Aus
einer einzelnen Schülerin, die jeden Freitag alleine vor dem
schwedischen Parlament sitzt und ein Schild mit dem Slogan SKOLSTREJK
FÖR KLIMATET dabei hat, entwickelt sich die weltweite Klimabewegung
„Fridays for Future“. Das zeigt der Dokumentarfilm I AM
GRETA.
Im
August 2018 startet Greta Thunberg, eine 15-jährige Schülerin
aus Schweden, einen Schulstreik für das Klima. Ihre Frage an
Erwachsene: Wenn ihr euch nicht um die Zukunft der nachfolgenden Generationen
auf der Erde kümmert, warum sollte sie sich dann um ihre Zukunft
in der Schule kümmern? Innerhalb weniger Monate entwickelt sich
ihr Streik zu einer globalen Bewegung. Greta, ein ruhiges schwedisches
Mädchen im Autismus-Spektrum, ist heute eine weltberühmte
Aktivistin. Regisseur Nathan Grossman und das Team hinter dem Dokumentarfilm
„I Am Greta“ haben die junge Aktivistin von ihrem ersten
Streiktag an begleitet…
Greta Thunberg geht es in die Sache, nicht
um ihre eigene Person und doch wird sie von vielen wie ein Star verehrt.
Auf Klimakonferenzen lässt man sie sprechen um der jungen Generation
„eine Stimme zu geben“ oder zumindest um so zu tun, als
wäre die Bekämpfung des Klimawandels ein wichtiges Anliegen.
Das ist von außen nicht leicht zu beurteilen, wirkt aber in
manchen Szenen des Films so. Da scheint es wichtiger zu sein, ein
Selfie mit Greta zu machen, anstatt wirkliche Veränderungen zu
bewirken, so wie es die jungen Aktionist*innen fordern. Es gibt in
diesem Film immer wieder sehr private Aufnahmen aus der Familie oder
in der Interaktion speziell mit ihrem Vater. Er begleitet sie sowohl
zu ihrem ersten Auftritt auf der UN-Klimakonferenz in Katowice, als
auch zu anderen Terminen bis hin zum Klimagipfel in New York, zu der
sie aufgrund der Entscheidung nicht zu fliegen, den Atlantik mit einem
Segelboot überquerte. Die Aufnahmen von dieser Reise sind besonders
stark und bewegend, da man sowohl die Strapazen der Reise als auch
Angst über die Wetterbedingungen und das Vermissen deutlich nachempfinden
kann.
Etwas
kritisch kann man sehen, dass einige der Szenen entweder gestellt
oder zumindest so geschnitten sind, dass der Eindruck entstehen könnte.
Als Beispiel dafür könnte man eine Szene nennen, in der
sich Greta auf einer Reise mit ihrem Vater über die perfekte
Übersetzung eines Satzes ihrer Rede streitet. Die beiden sind
sowieso schon spät dran und er möchte deswegen möglichst
schnell aufbrechen. Nach der Auseinandersetzung legt sie sich ins
Bett. Schnitt. Greta wird von hinten gefilmt, wie sie in einem Treppenhaus
sitzt. Wieder ein Schnitt. Man bekommt durch diese Szene den Eindruck,
dass sie gestellt ist, was sehr schade ist, denn automatisch stellt
man sich da dann immer die Frage: Gibt es mehr Szenen, die vielleicht
gestellt sind und gar nicht wirklich so stattgefunden haben? Auch
wenn es am Ende gar nicht so ist, kann man sich eben aufgrund der
Inszenierung nicht sicher sein. Und auch die eine Frage, die vermutlich
jedem und jeder unter den Nägeln brennt, nämlich: „Wie
konnte das Kamerateam von Anfang an dabei sein?“ Normalerweise
bedarf es Planung und auch Gelder um einen Film zu drehen und das
wiederum braucht Zeit. Leider bleibt die Antwort darauf auch im Dunkeln.
Während man den Film von Nathan Grossman
sieht, wünscht man sich gelegentlich, dass konkrete Vorschläge
oder ein Forderungskatalog von Seiten der Aktivist*innen genannt werden.
Sicherlich nicht zu Unrecht verweisen sie auf die Wissenschaft, die
schon lange von einer kommenden Veränderung spricht, die wir
aufhalten müssen, damit die Erde weiter lebenswert bleibt. Dennoch
hat Greta durch ihre herausragende Stellung und die Tatsache, dass
sie auf politischen Kongressen und in Parlamenten sprechen darf oder
zu Gesprächen mit Staatsoberhäuptern eingeladen wird, auch
die Möglichkeit diesen Forderungen Gehör zu verschaffen.
Fridays For Future Deutschland hat inzwischen einige Forderungen veröffentlicht
und damit auch einen Maßstab geschaffen, an dem man die Politik
messen kann, was sehr begrüßenswert ist.
I
AM GRETA ist insgesamt ein interessanter Film, der die Tatkraft und
Energie einer wütenden Jugend durchaus zu zeigen weiß.
Er lenkt allerdings nicht unbedingt das Augenmerk auf „die Sache“,
sondern eher auf Greta selber. Und das ist ja eigentlich das, was
sie nie wollte.
I
AM GRETA
Schweden, Deutschland, USA, Großbritannien 2020 | Filmwelt Start: 16. Oktober 2020 (FSK 0) | R: Nathan Grossman
| Dokumentation