Es
ist eine Zeit des Umbruchs: Im Chaos der Französischen Revolution
verlieren Marie-Antoinette (Catherine Walker) und viele andere einflussreiche
Personen des französischen Hochadels auf der Guillotine ihren
Kopf. In diesem entstandenen Vakuum strebt der korsische Artillerie-Kommandant
Napoleon Bonaparte (Joaquin Phoenix) in der neuen Französischen
Republik nach Macht. Nach einigen geschickten Militär-Diensten,
darunter etwa die Rückeroberung von Toulon im Jahr 1793 sowie
dem brutalen Niederschlagen des royalistischen Aufstandes im Jahr
1795, steigt der junge Napoleon in der Gunst und wird erst zum General
und später dann zum Anführer seiner eigenen Armee. Doch
neben dem Krieg gibt es für den aufstrebenden Feldherrn noch
eine weitere Leidenschaft. Er verliebt sich in Joséphine de
Beauharnais (Vanessa Kirby), deren erster Ehemann in den Nachwehen
der Revolution hingerichtet wurde. Doch auch wenn ihre Beziehung leidenschaftlich
geführt wird, kommt es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen.
Diese destruktive Beziehung und der nicht enden wollende Kampf um
gesellschaftliche und politische Anerkennung bringen Napoleon an den
Rand der Zerstörung.
NAPOLEON
von Regisseur Ridley Scott („Alien - Das unheimliche Wesen aus
einer fremden Welt“) ist ein Film, der das Publikum spalten
wird. Es ist ein guter Film, aber kein sehr guter oder gar herausragender
Film. Das hat verschiedene Gründe. Es drängt sich nach einer
Spielzeit von 158 Minuten der Eindruck auf, dass der britische Regisseur
nicht sehr interessiert war an den historischen Hintergründen
und an der Hauptfigur seiner Erzählung. Man lernt nur sehr wenig
über den Menschen Napoleon Bonaparte und seine inneren Antriebsgründe
für seinen Aufstieg in die höchsten Sphären der Macht.
Neue Aspekte über Napoleon sucht man gar vergebens. Worauf basierte
sein militärisches Genie? Was macht den charismatischen Anführer
aus, den seine Truppen liebten und bis in Tod folgten? Was war das
emotionale Fundament zwischen Napoleon und Josephine? Auf all diese
wichtigen Fragen bleibt der Film jegliche Antworten schuldig. Der
Film hetzt pflichtschuldig von Ereignis zu Ereignis und lässt
dem Publikum kaum Zeit zum Atmen, zur Reflektion. Ohne Vorwissen bleiben
Dinge unklar und sind bloße Kulisse.
Andere
wichtige Ereignisse, wie die Völkerschlacht bei Leipzig fehlen
gänzlich. Der Film schweigt sich aus über die weit über
Frankreich gehende Bedeutung Napoleons aus, die bis in die heutige
Zeit reicht. Stattdessen flache Witze und klischeebeladene Betrachtungen.
Scott schafft es nicht, eine eigne Ästhetik, eine eigene Bildsprache
zu entwickeln, die diesem Thema gerecht wäre. Es sind einzelne
Abschnitte, wie Belagerung von Toulon und die Schlacht von Waterloo,
worin das gewaltige cineastische Potential aufblitzt. Scott erweist
sich als Meister in der Darstellung von komplexen Schlachtszenen,
wobei er stets den Überblick im Chaos behält. Ansonsten
präsentiert sich der Film über weite Strecken in eine Farbpalette
aus Grau und Braun, ein Großteil der Farben fehlt, Düsternis
beherrscht das Geschehen. Ein Pluspunkt hingegen sind die beiden Hauptdarsteller,
die ihr großes schauspielerisches Talent eindrucksvoll unter
Beweis stellen können.