Nadine
tut wirklich alles dafür, auch mit 50 noch jung, straff und sexy
zu sein. Trotzdem landet ihr Mann Phillipp bei einer Prostituierten
und lässt Nadine in eine schwere Lebenskrise stürzen. Was
hat die, was sie nicht (mehr) hat? Ihre gemeinsame Tochter Lilly muss
sich derweil von Lehrerin Vicky langweilige Vorträge über
die Unsichtbarkeit von Frauen in der Historie anhören und sich
der Frage stellen, ob sie sagen kann, was sie NICHT will.
Nadine
(Anneke Kim Sarnau) setzt alles daran, auch mit 50 noch jung, straff
und attraktiv zu bleiben. Doch als ihr Mann Philipp (Godehard Giese)
sich einer Prostituierten zuwendet, stürzt sie in eine tiefe
Lebenskrise. Was hat die andere, was sie nicht hat? Ihre Tochter Lilly
(Emilia Packard) beschäftigt sich unterdessen mit den Vorträgen
ihrer Lehrerin Vicky (Nora Tschirner) über die Unsichtbarkeit
von Frauen in der Geschichte und fragt sich, ob sie überhaupt
sagen kann, was sie nicht will – etwa gegenüber ihrem Freund
Enno (Levy Rico Arcos). Dieser sitzt während der Projekttage
in einem Kurs über „toxische Männlichkeit“,
geleitet von Vickys neuem Kollegen Trevor (Malick Bauer), der schnell
ihr Interesse weckt. Doch eigentlich vermisst Vicky ihren Partner
Franz, der sich auf unbestimmte Zeit in die Berge zurückgezogen
hat, da sie nicht mehr sicher ist, ob isolierte Zweisamkeit das richtige
Lebensmodell für sie ist. Isolation spürt auch Julie (Emilia
Schüle) in ihrem neuen Job als Aufnahmeleiterin einer TV-Show.
Der Umgang mit einem übergriffigen Kollegen verstärkt ihre
Selbstzweifel: Ist sie wirklich zu schwierig, zu empfindlich, zu laut?
Doch selbst, wenn sie ihre Stimme erhebt, will niemand so recht zuhören.
Das Zuhören fällt auch Sonja (Karoline Herfurth) und Milan
(Friedrich Mücke) schwer, die sich inzwischen getrennt haben.
Bei einer Familientherapie versuchen sie, eine gemeinsame Sprache
zu finden, doch als Sonja von Milans neuer Partnerin erfährt,
trifft es sie hart. Aus Angst allein zurückzubleiben, wagt sie
sich selbst ins Dating – und erkennt dabei, dass sie etwas ganz
anderes sucht.
Im
Gegensatz zu seinem Vorgänger („Wunderschön“)
nimmt sich dieser Film von Karoline Herfurth eine neue Palette von
Themen vor. Zuletzt hatte man sich mit dem eigenen Körperbild
und dem Altern beschäftigt, wie man sich im eigenen Körper
wohl fühlen kann und die Akzeptanz dafür, dass man mit anstatt
gegen ihn arbeiten sollte. Das war sicherlich eine banale, aber dennoch
passende Annäherung an das Thema, welche aber trotzdem aufgrund
der massiven Überladung von Charakteren und Handlungssträngen
häufig nur an der Oberfläche kratzte. Den Film konnte man
sich gut ansehen, auch wenn er nicht bahnbrechend war. Das Verkaufsargument
als überragender Aufruf nach Akzeptanz und Body Positivity, anstatt
Selbstoptimierung konnte er zwar nicht einlösen, aber vielleicht
ist das auch gar nicht nötig.
Nun
wird uns die nominelle Fortsetzung in Form von „Wunderschöner“
präsentiert, der die großen gesellschaftlichen Themen sexuelle
Selbstbestimmung, Solidarität unter Frauen aber auch den Umgang
innerhalb von Beziehungskonstrukten und Geschlechterrollen allgemein
verhandelt. Der Film versucht eine jahrelange Debatte zur Rolle der
Frau in der Gesellschaft in zwei unterhaltsamen Stunden möglichst
gefällig zum Abschluss zu bringen. Allerdings verhebt er sich
an dieser Mission ganz schön und so wird er insgesamt eher zur
seichten Komödie. Das ist schade.
Denn
wir brauchen Geschichten, die sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen
– gerne auch auf humorvolle Art und Weise. Das führt einen
aber zum Kernproblem dieses Films. Es handelt sich hier eben nicht
um eine stringent erzählte Geschichte, sondern um lose miteinander
verknüpfte Handlungsstränge. Wie auch schon beim ersten
Teil, wird erst spät klar, was die einzelnen Figuren eigentlich
miteinander zu tun haben und das macht die Geschichte etwas beliebig.
