KINO | 08.09.2021

Atomkraft Forever

2022 steigt Deutschland endgültig aus der Atomkraft aus: Das letzte Atomkraftwerk wird abgeschaltet, weil die Erfahrung von Fukushima gezeigt hat, dass das Risiko zu hoch ist und die Technik nicht beherrschbar. Doch dass damit das nukleare Problem gelöst wäre, erweist sich bei genauerer Betrachtung als Illusion.

von Richard-Heinrich Tarenz


© Camino Filmverleih

Die Bundesregierung hat beschlossen, dass 2022 endgültig Schluss mit der Energiegewinnung aus Atomkraft ist. Doch auch wenn das Ende beschlossene Sache ist, einen Haken gibt es noch: Wohin mit den vielen Tonnen radioaktiven Müll, der entsteht, wenn die Atomkraftanlagen zurückgebaut werden? Der Filmemacher Carsten Rau wirft in seinem Film einen Blick auf einen Albtraum, der scheinbar nie ein Ende finden wird…

„Atomkraft Forever“ ist ein interessanter und aussagekräftiger Dokumentarfilm von Regisseur Carsten Rau, der einen wichtigen Beitrag zu einer Diskussion beisteuert und für Kontroversen sorgen wird. Zu Beginn des Films wird der Zuschauer in das AKW Greifswald versetzt. Das Atomkraftwerk ist seit 1995 stillgelegt. Bis 2028 soll der Rückbau abgeschlossen sein. Dieser Rückbau ist in erster Linie ein Verwaltungsakt. Denn neben den eigentlichen Rückbauarbeiten, wird alles fein säuberlich in Akten und Ordnern protokoliert. Der Ausstieg aus der Atomkraft als bürokratische Meisterleistung. Wohin der ganze Abfall, die kontaminierten Materialien eines Tages kommen sollen, weiß niemand. Die Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle läuft derzeit und gestaltet sich ähnlich bürokratisch wie der Rückbau. In diesen Szenen wird nicht nur das Konzept der Atomkraft in Deutschland hinterfragt, sondern es entsteht beim Zuschauer das Gefühl, dass die Bürokratie in diesem Land schon längst ein Eigenleben entwickelt hat, welches nicht wirklich produktiv ist, um die Zukunft dieses Landes und dieser Gesellschaft zu gestalten.

Der Endlagersuche widmet dieser Dokumentarfilm ein eigenes Kapitel. Dabei geht es um bürokratische Vorgaben, Interessen von unterschiedlichen gesellschaftlichen Akteuren, wobei jeder sein Stück am Kuchen sichern möchte. Wo Einigkeit vorherrschen sollte, wenn es um die Zukunft der Welt geht, herrscht stattdessen Uneinigkeit und Partikularismus. „Atomkraft forever“ entwickelt immer dann seine Stärken, wenn es um die Menschen geht. Menschen, die von der Atomkraft profitiert haben und Menschen, die sich gesellschaftlich gegen die Atomkraft betätigt haben. Da sehen wir die Hotelbetreiberin, für die der Atomausstieg mit großen wirtschaftlichen Einbußen verbunden ist. „Atomkraft Forever“ ist eine informative journalistische Dokumentation, der sich sachlich und ausgewogen dem kontroversen Thema widmet. Ein Thema, dass uns noch lange beschäftigen wird.


ATOMKRAFT FOREVER

Start: 16.09.21 | FSK 0
R: Carsten Rau | Dokumentarfilm
Deutschland 2020 | Camino Filmverleih


 


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