KINO | 18.09.2024

THE SUBSTANCE

Elisabeth Sparkle (Demi Moore) ist eine Schauspielerin, die ihre besten Jahre bereits hinter sich hat. Nachdem sie von einem sexistischen Produzenten gefeuert wird und aufgrund ihres Alters keine Rollen mehr bekommt, gerät sie in eine Abwärtsspirale der Verzweiflung.

von Eve Pohl


© Universal Studios

Elisabeth Sparkle (Demi Moore) ist eine Schauspielerin, die ihre besten Jahre bereits hinter sich hat. Nachdem sie von dem sexistischen Studioboss Harvey (Dennis Quaid) schließlich gefeuert wird, sie deshalb kein regelmäßiges Einkommen mehr hat und aufgrund ihres Alters nun auch keine anderen Rollen mehr bekommt, gerät sie in eine gefährliche Abwärtsspirale der Verzweiflung – bis zu jenem schicksalhaften Autounfall, der sie zu einer mysteriösen Firma führt, die ihr eine rätselhafte Substanz anbietet, die angeblich dafür sorgt, dass man sich vorübergehend in eine bessere Version seiner selbst verwandelt. Wird Elisabeth der Versuchung nachgeben? Die Regeln sind simpel und nicht verhandelbar. Nimmt sie die Spritze mit dem Wundermittel an, muss sie exakt eine Woche in ihrem „besseren“ Körper verbringen, gefolgt von einer Woche in ihrem eigentlichen Körper usw. usf. Wird dieser Rhythmus gebrochen, drohen schlimme Konsequenzen.

In einer Welt, in der das Streben nach Jugend und Schönheit oft über alles andere gestellt wird, bringt Coralie Fargeats neuester Film "The Substance" frischen Wind in die Diskussion um Identität, Selbstwert und die Herausforderungen, denen Frauen im Showbusiness und in der Gesellschaft gegenüberstehen. Mit Demi Moore in der Hauptrolle als Elizabeth Sparkle, einer einst gefeierten TV-Aerobic-Ikone, die von ihrem eigenen Erfolg überrollt wurde, bietet der Film eine scharfsinnige und zugleich groteske Betrachtung des Kampfes zwischen verschiedenen Ichs – dem Ich von gestern, dem Ich von heute und dem Ich von morgen. Die Prämisse des Films ist sowohl faszinierend als auch beunruhigend: Dank einer geheimnisvollen Substanz erhält Elizabeth die Möglichkeit, ihre Jugend zurückzugewinnen. Doch diese Rückkehr zur Jugend ist nicht ohne Preis. Die Einführung von Sue (gespielt von Margaret Qualley), einem alternativen Ich von Elizabeth, führt zu einem inneren Konflikt, der nicht nur körperliche, sondern auch psychische Konsequenzen hat. Hier wird das Konzept des „Male Gaze“ auf subversive Weise dekonstruiert. Während männliche Regisseure oft dazu neigen, Frauen auf eine bestimmte Art und Weise darzustellen – als Objekte des Begehrens oder als perfekte Schönheiten – nutzt Fargeat die Kamera, um die Absurdität dieser Darstellungen zu hinterfragen.


© Universal Studios

Die wiederholte Fokussierung auf den Körper der Aerobic-Tänzerinnen und insbesondere auf den von Margaret Qualley wird nicht zum voyeuristischen Spektakel degradiert; vielmehr wird sie zu einem satirischen Kommentar über den Druck, dem Frauen ausgesetzt sind. Fargeat zeigt uns die groteske Realität hinter dem Glanz der Unterhaltungsindustrie und lässt uns gleichzeitig darüber nachdenken, was es bedeutet, sich selbst treu zu bleiben. Demi Moores Darstellung von Elizabeth ist ein Meisterwerk der Uneitelkeit. In einer Branche, die oft Frauen für ihr Alter bestraft, zeigt Moore eine verletzliche Seite ihrer Figur. Sie kämpft mit dem ständigen Vergleich zu Sue und muss sich mit der schmerzhaften Realität auseinandersetzen, dass ihr Wert nicht nur an ihrem äußeren Erscheinungsbild gemessen werden sollte. Diese Botschaft ist besonders relevant in einer Zeit, in der soziale Medien und Hollywood-Standards Frauen unter Druck setzen, immer jünger und perfekter auszusehen. Der Film thematisiert ebenso die toxischen Erwartungen an Frauen im Beruf und im Privatleben. Elizabeths innere Kämpfe spiegeln die Herausforderungen wider, mit denen viele Frauen konfrontiert sind: Wie viel Arbeit muss man leisten? Wie viel Selbstaufopferung ist nötig? Und vor allem: Wie kann man sich selbst wertschätzen in einer Welt, die ständig nach dem Neuen strebt?

"The Substance" ist mehr als nur ein Drama; es ist ein Fest des Exzesses. Die grotesken Creature-Effekte und das blutige Finale im TV-Studio sind nicht nur Schockelemente; sie sind Teil eines größeren Kommentars über das Spektakel der Unterhaltungsindustrie. Fargeat nutzt diese Übertreibungen geschickt, um das Publikum zum Nachdenken anzuregen – über den Preis des Ruhms und die Absurditäten des Lebens im Rampenlicht. Moores Performance erinnert an Meryl Streeps ikonische Rolle in "Der Tod steht ihr gut", wo ebenso das Altern als etwas dargestellt wird, das sowohl tragisch als auch komisch sein kann. In "The Substance" wird jedoch klarer denn je: Es gibt keine Gewinnerin in diesem Wettlauf um Perfektion – nur Verliererinnen. Coralie Fargeats "The Substance" ist ein mutiger Schritt in Richtung einer ehrlicheren Darstellung weiblicher Erfahrungen im Film. Durch eine Kombination aus schwarzem Humor und schockierenden Bildern gelingt es dem Film, tiefere Fragen über Identität und Selbstwert zu stellen. Demi Moore liefert eine bemerkenswerte Leistung ab und zeigt uns einmal mehr, dass wahre Schönheit aus Authentizität entsteht.


THE SUBSTANCE

Start: 12.09.24 | FSK 12
R: Coralie Fargeat | D: Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid
USA, Großbritannien, Frankreich 2024 | MUBI


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