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SACHBUCH | 09.06.2021

CANCEL CULTURE : Demokratie in Gefahr

In seinem neuen Buch „Cancel Culture: Demokratie in Gefahr“ macht sich Kolja Zydatiss Gedanken über den Zustand der Demokratie und der Meinungsfreiheit in Deutschland. Das Buch ist flammendes Plädoyer für eine offene Gesellschaft und beleuchtet die Abgründe der aktuellen Diskussionskultur.

von Franziska Keil


Kolja Zysatiss © Privat

Dieses Buch konfrontiert den Leser mit Themen, die nicht immer angenehm sind, aber zugleich umso wichtiger sind für den Erhalt der Gesellschaft. Ohne Meinungsfreiheit und den freien Austausch von Informationen ist keine funktionierende Demokratie möglich. Doch diese Freiheit ist in der letzten Zeit immer mehr in Gefahr von vielen Seiten. Wie vertragen sich Denk- und Sprachverbote mit einer freien Gesellschaft? Der Autor nähert sich diesen wichtigen und interessanten Themen anhand von konkreten Fällen von Cancel Culture in Deutschland. Kaum ein Begriff ist in der letzten Zeit so umkämpft und umstritten wie der der Begriff der Cancel Culture. Der Begriff ist zu einem politischen Kampfbegriff geworden. Doch auch wenn dieser Begriff mittlerweile ideologisch aufgeladen ist, beschreibt er ein real existierendes Phänomen. Es geht um systematische Bestrebungen zum sozialen Ausschluss von Personen oder Organisationen.

Doch dann hört die Gemeinsamkeit auch schon auf. Wer entscheidet, was in einem gesellschaftlichen Diskus gesagt werden kann und was nicht? Die Gesetze geben darüber Auskunft, wenn es um beleidigende oder diskriminierende Aussagen geht. Doch was passiert, wenn gesellschaftliche Gruppen für sich definieren, was gesagt werden darf und was nicht? Wenn sich irgendwann jeder beleidigt fühlt und für sich in Anspruch nimmt, bestimmte Meinungen zu verbieten, ist jede gesellschaftliche Diskussion am Ende und mit ihr die Demokratie. Aber wie viel Diskussion und welcher Art kann und muss eine Diskussion aushalten? Mit diesem Spannungsfeld beschäftigt sich das Buch von Kolja Zydatiss auf eine sachkundige Art und Weise

Der Autor bedient sich einer sachlichen und klaren Sprache und führt zahlreiche Beispiele für seine Thesen auf. Das Buch ist gut recherchiert und trennt klar zwischen Fakten und Meinung. Letztendlich soll sich der Leser selbst ein Bild machen. Bei der Buchlektüre erkennt man anhand der Beispiele sehr schnell die Mechanismen der Cancel Culture und findet leicht Parallelen im eigenen privaten und beruflichen Umfeld, wo Menschen aufgrund ihrer Meinung ausgegrenzt, denunziert und sanktioniert werden. Viele Menschen sehen die Meinungsfreiheit in Deutschland eingeschränkt und bedroht. Für den Autor ist dieses Thema emotional sehr aufgeladen.

Das spürt man deutlich zwischen den Zeilen. Er ist selbst von Cancel Culture betroffen. Er warnt vor einem gesellschaftlichen Klima, wo abweichende Meinungen in Medien, Kultur und Wissenschaft unterdrückt werden. Aber was passiert, wenn Themen nicht kontrovers diskutiert werden? Droht eine gesellschaftliche Stagnation? In seinem Buch kommt er zu dem Schluss, dass sich diese restriktive gesellschaftliche Entwicklung sich nicht so leicht umkehren lässt. Eine Entwicklung, die an Schulen und den Universitäten bereits Fuß gefasst hat, breitet sich immer mehr aus. Das Schweigen von einflussreichen Persönlichkeiten macht die Sache nicht besser. Für den Autor ist es an der Zeit, dass ein breites gesellschaftliches Bündnis den Kampf für Meinungsfreiheit und den Schutz der Demokratie aufnimmt. Ist das realistisch? Durchaus! Freies Denken ist die Essenz einer freien Gesellschaft und jeglichen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts. Dass dieser Kampf nicht ohne private Risiken möglich ist und mitunter sogar lebensgefährlich sein kann, beschreibt der Autor in drastischen Worten. Dieses Buch ist ein wichtiger Beitrag zu einer wichtigen gesellschaftlichen Diskussion.

Zur Person: Kolja Zydatiss (*1989) studierte Psychologie, Neurowissen-schaft und Statistik. Seit 2016 arbeitet er mit wechselnden Aufgaben für verschiedene Online- und Printmedien, wie „Novo Argumente“ oder „Achse des Guten“. In Letzterem erscheint aktuell seine Kolumne „Der/die Ausgestoßene der Woche“, die sich mit aktuellen Fällen der Cancel Culture beschäftigt. Der Schwerpunkt seiner Arbeit als freier Autor ist die heutige doppelte Krise der Politik, in der weder die bürgerlichen Eliten noch „die Massen“ sonderlich vital erscheinen und eine neue, abgehobene „Exper-tenklasse“ den Status quo mehr schlecht als recht verwaltet.


CANCEL CULTURE: DEMOKRATIE IN GEFAHR

KOLJA ZYDATISS | Solibro Verlag | Taschenbuch: 184 Seiten


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