Vor
langer Zeit, in einem verfluchten Land: Die verzweifelte Suche nach
Nahrung und Arbeit zwingt die junge Gretel und ihren kleinen Bruder
Hänsel dazu, das elterliche Haus zu verlassen. Völlig orientierungslos
irren sie umher und verlaufen sich in einem tiefen, dunklen Wald.
Es
war einmal, vor langer Zeit, in einem verfluchten Land: Weil sie großen
Hunger haben, sind die junge Gretel (Sophia Lillis) und ihr kleiner
Bruder Hänsel (Samuel J. Leakey) gezwungen, das Haus der Eltern
zu verlassen. Ohne Orientierung laufen sie umher. Schließlich
verirren sie sich in einem dunklen, tiefen Wald. Sie finden eine Hütte,
in der eine alte Frau (Alice Krige) lebt, die freundlich wirkt. Gretel
und Hänsel glauben, endlich einen Ort gefunden zu haben, an dem
sie sicher sind. Doch wer das berühmte Märchen der Gebrüder
Grimm kennt, der weiß, dass diese Sicherheit trügerisch
ist: Die von der alten Frau gekochten Festmähler sind nur ein
Trick, um die Geschwister im Haus zu halten. Das unheimliche Gemurmel
von Kinderstimmen und die mysteriösen Erscheinungen bringen Gretel
schnell auf den Gedanken, dass die alte Frau Böses im Sinn hat.
Wird es der jungen Frau gelingen, sich und ihren Bruder zu schützen?
Die von den Gebrüdern Grimm zwischen 1812
bis 1858 herausgegebenen Volksmärchen erfreuen sich bin in die
heutige Zeit eine große Beliebtheit bei Jung und Alt. Zudem
dienten sie in der Vergangenheit als Ausgangspunkt für zahlreich
mehr oder weniger gelungene Filme. Zu den bekanntesten Volksmärchen
der Gebrüder Grimm zählt die Geschichte um zwei Geschwister,
die sich im Wald verirren und auf das Haus einer Hexe stoßen,
die mit den beiden wenig Gutes im Sinn hat. Ebendiese Geschichte kommt
nun unter der Regie von Osgood Perkins („Die Tochter des Teufels“
unter dem Namen „Gretel & Hänsel“ in die Kinos.
Der verdrehte Titel deutet an, dass es sich hier um eine innovative
Neuinterpretation der altbekannten Geschichte handelt.
Aber
kann dieser Film diese hohen Erwartungen erfüllen? Das Resultat
fällt nicht eindeutig aus. In der Tat eröffnet der Film
eine neue Sichtweise auf das Volksmärchen, glänzt mit stilvollen
Bildern, bleibt aber erzählerisch hinter den Erwartungen zurück.
Zu Beginn des Films wird der Zuschauer mit einer Vorgeschichte konfrontiert,
nachdem es einmal ein wunderschönes Mädchen gab, welches
sehr krank wurde und von seinem Vater zu einer Hexe gebracht wurde.
Das Mädchen wurde wieder gesund, doch die Hexe zeichnete es mit
einer todbringenden Gabe. Diese Vorgeschichte verdeutlicht, dass im
Leben alles seinen Preis hat. Zugleich ist sie wichtig für das
furiose Finale des Films. Erzählerisch wird das dunkle Geheimnis
um die mysteriöse Frau im Wald bereits nach kurzer Zeit gelüftet.
Gretel hat im Schlaf eine düstere Vision,
die wenig Fragen offenlässt. Seltsam nur, dass Gretel danach
nicht etwa mit ihrem Bruder panikartig das Haus verlässt, sondern
freiwillig dort verweilt. Inszenatorisch versucht sich der Film an
bekannten Kunstfilm-Vorbildern, wenn es um aufregend arrangierte Einstellungen
geht, kombiniert mit einer furchteinflößenden düsteren
Musik. Der Film schneidet viele interessante Themen an, besticht durch
grandiose Bilder und eine innovative Inszenierung, bleibt aber auf
der emotionalen Ebene oft blutleer. Es fehlen echte Sympathieträger,
mit denen der Zuschauer mitfiebern kann. Dort wo der Film einen interessanten
neuen Weg einschlägt, wie bei den emanzipatorischen Aspekten
rund um Gretel, kratzt er leider nur an der Oberfläche. Hier
hätte man sich mehr Klarheit gewünscht. Unterm Strich ist
„Gretel & Hänsel“ eine sehenswerte Neuinterpretation
einer altbekannten Geschichte, die in erzählerischer Hinsicht
schärfer hätte sein können.
GRETEL
& HÄNSEL
USA, Kanada, Irland, Südafrika 2020 | capelight pictures
| Start: 09. Juli 2020 (FSK 16) R: Osgood Perkins | D: Sophia
Lillis, Alice Krige, Samuel Leakey