Im
Barbie-Land zu leben bedeutet, ein perfektes Dasein an einem perfekten
Ort zu führen. Außer natürlich, man steckt gerade
in einer existenziellen Krise. Oder man ist ein Ken.
In
Barbieland ist alles an seinem Platz. Die Frisur sitzt, die Kleidung
und jedes Accessoire passen zueinander. Kurz: Es ist eine perfekte
Welt, zumindest äußerlich. Wer hier leben will, muss sich
nämlich ausnahmslos an die aufgestellten Normen halten. So auch
die stereotypische Barbie (Margot Robbie), eine der einflussreichsten
Barbies im Land, die vom platinblonden Schönling Ken (Ryan Gosling)
angehimmelt wird. Doch irgendetwas stimmt in letzter Zeit nicht, denn
Barbie beschleichen immer wieder Gedanken an den Tod. Ein absolutes
No-Go im Barbieland, wo jeder Tag doch einfach nur perfekt sein sollte.
Ihre einzige Hoffnung ist die seltsame Barbie (Kate McKinnon), die
außerhalb des Barbielands ein Einsiedler-Dasein führt.
Diese offenbart ihr, dass der Ursprung ihres merkwürdigen Verhaltens
in der richtigen Welt zu finden ist und sie die Person aufspüren
muss, die mit ihr spielt. Also brechen Barbie und Ken gemeinsam in
die reale Welt auf. Doch kaum angekommen, müssen sie feststellen,
dass dort andere Regeln als im Barbieland gelten. Während Barbie
sich den neuen Herausforderungen stellt und dabei mehr als einmal
mit dem Gesetz in Konflikt kommt, entdeckt Ken das Patriarchat für
sich...
Als
das Hollywood-Studio Warner Bros. Und Spielzeug-Hersteller MATTEL
ankündigten, dass Greta Gerwig und Noah Baumbach den BARBIE-Spielfilm
überarbeiten und in die Kinos bringen würden, war die Sensation
perfekt. Zu unvereinbar schienen die Welten zwischen der Regisseurin,
die für Ihre gesellschaftskritischen und feministischen Spielfilme
(„Lady Bird“, „Little Women“) bekannt ist
und dem US-amerikanischen Spielzeug-Konzern. Es schien nur eine Frage
der Zeit, bis das Projekt an inneren Unvereinbarkeiten zwischen Kunst
und Kommerz scheitern würde. Doch weit gefehlt. Am 20. Juli feierte
BARBIE seinen umjubelten Einstand in den Kinos und erweist sich als
großer kommerzieller Erfolg weltweit. Der Spielfilm ist eine
überdrehte feministische Satire in grellem Pink, die großen
Spaß macht, ernste Themen transportiert und zugleich ohne Zweifel
die Umsätze von MATTEL ankurbeln dürfte.
Der
Spagat zwischen Kunst und Kommerz wurde dabei erfolgreich gemeistert.
Dabei verliefen die Dreharbeiten zu BARBIE keineswegs problemfrei.
Es gab eine kritische Szene im Film, die zunächst von MATTEL
verhindert werden sollte, letztendlich jedoch doch ihren Einzug in
den Film fand. Auch wenn Greta Gerwig in diesen Film sehr viele Kritikpunkte
an Barbie und MATTEL thematisiert, bleibt es fraglich, welche gesellschaftliche
Wirkung diese Kritik haben wird. Auch wenn nicht viele Dinge beim
Publikum hängenbleiben werden, ist es trotzdem ein Pluspunkt,
dass BARBIE mit seinen gesellschaftskritischen und feministischen
Themen ein sehr breites Publikum erreicht. Ein Publikum, dass sich
vielleicht sonst nicht unbedingt mit diesen Themen im Kino auseinandersetzt.
