KINO | 02.04.2025

The Assessment

In einer Zukunft, in der Elternschaft streng reguliert ist, müssen Mia und Aaryan eine Eignungsprüfung durchlaufen, um ihren Kinderwunsch genehmigt zu bekommen. Die Gutachterin Virginia begleitet sie sieben Tage lang und stellt sie vor herausfordernde Tests, die ihre Beziehung belasten. Währenddessen wachsen Zweifel an Virginias Absichten und dem gesamten System.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Magnolia Pictures

Fleur Fortunés Spielfilmdebüt „The Assessment“ erweist sich als ein bemerkenswertes Werk des dystopischen Kinos, das auf intelligente Weise existenzielle Fragen nach Fortpflanzung, Freiheit und staatlicher Kontrolle verhandelt. Der Film, der aktuell in den Kinos gestartet ist, etabliert Fortuné als eine Regisseurin mit einer prägnanten visuellen Sprache und einem Gespür für subtile psychologische Spannungsbögen. In einer nicht allzu fernen Zukunft, in der die Reproduktion streng staatlich reglementiert ist, durchlaufen Mia und Aaryan ein siebentägiges, psychologisch hochgradig belastendes Bewerbungsverfahren, um die Erlaubnis zur Elternschaft zu erhalten. Die staatliche Gutachterin Virginia, deren Präsenz von einer unheilvollen Ruhe durchzogen ist, seziert ihre Beziehung und ihre individuellen Psychen mit einer inquisitorischen Präzision. Die narrative Ökonomie des Films konzentriert sich primär auf diese Trias von Charakteren, wodurch ein klaustrophobisches Kammerspiel entsteht, das seine Intensität aus den subtilen Machtdynamiken und den aufkeimenden Zweifeln an der Integrität des Systems bezieht. Fortunés Inszenierung ist von einer bemerkenswerten stilistischen Reife geprägt. Die kühle, sterile Ästhetik der Assessment-Einrichtung korrespondiert auf eindrückliche Weise mit der emotionalen Entfremdung und dem zunehmenden Misstrauen der Protagonisten.


© Magnolia Pictures

Die Kameraarbeit ist präzise und unaufdringlich, wodurch der Fokus auf die nuancierten schauspielerischen Leistungen von Elizabeth Olsen als die zunehmend desillusionierte Mia und Himesh Patel als der anfänglich gefasste Aaryan gelenkt wird. Alicia Vikander verkörpert Virginia mit einer ambivalenten Mischung aus professioneller Distanz und einer unterschwelligen Melancholie, die ihre wahren Motive lange im Dunkeln lässt. Die Bedeutung von „The Assessment“ für das dystopische Genre liegt in seiner bewussten Abkehr von spektakulären Actionsequenzen und seiner Hinwendung zu einer tiefgründigen psychologischen Analyse. Fortuné evoziert eine beklemmende Zukunftsvision, die ihre Bedrohlichkeit nicht aus martialischen Auseinandersetzungen, sondern aus der subtilen Erosion individueller Freiheiten und der allgegenwärtigen staatlichen Überwachung bezieht.

Der Film erinnert in seiner thematischen Dichte an Klassiker wie „Gattaca“ oder „Children of Men“, ohne dabei deren stilistische oder narrative Pfade sklavisch zu kopieren. Stattdessen entwickelt Fortuné eine eigene, unverkennbare Stimme, die durch eine präzise Figurenzeichnung und eine suggestive Atmosphäre überzeugt. Die in Köln stattgefundenen unterstreichen die internationale Koproduktion dieses ambitionierten Projekts. „The Assessment“ ist somit nicht nur ein vielversprechendes Debüt einer neuen Regisseurin, sondern auch ein intelligenter und beunruhigender Beitrag zum zeitgenössischen Science-Fiction-Kino, der den Zuschauer noch lange nach dem Verlassen des Kinosaals in seinen Bann zieht.


THE ASSESSMENT

Start: 03.04.25 | FSK 16
R: Fleur Fortuné | D: Alicia Vikander, Elizabeth Olsen, Himesh Patel
Deutschland, USA, Großbritannien 2025 | capelight pictures


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