KINO | 02.09.2020

KISS ME KOSHER

Die quirlige jüdische Großmutter Berta und ihre nicht weniger leidenschaftliche Enkelin Shira streiten inniglich über die Liebe und darüber, was Frau darf und was nicht. Vor allem als sich ihre geliebte Enkeltochter ausgerechnet für Maria, eine Deutsche, entscheidet. Die beiden jungen Frauen machen richtig ernst – sie wollen heiraten. Das Chaos ist perfekt als die Eltern von Maria aus Deutschland auf die Mischpoke in Jerusalem treffen.

von Franziska Keil


© X Verleih

Die maximal unmögliche Partnerwahl mitten in Israel ist wirklich sehr außergewöhnlich: Die deutsche Biologin Maria Müller (Luise Wolfram) und die israelische Barbesitzerin Shira Shalev (Moran Rosenblatt) verlieben sich während Marias Israel-Aufenthalt Hals über Kopf ineinander. Vor allem Shiras Oma Berta (Rivka Michaeli) ist die Liebe ein Dorn im Auge, eine Deutsche und eine Jüdin, das geht für sie gar nicht! Drei leidenschaftliche und intensive Monate verbrachten die beiden Frauen miteinander, ehe Maria nach einem kurzen Heimataufenthalt mit gepackten Koffern bei Shira vor der Tür steht und bei ihr einziehen will. Nachdem Maria ein Missgeschick passiert, interpretiert das ihre Angebetete als Heiratsantrag und ehe sie sich versehen, planen ihre beiden Familien die Hochzeit. Weil Shira von ihren Ex-Freundinnen ständig umgarnt wird, steht die Vermählung schon bald unter einem schlechten Stern. Dazu kommt, dass ihre jüdische Großmutter Berta heimliche Treffen mit ihrem palästinensischen Liebhaber Ibrahim (Salim Daw) hat. Sie will sich ihre Gefühle ihm gegenüber nicht eingestehen und lässt den armen Mann am ausgestreckten Arm verhungern. Ihr Problem: So eine Liebe wird in ihrer Familie nicht toleriert!


© X Verleih

KISS ME KOSHER von Regisseurin Shirel Peleg kommt nicht gerade subtil daher. Diese Culture-Clash-Komödie scheut keine Tabus und lässt keine heiklen Themen aus, wenn es um die deutsche Vergangenheitsbewältigung und den jüdisch-arabischen Konflikt geht. Die innere Zerrissenheit der jüdisch-israelischen Gesellschaft wird sehr schön exemplarisch an Shiras Familie dargestellt. Da gibt es die liberale Tochter und ihre konservative Schwester, die bewusst in Uniform auftritt. Da gibt es den Vater, der dem Lager der radikalen Siedler zuzurechnen ist. Und da ist Oma Berta, die nicht zu ihren Gefühlen stehen will, die ihrem palästinensischen Liebhaber entgegenbringt. Beste Voraussetzungen, dass beim Familienessen schön ordentlich die Fetzen fliegen, bzw. lautstark die Argumente hin und her wandern. Interessanterweise scheint die sexuelle Orientierung der Tochter keine Rolle zu spielen, bzw. wird so akzeptiert.

Aber auch die Familie von Maria, die für die Hochzeit von Deutschland nach Israel reist, ist nicht frei von inneren Konflikten und Vorurteilen. Ein übertriebener Philosemitismus, angetrieben von unterschiedlichen Motiven erweist sich als gespeist von Vorurteilen und Wunschdenken. Letztendlich lernen in diesem Film alle Beteiligten eine Menge und müssen ihre Überzeugungen auf den Prüfstand der Wirklichkeit neu bedenken. Handwerklich bietet der Film solide Kost. Ein sehr schöner erzählerischer Einfall ist der Bruder von Shira, dessen Videoprojekt und die damit verbundenen Fragen und Situationen die Handlung unterhaltsam vorantreibt und gekonnt die lustigen Pointen einleitet. Wie in diesem Genre üblich, herrscht an so mancher Steller Klischee-Alarm. Dank der toll aufspielenden Schauspielerinnen und Schauspieler wird das jedoch sehr gut abgefedert. Für Regisseurin Shirel Peleg ein gelungenes Spielfilmdebüt. Die Filmemacherin, die aus Venezuelas stammt und an der Filmakademie Baden-Württemberg lehrt, hat in Israel Regie studiert und empfiehlt sich mit KISS ME KOSHER für größere Aufgaben.


KISS ME KOSHER

Deutschland 2019 | X Verleih | Start: 10. September 2020 (FSK 12)
R: Shirel Peleg | D: Moran Rosenblatt, Luise Wolfram, Rivka Michaeli


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