KINO | 28.10.2021

Dear Evan Hansen

Der Teenager Evan Hansen leidet unter Angststörungen und gilt in der Schule als ungewöhnlicher Außenseiter. Einer von mehreren, an sich selbst adressierten Briefen, die Evan im Rahmen seiner Therapiestunden schreiben soll, gerät zufällig in die Hände seines Mitschülers Connor Murphy, der kurze Zeit später Selbstmord begeht.

von Richard-Heinrich Tarenz


© 2021 UNIVERSAL STUDIOS. All Rights Reserved.

Für Evan Hansen (Ben Platt) ist die Zeit als Teenager nicht leicht. Während seine Mutter Heidi (Julianne Moore) als Krankenschwester Überstunden schiebt und versucht, sich und ihren Jungen durchzubringen, leidet Evan unter Angststörungen und wird in der Schule aus ungewöhnlicher Außenseiter wahrgenommen. Um sich seinen Sorgen zu stellen, soll Evan für seine Therapiesitzungen jeden Tag einen Brief an sich selbst schreiben. Allerdings gelangt einer dieser Briefe in die Hände des rebellischen und unglücklichen Connor Murphy (Colton Ryan), was für Connor zum Auslöser zahlreicher Notlügen wird. Als Connor Selbstmord begeht, finden dessen Eltern Cynthia (Amy Adams) und Larry (Danny Pino) Evans Brief bei ihm. In dem Glauben, Evan und Connor wären beste Freunde gewesen, wollen sie mehr über ihren verschlossenen Sohn herausfinden und bringen Evan damit in eine verzwickte Lage, aus der er sich nicht mehr herausziehen kann...

Ein Musical mit dem Thema psychische Krankheiten und Selbstmord klingt auf den ersten und auch auf den zweiten Blick etwas ungewöhnlich. Es ist eine delikate Gratwanderung, die sich jedoch bei „Dear Evan Hansen“ als Erfolgsgeschichte erwiesen hat. 2015 feierte das Stück seine Bühnenpremiere, 2017 seine Broadwaypremiere, die mit sechs Tony-Awards ausgezeichnet wurde und nun der Kinofilm unter der Regie von Stephen Chbosky („Wunder“), der am 28. Oktober 2021 in den Kinos startet. Die Hauptrolle spielt in der Bühnenverfilmung Ben Platt, der in den vergangenen Jahren zahlreiche Schauspielpreise für die Rolle seines Lebens gewann. Diesbezüglich stellt sich jedoch die Frage, ob der Schauspieler mit seinen inzwischen 28 Jahren nicht etwas zu alt für die Rolle ist.

Dieses Argument schmälert jedoch nicht den positiven Eindruck, den man von diesem Film hat. Dem Thema angemessen, inszeniert Stephen Chbosky die Handlung mit viel Zurückhaltung und Fingerspitzengefühl. Die Songs stehen im Mittelpunkt dieses Musical-Films und sind routiniert in Szene gesetzt. Für den Film wurde extra ein neuer Song hinzugefügt, um sich mit „The Anonymous Ones“, eine Hymne der unsichtbaren Depressiven, Chancen auf die Oscars zu bewahren. Über weite Teile funktioniert die Balance zwischen einer notwendigen Sensibilität für seine ernsten Themen und einer Dramatisierung, die bisweilen an eine Seifenoper erinnert. Lediglich zum Ende hin kippt die Stimmung und der Film wirkt etwas belehrend und gewollt emotional. Hier gehen die Macher den sicheren Weg, statt mehr Ambivalenz zu wagen, was dem Film sehr gut getan hätte.


DEAR EVAN HANSEN

Start: 28.10.21 | FSK 12
R: Stephen Chbosky | D: Ben Platt, Julianne Moore, Kaitlyn Dever
USA 2021 | Universal Pictures Germany


AGB | IMPRESSUM