Statt
in Liebeskummer zu versinken, viel Eis zu essen und noch mehr Tränen
zu vergießen, entschließt sich Lucy kurzerhand ihren Ängsten
auf den Grund zu gehen und stellt gleich eine ganze Liste auf, die
sie von „Pornophobie“ befreien soll. Die hatte ihr nämlich
kurz zuvor ihr Ex attestiert. Doch so leicht lässt sie sich nicht
unterkriegen.
Eigentlich
hat die Violinistin Lucy Neal (Lucy Hale) ihr Leben dank Post-its
und zahlreicher To-Do-Listen voll im Griff. Sie hat sich so unter
Kontrolle, dass sie eigentlich nichts erschüttern kann - eigentlich!
Denn sie erwischt ihren Freund Jeff (Stephen Friedrich) mit einem
Pornofilm, was Lucys heile Welt ganz schön ins Wanken bringt.
Sie stellt ihn vor die Wahl: Entweder widmet er sich voll und ganz
seiner Freundin oder seinen Pornos. Beides zusammen geht nicht. Jeff
macht kurzen Prozess, bezeichnet Lucy als verklemmt und trennt sich
von ihr. Dass sie verklemmt sein soll, kann die Musikerin nicht auf
sich sitzen lassen und erstellt daraufhin eine Sex-to-do-Liste, mit
all den Dingen, die sie im Bett noch erleben will. Unterstützung
erhält sie dabei von ihren Freunden aus dem Streichquartett,
die ihr mit Freuden dabei helfen, die Liste abzuarbeiten. Von nun
an geht es für Lucy in Stripclubs, Sexshops und Pornomessen und
dabei stellt sie fest, dass man nicht nur viel über das sexuelle
Vergnügen lernt, sondern auch eine Menge über die wahre
Liebe…
Der
Film startet mit Lucy (Lucy Hale), die mit ihrem Freund Jeff (Stephen
Friedrich) zusammenlebt. Bei ihnen funktioniert die sexuelle Ebene
nicht wirklich und sie denkt lieber an ihre Einkaufslisten, anstatt
sich der Leidenschaft hinzugeben. Vermutlich liegt das daran, dass
sie eigentlich gar keinen Spaß daran hat und es nur tut, um
ihm einen Gefallen zu tun. Es kommt zum Streit über ihr Sexleben
und als sie zusätzlich entdeckt, dass er regelmäßig
Pornos online anschaut, setzt sie ihm ein Ultimatum. Soweit so gut,
es ist zwar etwas überspitzt, denn wenn man im Bett gerade an
etwas anderes denkt, wird man es sicherlich nicht laut herausschreien
und auch nicht unterbrechen, was man gerade tut, nur um „glutenfreie
Waffeln“ auf den Einkaufszettel zu schreiben, aber die Geschichte
braucht natürlich einen Aufhänger, damit sie sich auf die
Reise ihrer „sexuellen Erweckung“ machen kann. Man ist
nur leider an diesem Punkt etwas irritiert. Denn es ist schon etwas
unrealistisch, dass man vier Jahre Beziehung hinter sich hat und dann
erst – wenn es eh schon knallt – die Pornos entdeckt.
Zum Glück packt Jeff seine Sachen und zieht aus, denn man darf
wirklich niemandem wünschen, dass sich der Partner für Pornos,
anstatt für seine Partnerin entscheidet. Offensichtlich ist er
nicht in der Lage Rücksicht zu nehmen und anstatt gemeinsam darüber
zu reden, endet die Beziehung abrupt. Das ist der Einstieg in die
Geschichte, der aber einen bitteren Nachgeschmack zurücklässt.
Denn eine Beziehung ist doch mehr als die sexuelle Erfüllung,
die man in der Partnerschaft findet. Im besten Fall, haben sie einfach
gar nicht zueinander gepasst.
Nach
diesem wenig vielversprechenden Start biegt die Geschichte zum Glück
ab und es entwickelt sich eine charmante Liebesgeschichte. Denn als
sie auf einer Hochzeit mit ihrem Streichquartett anwesend ist, begegnet
ihr der attraktive Grant (Leonidas Gulaptis). Allerdings natürlich
genau in dem Moment, in dem sie versucht „HOT THROBLING COCK“
in einem Satz unterzubringen. Tja und so geht es dann auch immer weiter.
Sie bemüht sich alle sexuellen Erfahrungen nachzuholen, aber
natürlich ohne WIRKLICH Sex zu haben. Das bedeutet in einen Stripclub
zu gehen, Pornos zu sehen, Schundromane zu lesen, einen Sexshop zu
besuchen und so weiter. Seltsamerweise ist Grant ungefähr überall,
wo sie auch ist und rettet sie auch dann und wann aus einer kompromittierenden
Situation. (Wer hat sich denn nicht schon mal Erektionscreme auf die
Lippen geschmiert?!)
Leider
bewegen sich die lustigen Momente auf dem Niveau von Teenagern, die
mit Sex nichts am Hut haben, was aber auch gar nicht so wichtig ist.
Denn eigentlich dient diese ganze Kulisse nur dazu, die Beziehungen
von Menschen zu illustrieren und das klappt sehr gut. Der Film packt
einen immer dann, wenn es nicht um die große Show geht, sondern
um die kleinen Töne. In einer Szene sitzen Lucy und ihre Freundin
Pricilla (Mindy Cohn) auf einer Bank, nachdem sie zuvor im Regen spazieren
gegangen sind. In diesem Moment sieht man genau, wie sehr sie einander
schätzen. Oder auch die vielen anderen Gelegenheiten, in denen
sie mit ihren Freunden zu sehen ist. Wahre Freundschaft – das
zeigt sich – hält wirklich auch jede blöde Phase aus
und dann schaut man eben auch mal Pornos gemeinsam, während man
für einen wichtigen Auftritt probt. Neben der vordergründigen
Geschichte und den „Exkursen“ über Freundschaft,
geht es eigentlich für Lucy darum, sich selber zu beweisen, dass
sie nicht mehr Mädchen, sondern tatsächlich Frau ist. Diese
Entwicklung wird vor allem durch die Musik deutlich. Damit ist nicht
das Sounddesign gemeint, sondern tatsächlich, was von ihr auf
der Violine gespielt wird. Tolle Szenen!
Insgesamt
ist „Brave Mädchen tun das nicht“ (OT: „A Nice
Girl like you“) eine schöne Komödie, die vermutlich
auch sehr gut ohne die sexuelle Komponente in Form von abhakbaren
Punkten auf einer To-Do-Liste ausgekommen wäre. Der Film spielt
uns nicht vor, hohe Filmkunst zu sein, ist er doch sehr konventionell
inszeniert. Das macht aber nichts: An einem üsseligen Herbsttag
mit einer Tasse Tee und vielen Plätzchen sicherlich ein Film,
den man sich gut anschauen kann.
BRAVE
MÄDCHEN TUN DAS NICHT
USA 2019 | capelight pictures | Start: 24. September
2020 (FSK 12) R: Nick Riedell, Chris Riedell | D:
Lucy Hale, Mindy Cohn, Jackie Cruz