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BELLETRISTIK | 20.11.2024

Die Ordensburg des Wüstenplaneten

Mit „Die Ordensburg des Wüstenplaneten“ veröffentlicht der Heyne Verlag den sechsten Band des DUNE-Zyklus von Frank Herbert in einer neuen Übersetzung von Jakob Schmidt. Auch nach fast 40 Jahren hat dieses Buch nichts von seiner erzählerischen und gestalterischen Kraft verloren.

von Steffie Sallieri

Arrakis, der Wüstenplanet, wurde zerstört. Das, was vom alten Imperium noch übrig war, wurde von den Geehrten Müttern vernichtet. Ihrem endgültigen Sieg über die Galaxis steht nur noch eine Kraft im Weg: Die Schwesternschaft der Bene Gesserit, die einst hinter den Kulissen die genetischen Verflechtungen der Herrscherhäuser kontrolliert hat. Darwi Odrade, die Anführerin der Bene Gesserit, will einen neuen Planten zum Wüstenplaneten machen, um dort Sandwürmer anzusiedeln und Gewürz zu ernten. Gleichzeitig schmiedet sie einen Plan, um ihre Gegnerinnen auszuschalten. Dazu braucht sie die Hilfe eines Mannes – eines außergewöhnlichen Kämpfers, der schon Gottkaiser Paul Muad’Dib gedient hat.

„Die Ordensburg des Wüstenplaneten“ (im Original: „Chapterhouse: Dune“) ist der sechste und letzte Band des Dune-Zyklus von Frank Herbert. In diesem abschließenden Werk führt Herbert die komplexe Erzählung um Macht, Religion, Ökologie und menschliche Natur zu einem dramatischen Höhepunkt. Der Roman ist nicht nur ein bedeutender Teil der Dune-Reihe, sondern auch ein tiefgründiges Werk, das zentrale Themen der gesamten Saga zusammenführt und neue Fragen aufwirft. Die Handlung entfaltet sich durch eine Vielzahl von Perspektiven, wobei Odrades innere Konflikte und ihre Überlegungen zur Zukunft der Bene Gesserit im Mittelpunkt stehen. Wie in den vorherigen Bänden behandelt Herbert auch in „Die Ordensburg des Wüstenplaneten“ zentrale Themen wie Macht, Geschlecht und Ökologie. Besonders auffällig ist die Rolle der Frauen in diesem Band. Die Bene Gesserit sind nicht nur Überbringerinnen von Wissen und Macht; sie sind auch Akteurinnen in einem Spiel, das oft von Männern dominiert wird. Odrades Charakter verkörpert diese Komplexität: Sie ist sowohl eine strategische Denkerin als auch eine Frau, die mit den emotionalen Lasten ihrer Entscheidungen kämpft.

Ein weiteres zentrales Thema ist das Konzept der Veränderung. Herbert zeigt auf eindringliche Weise, dass Wandel sowohl notwendig als auch gefährlich sein kann. Die Bene Gesserit müssen sich anpassen, um zu überleben; gleichzeitig stellt sich die Frage, ob sie dabei ihre eigenen Ideale verraten. Diese Spannung zwischen Tradition und Innovation zieht sich durch den gesamten Roman und spiegelt sich in den verschiedenen Fraktionen wider. „Die Ordensburg des Wüstenplaneten“ hat eine entscheidende Bedeutung für die Dune-Reihe insgesamt. Es bringt viele Handlungsstränge zu einem Abschluss und bietet Antworten auf Fragen, die in den vorherigen Bänden aufgeworfen wurden.

Gleichzeitig eröffnet es neue Perspektiven auf die Zukunft des Universums. Der Roman thematisiert das Erbe von Paul Atreides und dessen Einfluss auf die nachfolgenden Generationen. Während Pauls Visionen für das Imperium weiterhin nachhallen, wird deutlich, dass seine Entscheidungen weitreichende Konsequenzen haben – sowohl für seine Familie als auch für das gesamte Universum. Odrades Bestrebungen zeigen einen neuen Weg auf: Sie versucht nicht nur zu überleben, sondern auch aktiv Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Menschheit zu nehmen. Darüber hinaus wird das Konzept des Kwisatz Haderach weiter erforscht. Herbert hinterfragt nicht nur die Idee eines messianischen Führers, sondern beleuchtet auch die Verantwortung, die mit solch einer Rolle einhergeht. Dies führt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Glauben an Erlösung durch Einzelpersonen versus kollektive Anstrengungen zur Veränderung. Herberts Schreibstil bleibt im letzten Band ebenso anspruchsvoll wie in den vorherigen Werken. Seine dichte Prosa ist reich an philosophischen Reflexionen und komplexen Dialogen.

Die Verwendung von inneren Monologen ermöglicht es dem Leser, tief in die Gedankenwelt der Charaktere einzutauchen und deren Motivationen besser zu verstehen. Zudem nutzt Herbert eine Vielzahl von Erzählperspektiven, um verschiedene Facetten der Handlung darzustellen. Diese Technik fördert ein umfassenderes Verständnis der politischen Intrigen sowie der emotionalen Konflikte innerhalb der Charaktere. „Die Ordensburg des Wüstenplaneten“ ist ein kraftvoller Abschluss eines epischen Zyklus, der nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt. Frank Herbert gelingt es erneut, komplexe Themen wie Machtverhältnisse, Geschlechterrollen und ökologische Fragestellungen miteinander zu verweben und dabei eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Das Buch fordert den Leser heraus, über aktuelle gesellschaftliche Fragen nachzudenken – sei es im Hinblick auf Gendergerechtigkeit oder auf den Umgang mit Ressourcen in einer sich verändernden Welt. In einer Zeit zunehmender Unsicherheiten bleibt Herberts Werk zeitlos relevant. Durch die neue Übersetzung von Jakob Schmidt wird dieses zeitlose literarische Meisterwerk für die Gegenwart sprachlich angepasst, was behutsam und unauffällig geschieht, ohne den Charakter der Vorlage zu verändern.

Frank Herbert (1920-1986) wurde in Tacoma, Washington, geboren. Nach einem Journalismus-Studium arbeitete er unter anderem als Kameramann, Radiomoderator, Dozent und Austerntaucher, bevor 1955 sein Debütroman »The Dragon in the Sea« zur Fortsetzung in einem Science-Fiction-Magazin veröffentlicht wurde. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm schließlich Mitte der 1960er-Jahre mit seinem Roman »Der Wüstenplanet«, der sowohl mit dem Hugo Award als auch mit dem Nebula Award ausgezeichnet wurde. Bis heute gilt »Der Wüstenplanet« zusammen mit den Nachfolgeromanen als einzigartige literarische Weltenschöpfung, die jede Generation von Leserinnen und Lesern neu für sich entdeckt.


Die Ordensburg des Wüstenplaneten

Frank Herbert (Autor) | Heyne Verlag | Broschiert: 576 Seiten


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