KINO | 10.06.2022

X

Texas 1979. Eine Gruppe junger Filmemacher macht sich auf den Weg zu einer abgeschiedenen Farm mitten im Nirgendwo, um dort endlich den Film zu drehen, der ihnen zum Durchbruch verhelfen soll – ein Porno. Doch als die zurückgezogen lebenden Farmbesitzer dem Treiben ihrer Gäste auf die Spur kommen, gerät der kreative Trip zum Kampf auf Leben und Tod.

von Richard-Heinrich Tarenz


© capelight pictures OHG / Christopher Moss

1979 im Süden der USA: Ein Filmteam erreicht ein abgelegenes Bauernhaus im tiefsten Texas, um einen Porno zu drehen. Davon haben Regisseur R.J. (Owen Campbell), seine für den Sound zuständige Freundin Lorraine (Jenna Ortega) sowie Schauspieler Jackson Hole (Scott Mescudi) und die Stripperinnen Maxine (Mia Goth) und Bobby-Lynne (Brittany Snow) ihren Gastgebern (Stephen Ure und erneut Mia Goth) jedoch nichts erzählt. Dabei handelt es sich um ein isoliertes, älteres Ehepaar, das besonders großen Wert darauf legt, dass es ihren Gästen gut geht. Als jedoch die Nacht hereinbricht, wird das schon leicht aufdringliche Verhalten des Paares plötzlich zusehends gewalttätig...

„X“ von Regisseur Ti West („In a Valley of Violence“) ist ein gelungene und kreativ inszenierte cineastische Retro-Horror-Hommage. Der Anfang des Spielfilms mit einem angetäuschten Formatwechsel von 4:3 zu 1,9:1, der sich als kreative Nutzung eines Stalltors entpuppt, gibt die ambitionierte Marschrichtung vor. Was folgt sind 106 spannende nervenaufreibende Minuten, getaucht in einem wundervollen körnigen Retro-Look, der sehr überzeugend ist. Der Spielfilm ist sehr ruhig und durchdacht geschnitten und bietet so einige blutige Gore-Effekte, die eine FSK 18 Einstufung absolut gerechtfertigt erscheinen lassen. In „X“ sind diese visuellen Effekte keine billige Effekthascherei oder gar eine Anbiederung, sondern manifestieren einen großartigen 1970er-Slasher-Film, realisiert mit den technischen Mitteln der 2020er Jahren.

In diesem Spielfilm ist nichts dem Zufall überlassen worden. Er strotzt nur so von cineastischen und popkulturellen Zitaten. Der aufmerksame Filmfan kann sich an „Shining“-Zitaten und jeder Menge Hitchcock-Anspielungen erfreuen. Eine weitere Stärke von „X“ ist der Umstand, dass der Spielfilm seine Charaktere ernst nimmt. Sie sind rund und fühlen sich realistisch an. Ihre Motivationen sind stimmig. So werden die Charaktere niemals der Lächerlichkeit preisgegeben. Angeführt von einer großartig agierenden Mia Goth („Suspiria“), entwickeln sie sich zu mehrschichtigen Figuren, mit denen man mitfiebert und sich emotional andocken kann. So ganz „nebenbei“ werden dann aoch noch gesellschaftlich relevante Themen wie gesellschaftliche Moralvorstellungen und weibliche Selbstermächtigung clever verhandelt.


X

Start: 19.05.22 | FSK 18
R: Ti West | D: Mia Goth, Jenna Ortega, Brittany Snow
USA 2022 | capelight pictures


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