KINO | 14.10.2020

ASTRONAUT

Angus' längst erloschener Traum wird wieder entfacht, wenn ein nationaler Wettbewerb angekündigt wird. Der Preis? Ein Ticket für eine Reise in den Weltraum! Weit über die Altersgrenze hinaus fälscht Angus sein Geburtsdatum und nimmt am Wettbewerb teil. Gegen alle Widrigkeiten muss er gegen Vorurteile, Krankheit und Zeit kämpfen, um das Ticket zu gewinnen und die Reise seiner Träume anzutreten.

von Richard-Heinrich Tarenz & Eve Pohl


© JETS Filmverleih & Vertrieb

Der einsame Witwer Angus (Richard Dreyfuss) träumt schon sein ganzes Leben davon, eine Reise ins All zu unternehmen. Als der erfolgreiche Geschäftsmann Marcus Brown (Colm Feore) ein Gewinnspiel veranstaltet und einen Platz auf dem ersten kommerziellen Weltraumflug verlost, will Angus teilnehmen. Das Problem: Das Alterslimit liegt bei 65 und der über 70 Jahre alte, gesundheitlich auch schon angeschlagene Angus darf eigentlich nicht mitmachen. Also lügt er über sein Alter und schafft es sogar unter die finalen Kandidaten…

ASTRONAUT ist ein bewegender und wunderschöner Film über
die Menschlichkeit und ein mutiges Plädoyer, um seine Träume zu leben!

Mit „Astronaut“ hat Regisseurin Shelagh McLeod ein überzeugendes Spielfilmdebüt abgeliefert, nachdem die Kanadierin mit britischen Wurzeln zuvor eine erfolgreiche Schauspielkarriere an den Tag gelegt hat. Wie wichtig sind Träume im Leben und welchen Preis ist man bereit zu zahlen, um seine Träume zu verwirklichen? In diesem Film greift die 75-jährige Hauptfigur im wahrsten Sinne des Wortes nach den Sternen. Was könnte wirkmächtiger sein!


© JETS Filmverleih & Vertrieb

Zugleich transportiert dieser Film die machtvolle und wichtige Botschaft, dass man alte Menschen nicht auf das soziale Abstellgleis schieben darf. Es gibt sehr viele Menschen wie Angus, großartig und sehr berührend gespielt von Hollywood-Legende Richard Dreyfuss („Unheimliche Begegnung der dritten Art“), die über einen enormen Erfahrungsschatz verfügen und sehr viel zu geben haben. Diesen Erfahrungsschatz nicht zu nutzen ist eine große Unterlassungssünde, gerade für die jüngeren Generationen. Dreyfuss spielt in diesem Film mit einer sehenswerten liebevollen Bedächtigkeit. Sein nuanciertes Spiel macht aus einem guten Film einen großartigen Film. Shelagh McLeod inszeniert „Astronaut“ souverän mit einem feinen Fingerspitzengefühl für die leisen Zwischentöne. Das Drehbuch zu diesem Film stammt aus der Feder von Shelagh McLeod, die damit ebenfalls großes Talent beweist. Der Film kommt ohne billige Effekthascherei oder emotionalen Overkill aus. Die Wandlung von Angus von einem Mann, der seine Frau verloren hat, sein Haus verkaufen lässt und in ein Heim verbracht wird, hin zu einem Mann, der mutig seine Träume verfolgt und lebt, ist nachvollziehbar und in sich schlüssig motiviert. Einzig allein sein Enkel Barney kümmert sich um ihn und nimmt ihn und seine Träume und Wünsche ernst. Die erste Hälfte von „Astronaut“ ist keine einfache Kost. Sie ist ein Einblick in eine Familie mit zahlreichen offenen Wunden. Alle habe ihre eigenen Probleme, da ist wenig Platz für einen alten Mann mit seinen Träumen. Diese Thematik wird ohne erhobenen Zeigefinger inszeniert, nüchtern und liebevoll zugleich.


© JETS Filmverleih & Vertrieb

Das Heim, in welches Angus nun gebracht wird, erinnert ein wenig an die legendäre und schreckliche psychiatrische Anstalt in "Einer flog über das Kuckucksnest". Da finden wir die dominante Pflegerin und einen fast stummen Ureinwohner, toll gespielt von Graham Greene („Der mit dem Wolf tanzt“). In dieser Umgebung wird aus einem zögernden und resignierten Angus ein rebellischer Kämpfer, der es der ganzen Welt zeigt, dass man Leute seines Alters nicht unterschätzen sollte. Ihm zur Seite steht sein Enkel Barney, überzeugend gespielt von Richie Lawrence, der niemals aufhört an seinen Opa zu glauben und ihn zu unterstützen. Zusammen sind sie ein tolles Team, dass Jung und Alt sehr schön verbindet. Was „Astronaut“ neben seiner positiven Grundaussage zu so einem schönen Film macht, ist der Umstand, dass er sehr verschiedene Themen geräuschlos miteinander verknüpft. Da ist Angus, der sich für den Weltraumflug bewirbt und daran macht seinen Lebenstraum zu verwirklichen. Das führt zu einem Erweckungserlebnis für die Leute im Heim, die neugierig und lebenslustig werden. Da ist die Familie von Angus, die sich durch ihn aus ihrer inneren Erstarrung befreien kann und alte Wunden heilen kann. „Astronaut“ transportiert einen sehr versöhnlichen Grundton und einen Positivismus, die in diesen schweren Zeiten wahrer Balsam für die Seele sind. Zugleich ist der Film nicht abgehoben, sondern vermittelt ein sehr realistisches Bild des Themas.

„Astronaut“ sorgt für Spannung und Unterhaltung bis zur letzten Sekunde. Der Film fesselt bis zum Abspann, was nicht zuletzt an einem konsequenten und sehr gelungenen Schluss liegt, der an dieser Stelle selbstverständlich nicht verraten werden soll. „Astronaut“ ist ein Film für die ganze Familie, den man sich auf jeden Fall ansehen sollte.


ASTRONAUT

Kanada 2019 | JETS Filmverleih & Vertrieb | Start: 15. Oktober 2020 (FSK 6)
R: Shelagh McLeod | D: Richard Dreyfuss, Lyriq Bent, Krista Bridges


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