle“ ist ein Film, der im Gedächtnis
bleibt, der zum Nachdenken anregt und die Kraft der Kunst feiert.
NIKI DE SAINT PHALLE
Start:
20.03.25 | FSK 12
R: Céline Sallette | D: Charlotte Le Bon, John Robinson
(IV), Damien Bonnard
Frankreich 2024 | Neue Visionen Filmverleih