Wirklich
relevant und stark wird der Film immer dann, wenn um die Rolle der
Frauen in der realen Welt geht. Dann wird der Ton bisweilen düster
und persönlich. In diesem sehr intimen Momenten, entwickelt der
Film seine volle emotionale Durchschlagskraft. Auch wenn diese Entwicklung
sich im finalen Akt ein wenig belehrend gibt, verliert der Film dadurch
nichts von seiner Aussagekraft. Generell kann man sagen, dass BARBIE
sich in erster Linie an Erwachsene richtet, wobei auch das jüngere
Publikum durchaus seinen Spaß haben wird, besonders wenn es
um die großartigen Kulissen und Kostümen geht, die mit
sehr viel Liebe für das Detail gestaltet wurden. Das Set-Design
in diesem Film ist großartig und ein Geniestreich. Was jedoch
diesen Film wirklich sehenswert macht, sind die Schauspielerinnen
und Schauspieler in BARBIE. Margot Robbie liefert eine erstklassige
schauspielerische Leistung mit einer großen emotionalen Tiefe
ab. Ryan Gosling hingegen liefert die wohl beste schauspielerische
Leistung seiner bisherigen Karriere ab. Seine Männlichkeits-Karikatur
ist so witzig wie abgründig-erschreckend. Inszenatorisch ist
BARBIE gut gelungen. Greta Gerwig zieht alle Register ihres Könnens.
Großartig ist die Reise von Barbieland nach Los Angeles. Sei
es bei einer spektakulären Muscial-Nummer oder abtstrakten Welten
– Gerwig ist immer dann genial, wenn sie sich in neue visuelle
Welten wagt. Die Erwartungen im Vorfeld an die Regisseurin waren groß
und Greta Gerwig hat geliefert.
BARBIE
gilt als eine der bekanntesten und meistverkauften Puppen der Welt
und gehört damit zu den Spielzeugklassikern. Barbie ist ein eingetragenes
Warenzeichen der US-amerikanischen Firma Mattel und bezeichnet die
Produktionsreihe von Modepuppen im Maßstab 1:6. Auch die Puppe
Ken, das männliche Pendant, gehört zum Barbie-Franchise.
Die Firma Mattel wurde 1945 vom Ehepaar Ruth und Elliott Handler sowie
von Harold Matson gegründet. Der kleine Betrieb produzierte zunächst
Bilderrahmen, Modeschmuck und Puppenmöbel, später auch anderes
Spielzeug. Nach Aussage von Ruth Handler hatte sie bereits Anfang
der 1950er Jahre die Idee, nach dem Vorbild der Ankleidepuppen, mit
denen ihre Tochter Barbara spielte, eine Puppe zu produzieren, die
einem Mannequin glich. Auf einer Europareise entdeckte Ruth Handler
eine solche Puppe in einem Schaufenster in Luzern und kaufte sie.
Sie war etwa 30 Zentimeter groß und hatte
eine blonde Pferdeschwanzfrisur. Bei der Puppe aus dem Schaufenster
handelte es sich um die Bild-Lilli, eine Puppe nach dem Vorbild eines
Comics, den Reinhard Beuthien seit 1952 für die BILD-Zeitung
zeichnete und die seit 1955 auf dem Markt war. Der kommerzielle Erfolg
von Barbie beruht zu einem wesentlichen Teil darauf, dass sie von
Anfang an mit einer reichhaltigen Garderobe für jede Gelegenheit
ausgestattet war. Barbie wurde ursprünglich nur im Badeanzug
verkauft. Die ersten Kleider waren von den Modellen der Haute Couture
beeinflusst und trugen wie diese Namen. Barbie ging immer mit der
Mode und trug die aktuellen Farben der Saison. Ab den 1990er Jahren
wurden nicht mehr nur Kleider für mehr oder weniger alltägliche
Situationen angeboten, sondern Barbie konnte sich nun auch als Meerjungfrau,
Blumenelfe oder Märchenprinzessin verkleiden.
BARBIE
Start:
20.07.23 | FSK 6
R: Greta Gerwig | D: Margot Robbie, Ryan Gosling, America Ferrera
USA, Großbritannien 2023 | Warner Bros. GmbH