Die
Realverfilmung des Disney-Klassikers von 1998 geht in vielerlei Hinsicht
neue Wege. Seit dem 04. September ist „Mulan“ als Premium-Stream
auf Disney+ zu sehen. Damit ist „Mulan“ der erste Blockbuster,
der nicht wie viele andere Filme auf einen späteren Kino-Starttermin
verschoben wurde.
Um
das Land vor Eindringlingen aus dem Norden zu schützen, errichtet
der mächtige chinesische Kaiser (Jet Li) eine gewaltige Armee.
Ein Mann aus jeder chinesischen Familie soll für ihn in den Kampf
ziehen – darunter auch der Vater der jungen Mulan (Yifei Liu),
Zhou Hua (Tzi Ma), der dem Einberufungsbefehl selbst krank und geschwächt
folgeleisten will. Seine Tochter ist sich jedoch sicher: Wenn er in
den Krieg zieht, wird ihr Vater nicht überleben. Kurzerhand beschließt
Mulan deswegen, an seiner statt in die Schlacht zu ziehen. Verkleidet
als Mann gibt sie sich fortan als Jun Hua aus und begibt sich auf
eine gefährliche Reise durch China, um sich dem Militär
anzuschließen und unter Kommandant Tung (Donnie Yen) die knallharte
Ausbildung zur Kriegerin zu absolvieren. Denn nur so kann sie das
Gefecht überstehen und nicht nur ihr Vaterland, sondern auch
ihren Vater mit Stolz erfüllen...
Im
Gegensatz zum Zeichentrickfilm von 1998 hat sich in der Realverfilmung
einiges geändert: Viele Fans hatten schon im Vorfeld ihr Bedauern
darüber geäußert, dass sowohl die Lieder beziehungsweise
der Gesang aus dem Original fehlt und auch Muschu, der kleine Drache
sollte nicht mehr vorkommen. Mit diesen Entscheidungen aber verleiht
Regisseurin Niki Caro („Kaltes Land“) dem Drama rund um
Hua Mulan eine bisher nicht dagewesene Ernsthaftigkeit und wandelt
die Erzählung von einer komödiantischen und seichten Geschichte
von einer Frau, die sich in der Männerwelt bewähren muss,
zu einem Heldenepos um. Es ist also nicht die Frage, ob der Film sich
genügend um die Vorlage kümmert, sondern eher, welcher Vorlage.
Denn ursprünglich basierte schon der Film von 1998 zumindest
lose auf einem chinesischen Volksgedicht. Wahrscheinlich ist, dass
Mulan, was so viel wie Magnolie heißt, im fünften oder
sechsten Jahrhundert nach Christus gelebt haben soll. Wann genau das
Volksgedicht entstanden ist, kann nicht gesagt werden, da die Geschichte
erst einige Jahrhunderte später aufgeschrieben wurde.
Tatsächlich
sollte man „Mulan“ ganz losgelöst von seinem gezeichneten
Vorgänger sehen. Denn die Geschichte mag zwar in den Grundzügen
gleich sein und einer ähnlichen Prämisse folgen: Tochter
meldet an Stelle ihres Vaters, der alt und gebrechlich einen Kampf
vermutlich nicht überleben würde, als Soldat. Der chinesische
Kaiser sieht sein Reich von einfallenden Hunnen bedroht, die zusätzlich
eine mächtige Hexe - Xian Lang („Gong Li“) - an ihrer
Seite wissen. Diese ist allerdings genau wie Mulan in ihrer Rolle
als Frau gefangen und wird lediglich als Werkzeug gesehen und nicht
als mächtige Verbündete. Und so kommt es in der entscheidenden
Szene dazu, dass sie Mulan fast dazu zwingt ihr wahres Gesicht zu
offenbaren und so einen Platz in der Gesellschaft einzunehmen, den
sie selber nicht haben kann.
Eigentlich
konzipiert sich die ganze Geschichte rund um das Verhältnis der
beiden Frauen. Sie sind sich ähnlich und doch ungleich, denn
sie stehen auf den zwei konkurrierenden Seiten. Nachdem Mulan ihr
Geschlecht offenbart hat, nicht gezwungenermaßen, sondern freiwillig,
kämpft sie um die Ehre ihre Familie und hat schließlich
auch Erfolg. So hat sich der Wunsch nach Anerkennung zumindest für
Mulan erfüllt. Als Xian Lang sie bei einer Begegnung verschont,
erkennt Mulan, dass sie ihr wahres Potential erst entfalten kann,
wenn sie lediglich sie selber ist und keine Rolle mehr spielen muss.
Und schließlich ist es auch an i,hr im letzten Kampf den Kaiser
vor Bori Khan („Jason Scott Lee“) zu schützen. Am
Ende soll sie als siegreiche Kriegerin in ihr Dorf zurückkehren
und ihrer Familie Ehre bringen.
Die
Hauptdarstellerin Liu Yifei ist bereits in China eine bekannte und beliebte
Schauspielerin, die nun ihre erste Hauptrolle in einem Hollywood-Blockbuster
spielt. Dabei bringt sie die Feinheiten des Charakters wunderbar auf
die Leinwand und verleiht dem Film eine Ebene, die ihm äußerst
gut tut. Liu Yifei ist eine tolle Besetzung für Mulan!
Nachdem
bereits die Premiere von „Mulan“ im März 2020 stattfand,
wurde der offizielle Starttermin zunächst auf Juni verschoben.
Später wurde bekannt, dass der Film wohl gar nicht im Kino zu
sehen sein wird und lediglich auf Disney+
anzuschauen sein würde. In Deutschland ist er seit dem vierten
September auf der Plattform verfügbar und wird für 21,99
€ zusätzlich zum regulären Programm angeboten. Das
mag zwar in finanzieller Hinsicht eine gute Entscheidung sein, für
das Kino als Institution jedoch ein schwerer Schlag. Denn die Formel
ist so einfach wie auch erschreckend: Um das Überleben der Kinos
zu sichern bedarf es publikumsstarker Filme, die die Menschen in die
Säle locken. Aber in Zeiten einer globalen Pandemie bleibt der
ein oder andere sicherlich lieber im heimischen Wohnzimmer, anstatt
in die Welt hinauszustreben.
Aber
nicht nur diese Überlegung ist es wert über die Entscheidung
bezüglich „Mulan“ nachzudenken. Auch dem Film selber
wird einem Heimzugang eher nicht gerecht. Die Aufnahmen sind für
die große Leinwand gedacht und wirken auf einem Bildschirm dann
wohl doch einfach nicht so überwältigend, wie eben im Kino.
Deswegen ist es schade, dass er nicht verschoben, sondern direkt in
die Heimkinonische verbannt wurde. Aber wer weiß, vielleicht
wagt Disney ja noch den Sprung und bringt „Mulan“ in die
Kinos, sobald sich die Gesundheitslage wieder entspannt hat. Das wäre
sehr zu hoffen!
MULAN
USA
2020 | Start: 4. September 2020 auf Disney+ (FSK
12) R: Niki Caro | D: Liu Yifei,
Donnie Yen, Gong Li, Jet
Li, Jason
Scott Lee