Es ist eine große Kunst, mehr als zwei oder drei Hauptfiguren
eine Bühne zu bieten und ihre Geschichten gleichberechtigt zu
erzählen. Dadurch, dass wir hier fünf verschiedenen Hauptfiguren
und zusätzlich diversen Nebendarstellern folgen sollen, kann
jeder einzelne dieser Stränge nur ganz oberflächlich betrachtet
werden
Ob es nun die Geschichte von Julie ist, die
nach ihren traumatischen Erlebnissen in der Modelwelt nun als Aufnahmeleiterin
arbeitet und dort vom Chef belästigt, gemobbt und schließlich
vor allen bloßgestellt wird und dann wundersamerweise einen
perfekten Job findet. Das ist im Endeffekt eine Nummernrevue, die
alle Punkte perfekt abharkt, die eine Missbrauchsgeschichte am Arbeitsplatz
normalerweise erzählt. Aber das Leben ist nicht so schwarz-weiß
und geradlinig. Man hätte diesen Film auch wunderbar nur über
diese eine Geschichte erzählen und dabei viel mehr in die Tiefe
gehen können.
Gleichzeitig hat der Film natürlich seine
guten Momente, die gelungen sind. Er zeigt an einigen Stellen sehr
erschütternd, dass Frauen auch nicht die besseren Menschen sind.
Man denke dabei nur an die Lunch-Ladies, die sich wirklich furchtbar
benehmen und in ihrem ganzen Habitus quasi einer allabendlichen Stammtischrunde
gleichen. Sie sind herablassend, sexistisch und das ist ihnen völlig
egal. Zu diesem illustren Kreis gehört auch Nadine. Deren Handlungsstrang
ist derjenige, der am besten erzählt wird. Die Familie scheint
nach außen hin vollkommen perfekt zu sein. Sie glänzt in
der Berliner High Society, er ist Finanzsenator und mit ihren beiden
Teenager-Kindern leben sie in einem geschmackvoll eingerichteten Haus.
Doch dann bröckelt die Fassade, als sie herausfindet, dass ihr
Mann sich mit einem Luxus-Callgirl (Nadja) getroffen hat. Sie versucht
erst den Skandal zu vertuschen, doch dann trifft sie die junge Frau
selber und sie entscheidet sich zu einer anderen Herangehensweise,
indem sie Nadja hilft.
Die
schwierigen Dynamiken einer zerfallenden Beziehung, die man aber dennoch
nicht so richtig sein lassen kann, werden in ihren Nuancen gut beschrieben.
Der Handlungsstrang von Sonja und Milan passt zwar überhaupt
nicht zu den anderen Themen im Film, aber das kann man ihm gut verzeihen.
An diesen Stellen funktioniert gut, was in anderen Szenen oft zu kurz
kommt: Man versteht, dass es hier um Menschen geht, dass sie nicht
gut oder böse, sondern eben oft einfach irgendwo dazwischen.
Sie versuchen auszuloten, welcher Weg für sie gemeinsam funktioniert
und manchmal eben auch, dass es vielleicht alleine besser geht. Leider
wird diese wunderbare Exploration einer scheiternden Beziehung durch
das Ende der Story ad absurdum geführt. Schade!
Es lässt sich also sagen, dass man hier
das Potenzial für mindestens drei unterschiedliche Filme gehabt
hätte. Sie alle in einem einzelnen Film zu erzählen ist
mutig, aber so richtig aufgehen mag das Konzept nicht. Häufig
kratzt man an der Oberfläche, schneidet ein Problem an, geht
den Weg aber nicht zu Ende.
Schauspielerisch ist „Wunderschöner“
durchaus solide, fällt aber nicht durch herausragende Leistungen
einzelner auf. So kann aber das ganze Ensemble glänzen, was erfrischend
ist. Es fällt aber auf, dass es in der Anlage der Figuren und
der Besetzung ziemlich unterschiedliche Ansätze gibt. Während
Emilia Schüle (Julie) eher zurückhaltend spielt und nur
in ein paar ausgewählten Momente wirklich aus sich herauskommt,
sind Karoline Herfurth (Sonja) und gerade Nora Tschirner (Vicky) sehr
körperlich und es wirkt teilweise überzeichnet.
Insgesamt lässt dieser Film einen ein
bisschen ratlos zurück. Es ist gut und auch sehr wichtig, dass
im Kino Themen verhandelt werden, wie die Rolle der Frau. Aber dieser
Film erzählt seine Geschichte(n) leider überhaupt nicht
konsequent. Am Ende traut er sich nicht, auch die unangenehmen Realitäten
stehen zu lassen, mit denen Frauen im Alltag immer wieder zu kämpfen
haben. Vielmehr will er mit aller Macht ein gutes Ende für die
Figuren herbeiführen. Das ist Betrug am Zuschauer, denn er versucht
die Illusion zu verkaufen, dass eben doch alles gut wird. Und da macht
er es sich schlicht zu einfach.
WUNDERSCHÖNER
Start:
13.02.25 | FSK 12
R: Karoline Herfurth | D: Karoline Herfurth, Anneke Kim Sarnau,
Emilia Schüle
Deutschland 2025 | Warner Bros. GmbH