Schon
seit 2003 erobert die Geschichte der „bösen Hexe des Westens“
auf der Broadway-Bühne die Herzen der Musical-Fans. Nun erscheint
der erste Teil der Filmadaption WICKED endlich auf der großen
Leinwand und ist wohl einer der meist gehypten Filme des Jahres. Regisseur
John M. Chu entführt Zuschauer in die magische und farbenfrohe
Welt von Oz, die von mysteriösen Vorkommnissen bedroht wird.
Es
gab dieses Jahr einige Filme, die in den sozialen Medien extrem gehyped
wurden - „Beetlejuice Beetlejuice“, „Longlegs",
„The Substance“… um nur einige zu nennen - aber
ein Film bleibt unübertroffen, was Memes, TikTok-Sounds und Kontroversen
angeht: WICKED. Schon seit seiner Ankündigung sorgt die Verfilmung
des gleichnamigen Musicals für Spannung und Skepsis gleichermaßen,
denn das Broadway-Stück hat sich seit seiner Premiere 2003 ohne
Frage zu einem kulturellen Phänomen entwickelt. Der Film bleibt
weitgehend der Vorlage treu, was Musical-Fans sicherlich freut, allerdings
garantiert eine gute Vorlage allein nicht automatisch einen herausragenden
Film.
WICKED erzählt die Vorgeschichte von L.
Frank Baums „Der Zauberer von Oz“ aus einer neuen Perspektive.
Im Mittelpunkt stehen Elphaba (Cynthia Erivo), eine junge Frau mit
grüner Haut und magischen Fähigkeiten und Glinda (Ariana
Grande), die strahlende Verkörperung von Perfektion, Privilegien
und Oberflächlichkeiten. Im Laufe der Handlung entwickeln sich
die beiden von Feindinnen zu Freundinnen, während sie mit mysteriösen
und dunklen Vorkommnissen in Oz konfrontiert werden und dem Publikum
offenbart wird, wie die böse Hexe des Westens eigentlich böse
geworden ist. Das Drehbuch, angelehnt an das Musical, setzt sich mit
Themen wie Vorurteile, Machtstrukturen und moralischer Ambivalenz
auseinander.
Eines
der stärksten Elemente von WICKED ist zweifellos seine visuelle
Gestaltung. Oz wird mit beeindruckender Detailverliebtheit zum Leben
erweckt und das Budget von über 300 Millionen Dollar für
beide Filme, WICKED - Teil 2 folgt Ende 2025, wird auf der Leinwand
deutlich sichtbar. Die detailverliebten Kulissen erschaffen ein bezauberndes
Setting und anstatt bei den Sets auf CGI zu setzen, wurden viele von
ihnen, wie die Universität Glizz oder die Smaragdstadt, tatsächlich
gebaut, was diese bezaubernden Orte in Oz noch realer wirken lässt.
Aber auch CGI-Animationen wie fliegende Affen oder sprechende Tiere
sind sehr gut gemacht und verleihen der farbenfrohen Welt ihren Charme.
Die Besetzung von WICKED war eines der am meisten
diskutierten Themen während der Entstehung des Films. Cynthia
Erivo und Ariana Grande
liefern beide sehr solide Performances ab und überzeugen vor
allem mit stimmlicher Bravur in mehreren Performances. Cynthia Erivos
Interpretation von „Defying Gravity“ ist zweifellos ein
Höhepunkt des Films. Ihre Stimme vereint Kraft und Verletzlichkeit
und macht Elphabas inneren Konflikt spürbar. Trotz der guten
schauspielerischen Leistungen können die Charaktere meiner Meinung
nach nicht immer die gewünschte emotionale Tiefe vermitteln,
was daran liegt, dass der fast dreistündige Film für seine
Länge ziemlich wenig Handlung beinhaltet. Insbesondere Glinda
und ihre persönliche Entwicklung erschließen sich mir kaum.
Der Schritt von Feindinnen zu Freundinnen in Elphaba und Glindas Beziehung
wird viel zu schnell in einer seltsamen Tanzszene abgehandelt und
macht einen extrem oberflächlichen Eindruck, da Elphaba Glinda
kurz zuvor einen Platz in einem Zauberseminar besorgt hatte und die
Freundschaft daher sehr erkauft und wenig emotional fundiert wirkt.
Zusätzlich
zu den beiden Hauptdarstellerinnen, hat WICKED auch eine sehr starke
Besetzung in den Nebenrollen. Jonathan Bailey als Fiyero, Michelle
Yeoh als Madame Morrible und Jeff Goldblum als Zauberer von Oz sind
alles keine unbekannten Namen. Yeoh sticht hier mit ihrer schauspielerischen
Leistung besonders heraus, denn ihr gelingt es, die manipulative und
intrigante Natur ihrer Figur subtil und trotzdem eindringlich zu vermitteln.
Fiyero bleibt als Charakter trotz Baileys charismatischer Darstellung
ziemlich blass und eindimensional, was an zu wenig Abwechslung in
der Handlung rund um diese Figur liegt.
Auf emotionaler Ebene haben mich viele der
Charaktere und Lieder absolut nicht abgeholt, allerdings hatte ich
aufgrund des Social Media-Hypes wahrscheinlich einfach viel zu hohe
Erwartungen an den Film. Für mich persönlich ist WICKED
vor allem durch seine opulente visuelle Gestaltung ein sehenswertes
Erlebnis. Trotz einiger narrativer Mängel, hat der Film eine
positive Botschaft: Jede Geschichte hat zwei Seiten und Gut und Böse
sind nicht immer das, was sie auf den ersten Blick scheinen zu sein.
WICKED
Start:
12.12.24 | FSK 6
R: Jon M. Chu | D: Cynthia Erivo, Ariana Grande, Jonathan Bailey
USA 2024 | Universal Pictures Germany